Die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU) agierte in den innerdeutschen Auseinandersetzungen des Kalten Krieges als die militanteste antikommunistische Widerstandsgruppe und war schon zu Zeiten ihres Bestehens hochumstritten. Das ist bis heute so geblieben, was zur Folge hat, dass eine wissenschaftliche Monografie mit dem Thema KgU fast zwangsläufig zum Gegenstand aktueller politischer Diskussionen wird.
Die Entstehung der KgU in West-Berlin fällt in die Zeit der Berliner Blockade und der ersten größeren Entlassungswelle von Häftlingen der sowjetischen Speziallager. Diese berichteten von den verheerenden Verhältnissen in den Lagern, die zum Tod von rund 30 000 Häftlingen durch Hunger und Seuchen führten, und von der brutalen und willkürlichen Repression der sowjetischen Organe. "Nichtstun ist Mord" lautete die Devise, unter der die KgU im Oktober 1948 von Rainer Hildebrandt gegründet wurde. Widerstand gegen die neue Gewaltherrschaft auf deutschem Boden folgte gleichsam einem moralischen Imperativ. Hildebrandt und sein Nachfolger Ernst Tillich, beide wegen Widerstandshandlungen in der NS-Zeit inhaftiert, verkörperten gleichsam den anfänglichen antitotalitären Impetus der Organisation.
Ein Kennzeichen der sowjetischen Repressionspraxis war, dass bei Festnahmen die Angehörigen grundsätzlich nicht benachrichtigt wurden, was bedeutete, dass die Festgenommenen einfach verschwanden. Die KgU begann daher einen Suchdienst aufzubauen, der sich zum Ziel setzte, Verbleib und Schicksal von Gefangenen zu ermitteln und diese Informationen an auskunftssuchende Verwandte weiterzugeben. Die bemerkenswerte Leistungsfähigkeit dieses Suchdienstes wie auch die tatkräftige Unterstützung von Widerstandswilligen und Familien politischer Häftlinge in Ostdeutschland begründete den Ruf der Organisation als effizienter und kompromissloser Gegner der kommunistischen Herrschaft.
Bald geriet die KgU unter den maßgeblichen Einfluss der CIA, die - vor allem nach Ausbruch des Korea-Krieges im Juni 1950 - eine ausgesprochen aggressive Linie verfolgte und die Organisation nachrichtendienstlich vielfach instrumentalisierte, was eine problematische, ja in Teilen geradezu verhängnisvolle Entwicklung einleitete. Enrico Heitzer konzentriert sich in seiner Arbeit auf die hiermit zusammenhängenden Themenaspekte: Finanzierung und nachrichtendienstliche Unterwanderung, Rekrutierung von NS-belastetem Personal und den Übergang zu härteren Aktionsformen wie Sabotage und die Verwendung von Brandmitteln, Sprengstoffen und Giften.
Die Sachverhalte sind grundsätzlich schon seit Längerem bekannt, aber bisher nur schlaglichtartig belegt gewesen. Es ist das Verdienst von Heizer, dass er die Befunde nunmehr auf einer breiten Quellengrundlage systematisch entfaltet. Er greift dabei auf Unterlagen der im Bundesarchiv liegenden sogenannten Zentralkartei der KgU, CIA-Dokumente und Stasi-Akten zurück. Was der Autor insbesondere aus der ehemaligen "Zentralkartei" der KgU herausgefiltert hat, ist auch für Kenner der Materie erstaunlich, denn sie galt als von allen heiklen und nachrichtendienstlich relevanten Unterlagen gesäubert.
Es wird deutlich, dass die Organisation spätestens ab 1952 in die vollständige (auch finanzielle) Abhängigkeit von der CIA geriet, nachdem deutsche Stellen und die Ford Foundation ihre Zahlungen eingestellt hatten. Ein nennenswerter Einfluss bundesdeutscher und West-Berliner Behörden auf die Organisation war nicht mehr gegeben. Die KgU stieß vielmehr beim Berliner Senat und dem Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen zunehmend auf Ablehnung.
Unter dem Einfluss der CIA entwickelte die KgU genuin nachrichtendienstliche Strukturen. Sie legte dabei den Schwerpunkt auf die Beschaffung von militärischen oder sicherheitsrelevanten Informationen und stützte sich dabei (gerade in den ersten Jahren) in erheblichem Umfang auf die Arbeit von nachrichtendienstlichen Profis aus den einschlägigen Apparaten des NS-Staates und andere Personen mit NS-Hintergrund. Diese Rekrutierungspraxis stand im Widerspruch zum weiterhin vor allem gegenüber der US-amerikanischen Öffentlichkeit gepflegten Image einer von ehemaligen NS-Gegnern geprägten, antitotalitären Organisation. Heitzer kann belegen, dass die verdeckten Aktivitäten der Organisation bald den Hauptteil der Ressourcen banden. Zunehmend richtete sich die Arbeit der KgU auch gegen Personen und Organisationen im Westen, denen neutralistische Tendenzen vorgeworfen wurden, so auch gegen die SPD, die ihr Mitglied Tillich im November 1952 aus ihren Reihen ausschloss.
Die Ausführungen Heitzers belegen im Detail, dass die Widerstandsaktivitäten der KgU auf DDR-Territorium, insbesondere in der Phase des Koreakrieges (1950-1953), weit über das hinausgingen, was andere antikommunistische Organisationen taten. Neben der allgemein üblichen klandestinen politischen Propaganda und Informationsbeschaffung führte die KgU "administrative Störungen" und Sabotagemaßnahmen durch. Auch Brand- und Sprengstoffanschläge gehörten zum Repertoire der Organisation. Diese vereinzelten und eher dilettantisch durchgeführten Aktionen misslangen jedoch zumeist oder richteten keinen großen Schaden an. Vorbereitungen für den Einsatz von Giften sind ebenfalls belegt. Diese standen wohl im Zusammenhang mit dem von der CIA betriebenen Aufbau eines sogenannten Stay-behind-Netzes in der DDR, das im Falle von kriegerischen Auseinandersetzungen als Guerilla hinter den sowjetischen Linien agieren sollte.
Die KgU avancierte zu einem der Hauptgegner der sowjetischen und DDR-Sicherheitsorgane und entsprechend hart war die Repression gegen die V-Leute der Organisation. Sowjetische Militärtribunale und DDR-Gerichte fällten in KgU-Fällen zahlreiche Todesurteile, so wie 1952 gegen die Hauptangeklagten in zwei großen Schauprozessen vor dem Obersten Gericht, in denen die KgU als Terrororganisation gebrandmarkt wurde. Die KgU stritt die Vorwürfe rundweg ab, inzwischen hatte sie aber bereits so viel an Glaubwürdigkeit eingebüßt, dass die Sabotagehandlungen und der Einsatz von Sprengstoffen auch im Westen, etwa vom "Spiegel" 1952, als Tatsachen gehandelt wurden.
Im Grunde ist die Diskussion über die KgU seit dieser Zeit polarisiert. Die Aktualität der Kontroversen merkt man auch der Studie von Heitzer noch an, der sich veranlasst sieht, gegen alte Mythen anzuschreiben, wodurch die historisierende Einordnung ein wenig auf der Strecke bleibt. Die Befunde zur NS-Belastung sind tendenziell überzeichnet und auch die Gewaltproblematik wird eher ahistorisch-moralisierend behandelt. Diese hätte stärker zur Gewaltförmigkeit damaliger kommunistischer Herrschaftsausübung und zur Tatsache in Beziehung gesetzt werden müssen, dass der Kalte Krieg in Korea gerade in einen heißen umgeschlagen war. Diese Kritikpunkte mindern die große empirische Forschungsleistung von Heitzer allerdings nur wenig; es handelt sich um eine wichtige Studie, deren zentrale Ergebnisse weder ignoriert noch wegdiskutiert werden können.
Enrico Heitzer: Die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU). Widerstand und Spionage im Kalten Krieg 1948-1959 (= Zeithistorische Studien; Bd. 53), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2015, 550 S., 16 s/w-Abb., ISBN 978-3-412-22133-1, EUR 64,90
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