Das Deutsche Dokumentationszentrum für Bildende Kunst hat einen eventuell irreführenden Namen: Denn es dokumentiert nicht nur deutsche Kunst, auch nicht nur Kunst in Deutschland, sondern hat sich seit Gründung durch den umtriebigen Richard Hamann um die Kunst in ganz Europa und teilweise sogar noch ein wenig darüber hinaus gekümmert. Sehr vieles davon ist der Öffentlichkeit auch über Microfiches zugänglich: Die Kunst der Benelux-Länder mit fast 25.000 Aufnahmen seit 1999, Frankreich mit 100.000 Aufnahmen seit 1980, Griechenland mit über 30.000 Fotos seit 2000, Italien mit 60.000 Bildern seit 1992, Österreich mit 20.000 Fotos seit 1996, die Schweiz mit 15.000 Fotografien und die iberische Halbinsel mit 30.000 Bildern seit 1995. Hinzu kommen Dokumentationen aus Ägypten und Armenien.
Wer geglaubt hat, dass dies nun so langsam reichen müsste, sieht sich angenehm enttäuscht. Soeben ist der zweite Teil des Frankreich-Index erschienen, und wer weiß, was sonst noch alles ins Haus steht.
Die Fortsetzung des Frankreich-Index bringt es auf 40.000 Bilder, die in mehreren Lieferungen bis 2004 erscheinen werden. Der Akzent ist auf Detail-Dokumentation von berühmten Bau- und Kunstwerken gesetzt - allein der Teppich von Bayeux ist in 500 Details erschlossen - daneben aber liegt ein Schwerpunkt auf Provinzdenkmälern, an deren Abbildungen man sonst nur schwerlich heran kommen würde. Auch für diese Serie gilt, dass sie vielfach Abbildungsmaterial aus lange zurückliegenden Kampagnen oder wissenschaftlichen Projekten enthält. Teilweise geht das Material bis auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück, sodass auch manches dokumentiert ist, was durch die Kriege zerstört oder aus anderen Gründen verändert ist. Selbst Kuriositäten kommen vor, darunter mehrere Tausend Karbon-Druck Großformat-Fotografien aus dem späten 19. Jahrhundert, mit denen Gemälde reproduziert wurden. Hier ist die Fotografie nicht mehr nur dienendes Dokumentationsinstrument, sondern wird selber zur fotografiegeschichtlichen Quelle.
Die Anordnung der Fotos folgt dem bewährten System. Sie verläuft nach Orten und ist innerhalb der Orte thematisch nach Kunstwerken beziehungsweise deren Aufbewahrungsorten gegliedert. Jedem Foto wird eine eindeutige Koordinate zugewiesen, sodass es leicht identifizierbar ist. Die Abbildungsqualität hängt zum Teil natürlich vom verwendeten Gerät ab, zu bedenken ist immer, dass es sich um Schwarzweiß-Fotografien handelt, was bei den Gemäldereproduktionen ein Nachteil ist.
So lobenswert das ganze Unternehmen ist: Man wird doch fragen müssen, ob das Medium geeignet ist, in dem die Bilder noch immer publiziert werden. Der Microfiche hat den haut goût der 70er-Jahre, von Anfang an war seine Benutzbarkeit beschränkt. Zur Betrachtung der Bilder ist ein Microfiche-Lesegerät notwendig, das meistens gerade dann nicht zur Verfügung steht, wenn es gebraucht wird. Die Verwendung im Seminarraum ist möglich, aber dafür bedarf es Projektoren, die geeignet sind und die wie das Lesegerät den Nachteil haben, nur für diesen speziellen Zweck verwendbar zu sein. Und gerade dies gilt nicht für das Medium Computer, dessen universelle Einsatzfähigkeit sich mehr und mehr durchzusetzen scheint. Und da auch Foto Marburg mit der Digitalisierung seiner Bestände massive Fortschritte macht - ein guter Teil des weit über eine Millionen Abbildungen umfassenden Marburger Index steht jetzt in digitaler Form im Internet zur Verfügung (http://bildindex.de/) - wird die Frage erlaubt sein, ob der Zwischenschritt über den Microfiche noch zeitgemäß ist. Auch wenn hier finanzielle Aspekte ein ausschlaggebender Faktor sein dürften: Welche Institution wird sich heute noch zu einer derartig teuren Investition entscheiden, wenn sie damit rechnen muss/darf, dass über kurz oder lang das Ganze auch bequem über Internet zu recherchieren ist?
Bildarchiv Foto Marburg - Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte, Philipps-Universität Marburg (Hg.): Index Photographique de l'Art en France. 2. Folge (Microfiche), c. 40.000 Photographien auf 410 Fiches in 8 Lieferungen, München: K. G. Saur 2001, ISBN 978-3-598-34905-8, EUR 660,00
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