Als Bert G. Fragner, der Direktor des Instituts für Iranistik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am 27. November 2006 seinen 65. Geburtstag beging, wurde ihm, wie es in der deutschen geisteswissenschaftlichen Community üblich ist, feierlich eine Festschrift überreicht. Na ja, zumindest das Manuskript einer solchen, denn in gedruckter Form erschien der Band erst zwei Jahre später. Auch dies ist nicht ungewöhnlich, da es eine nicht gerade triviale Aufgabe für die Herausgeber darstellt, die meist sehr zahlreichen Beiträge der Kolleg/inn/en, Schüler/innen und Mitarbeiter/innen des Jubilars/der Jubilarin zu einem biologisch vorgegebenen Termin eingefordert, vereinheitlicht, lektoriert und publiziert zu haben. Grundsätzlich kann man zu diesem Brauch natürlich stehen wie man will, ich persönlich finde diese Sitte eigentlich ganz schön, gibt sie doch zusätzlichen Anlass zum Feiern.
Eine inhaltliche Kohärenz von Festschriften kann es angesichts der in der Regel völlig unterschiedlichen Interessen der Gratulant/inn/en nicht geben. Dennoch finden sich normalerweise viele hochinteressante und gehaltvolle Aufsätze zu den speziellen Forschungsbereichen der Verfasser. In dem hier vorliegenden Werk haben wir es beispielsweise mit 39 Studien zu tun, die auch durch den Umstand zusammengehalten werden, dass sie tatsächlich Bert Fragners sehr breite Forschungsinteressen widerspiegeln.
Der Band setzt sich aus folgenden, thematisch angeordneten Abhandlungen zusammen: (A) Geschichte und Historiographie [15 Beiträge] - a. Strukturen und Traditionen [5], b. Memoiren und Biographien [3], c. Safawidenzeit [3], d. Moderne [3], e. Antike [1]; (B) Literatur- und Sprachgeschichte [9] - a. Literatur und Bedeutung des Neupersischen [7], b. Sprachgeschichte [2]; (C) Kultur- und Religionsgeschichte [7]; (D) Kunstgeschichte [4] und (E) Kulinaria [4]. Innerhalb der Themengruppen folgt man im Allgemeinen einer historisch-chronologischen Anordnung und einer Reihung von Iran zu anderen Regionen.
Da hier nicht auf alle Kontributionen eingegangen werden kann, möchte ich nur, um die Vielfalt der behandelten Themen und die Internationalität der Autoren zu zeigen, aus jedem Gebiet einen Aufsatz namentlich hervorheben. (A.a.) Charles Melville, Reader in Persian History, University of Cambridge: "Between Tabriz und Herat: Persian Historical Writing in the 15th Century", 28-38; (A.b.) Ingeborg Baldauf, Professorin für Sprachen und Kulturen Mittelasiens, HU Berlin: "Eine Lebenserzählung von der Peripherie der Sowjetunion: Bobomurod Daminov, der rastlose Kämpfer", 64-73; (A.c.) Maria Szuppe, Paris, Centre National de la Recherche Scientifique, Mondes iranien et indien: "Loking Across the Frontier: a Shaybānid (Non-)View of the Early Safavid State", 94-105; (A.d.) Touraj Atabaki, Professor of Social History of the Middle East and Central Asia, Leiden University: "Ethnic Minorities, Regionalism and the Construction of New Histories in the Islamic Republic of Islam", 133-143; (A.e.) Antonio Panaino, Professore Ordinario, Università di Bologna, Dipartimento di Storie e Metodi per la Conservazione dei Beni Culturali: "Diplomazia e violenza: a proposito di un caso di rispetto del'diritto internazionale' nell'antica Persia", 144-151; (B.a.) Nima Mina, London School of Oriental and African Studies, Department of the Languages and Cultures of the Near and Middle East: "Gefängnismemoirenliteratur aus dem nachrevolutionären Iran", 210-220; (B.b.) Velizar Sadowski, Wien, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Iranistik: "Syntax und Formulierungsstil in der indo-persischen Dichtersprache: Einleitendes zum Periodenbau und einigen figurae per ordinem im Avesta und Veda", 242-255; (C) Ralph Kauz, Wien, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Iranistik: "Bankette und Akrobaten oder wie fetiert man Barbaren? Ein Beitrag zur interkulturellen Kommunikation", 297-308; (D) Karin Rührdanz, Professor/Curator of Islamic Art, University of Toronto/Royal Orientario Museum: "Zwischen Botschaft und Kommerz: Zum geistig-kulturellen Hintergrund persischer Illustrationsstile im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert", 377-388, Tafeln 6-8 und (E) Houchang E. Chehabi, Professor of International Relations and History, Boston University: "Es darf auch manchmal Kaviar: How Caviar Turned Out to Be Halal", 401-409.
Wie man unschwer erkennt: Ein wahrlich buntes Spektrum von Aufsätzen zu iranistischen Themen im weitesten Sinne, aber allesamt - wie der Rest auch - sehr lesenswert!
Markus Ritter / Ralph Kauz / Birgitt Hoffmann (Hgg.): Iran und iranisch geprägte Kulturen. Studien zum 65. Geburtstag von Bert G. Fragner (= Beiträge zur Iranistik; Bd. 27), Wiesbaden: Reichert Verlag 2008, xxiv + 435 S., 12 Farbtafeln, ISBN 978-3-89500-607-4, EUR 110,00
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