Nicht zuletzt aufgrund der epochalen Auseinandersetzungen mit Friedrich I. und ihren Folgen ist der Pontifikat Alexanders III. von der Forschung immer wieder in Betracht gezogen worden. Das vorliegende Werk von Isabel Blumenroth stellt die überarbeitete Fassung ihrer 2018 an der Universität Aachen abgeschlossenen Dissertation dar. Ziel der Arbeit ist es, die Wahrnehmung des im Jahr 1159 ausgebrochenen Alexandrinischen Schismas im Königreich England zu untersuchen und somit eine deutliche Forschungslücke zu füllen. Dies wird anhand zweier herausragender und bis jetzt in der Forschung hinsichtlich dieses Erkenntniszieles unberücksichtigt gebliebenen Quellenkorpora verfolgt, nämlich der Briefsammlungen des Arnulf von Lisieux und des Johannes von Salisbury. Die genannten Briefsammlungen bilden einen besonders geeigneten Ausgangspunkt für eine derartige Analyse, da sie Einblicke sowohl in die insulare als auch die kontinentale Perspektive des angevinischen Reiches bieten. Obwohl beide Autoren der hohen Geistlichkeit angehörten und am Herrscherhof aktiv waren, weisen sie in puncto Herkunft, Generationszugehörigkeit und Sozialisation deutliche Unterschiede auf. Daher ist der vergleichende Blick zwischen den Autoren und ihren Schriften besonders vielsprechend (21). Auch wenn die Briefsammlungen zum Schisma die Hauptquelle der Arbeit darstellen, werden im Zuge derer auch weitere Quellen herangezogen. Dazu zählen unter anderem die Konzilspredigten in Tours im Jahr 1163 des Arnulf von Lisieux, die Historia pontificalis von Johannes von Salisbury sowie dessen Entheticus maior, Policratus und Metalogicon. Darüber hinaus wird das Schisma immer wieder in den Kontext der englischen Kirche eingebettet, die in der besagten Zeit durch den Becket-Konflikt erschüttert wurde.
Für jeden der beiden Protagonisten wird ein umfassendes Profil erstellt. Sowohl von Arnulf von Lisieux (42-47) als auch von Johannes von Salisbury (135-140) werden in der Rekonstruktion der Werdegang, die Ausbildung und die Beziehungen zu den Schulen ausführlich skizziert, um die Bezüge zu den jeweiligen Ideenwelten herauszustellen. Noch mehr Raum wird den Positionen Arnulfs von Lisieux und Johannes' von Salisbury zum Alexandrinischen Schisma geboten. Dies geschieht auf der Basis dreier thematischer Schwerpunkte: die Doppelwahl, die Intervention Friedrichs I. sowie die aus den Briefsammlungen resultierende Kirchenpolitik König Heinrichs II. Plantagenêt. Diese beiden ersten Kapitel dienen hauptsächlich als strukturierende Einleitung und Einordnung der Schriften beider Autoren, um ihre Position zum Alexandrinischen Schisma besser zu beleuchten. Von Bedeutung ist in diesem Abschnitt vor allem die Reflexion der Politik, die Johannes von Salisbury in seinem Werk der acht Bücher der Policraticus anbietet: Blumenroth nach, beeinflusste diese maßgeblich seine Sicht auf die Figur Heinrichs II. (184-189). Johannes von Salisburys Lehre zur Tyrannei, der dieser entgegenzuhaltenden Haltung und seine gleichzeitige Darstellung eines Fürstenideals wird von Blumeroth ausführlich dargestellt (Teil I, Kapitel 2.2.2.4). Darauf wird auch die Repräsentation Friedrichs I. in den zwei Phasen des Konflikts bezogen (Teil II, Kapitel 2.2 und Teil III, Kapitel 2.2).
Die zweite Sektion des Werkes besteht aus zwei Hauptkapiteln, in denen die Ideen des Johannes von Salisbury und des Arnulf von Lisieux in den Zeitperioden 1159-1160 (Die Papstfrage und die Obödienzwerbung) und 1164-1170 (Zeit des Becket-Konflikts) dargestellt werden. In den Jahren 1159-1160 war Arnulf von Lisieux besonders ergiebig bzw. leistungsfähig, zumal er in dieser Zeitspanne als Bindeglied zwischen der päpstlichen Kurie und dem englischen Hof fungierte. Da es sich um die Konzeptionen und Ideen zweier Verfasser aus der Normandie und England handelt, bilden die Kapitel zu der dortigen Wahrnehmung des Schismas und zu der Schismapolitik Heinrichs II. Plantagenêt in beiden Perioden die originellsten und bedeutungsvollen Ergebnisse der Arbeit Isabel Blumenroths und füllen somit die in der Einleitung der Arbeit herausgestellte Forschungslücke. Das Bild Heinrichs II. wird bei Johannes von Salisbury zweifellos von den Überlegungen zur Tyrannei in Bezug auf Kaiser Friedrich I. geprägt. So entsteht eine Charakterisierung Heinrichs als Tyrann, was vor allem auf seine Position im Becket-Konflikt und seine Steuer- und Restitutionspolitik zurückzuführen ist (654-661). Ausdrücklich hervorgehoben wird bei Johannes von Salisbury auch die Rolle weiterer geistlicher und höfischer Akteure, welche die Politik Heinrichs II. stark beeinflusst haben sollen (716-746).
Abgeschlossen wird die Arbeit durch ein umfangreiches und detailliertes Resümee (747-773), in dem zuerst eine ereignisgeschichtliche Rekonstruktion angeboten, sodann die wichtigsten Merkmale beider Autoren in vergleichender Perspektive rekapituliert werden: Auf diese Weise werden sowohl Ähnlichkeiten und Unterschiede der Briefsammlungen als auch die Forschungsergebnisse konzise zusammengefasst.
Von der Arbeit ist vor allem die klare und funktionale Struktur hervorzuheben: Auf die ausführliche Darstellung der Ideenwelten Arnulfs von Lisieux und Johannes' von Salisbury folgt eine Analyse ihrer praktischen Umsetzung im Laufe des alexandrinischen Schismas, in der die Sicht Englands und der Normandie auf das Schisma exemplarisch aufgezeigt wird. Dadurch gelingt es Isabel Blumenroth, neues Licht auf einen komplexen Moment des Hochmittelalters zu werfen, an dem zahlreiche Akteure beteiligt waren und der folgenschwere Auswirkungen für die europäische Geschichte hatte.
Isabel Blumenroth: Das Alexandrinische Schisma in Briefen und Ideenwelt des Arnulf von Lisieux und Johannes von Salisbury (= Papsttum im mittelalterlichen Europa; Bd. 10), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2021, 847 S., ISBN 978-3-412-52207-0, EUR 110,00
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