Rezension über:

Everhard Korthals Altes: De verovering van de internationale kunstmarkt door de zeventiende-eeuwse schilderkunst. Enkele studies over de verspreiding van Hollandse schilderijen in de eerste helft van de achttiende eeuw, Leiden: Primavera Press 2003, 344 S., 122 s/w-Abb., ISBN 978-90-5997-004-5, EUR 35,00
Buch im KVK suchen

Rezension von:
Gero Seelig
Staatliches Museum Schwerin
Redaktionelle Betreuung:
Dagmar Hirschfelder
Empfohlene Zitierweise:
Gero Seelig: Rezension von: Everhard Korthals Altes: De verovering van de internationale kunstmarkt door de zeventiende-eeuwse schilderkunst. Enkele studies over de verspreiding van Hollandse schilderijen in de eerste helft van de achttiende eeuw, Leiden: Primavera Press 2003, in: sehepunkte 4 (2004), Nr. 9 [15.09.2004], URL: https://www.sehepunkte.de
/2004/09/5726.html


Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Andere Journale:

Diese Rezension erscheint auch in KUNSTFORM.

Everhard Korthals Altes: De verovering van de internationale kunstmarkt door de zeventiende-eeuwse schilderkunst. Enkele studies over de verspreiding van Hollandse schilderijen in de eerste helft van de achttiende eeuw

Textgröße: A A A

Everhard Korthals Altes legt mit seiner Dissertation ein Buch vor, das in jeder Hinsicht lesenswert ist. Trotz des spröden Themas - zu dem bislang aus gutem Grund fast nur Aufsätze in Fachzeitschriften publiziert wurden - und trotz des Charakters einzelner Studien, die die Kapitel bilden, ist das Buch nicht nur lesbar, sondern geradezu spannend zu lesen. Die verschiedenen Studien behandeln dasselbe (im umständlichen Titel vielleicht allzu ausführlich angegebene) Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln: denen der Händler, der Agenten und der fürstlichen Sammler, die alle auf jeweils spezifische Weise an dem Siegeszug der niederländischen Malerei als Sammelgebiet beteiligt waren. Sie schufen erst die Bedingungen für den von manchen zeitgenössischen Schriftstellern (Johan van Gool, 1750/51) wie auch von späteren Autoren (Victor de Stuers, 1873) als Ausverkauf gegeißelten Export der Werke aus dem Heimatland, damit zugleich aber auch für den internationalen Ruhm dieser Malerschule. Denn "of de Hollandse zeventiende-eeuwse schilderkunst ook zonder deze internationale verspreiding haar tegenwoordige, mondiale reputatie had kunnen verwerven, is echter zeer de vraag" (7f.). Die Begeisterung für die holländische Malerei wird heute - wo sie von der Ausstellungsindustrie von einem Höhepunkt zum anderen getrieben wird - aufgrund ihrer künstlerischen Qualität als selbstverständlich hingenommen. Doch die historische Entstehung dieses Ruhms geht aus sehr spezifischen Konstellationen des europäischen Kunstmarktes hervor, wie schon Gerard Hoet (1698-1760) vermutete, der als Händler aktiv am Geschehen beteiligt war (175). Diese Konstellationen an konkreten Beispielen mittels großenteils unveröffentlichter Quellen aufzuzeigen und aus diesen ein allgemeines Bild des Kunstexportes aus den Niederlanden zu gewinnen, ist das glänzend erreichte Ziel der Arbeit.

Die Beispiele sind klug gewählt, indem es um zentrale Figuren ihrer Zeit geht, zu deren Handeln ausreichend aussagefähiges Quellenmaterial erhalten ist. Korthals Altes hat den Vorteil, nicht die Geschichte einer bestimmten Sammlung untersuchen zu wollen, sondern den gesamten Handel mit niederländischer Kunst in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vor sich zu haben. So kann sich die Wahl der Beispiele unter anderem nach der Quellenlage richten und ist weniger von der Zufälligkeit der Überlieferung abhängig. Korthals Altes wählt mit Bedacht und schafft damit ein Netz von Informationen, die verallgemeinert Rückschlüsse auch auf andere Fälle zulassen mögen, in denen die Quellen spärlicher fließen.

Der Autor beginnt mit einer Übersicht über Literatur und Quellen. Wichtige Themen sind die an der Ausfuhr holländischer Malerei beteiligten Personen, die Formen des Zwischenhandels, der Hintergrund der Händler, die Art der Werke, die auf den Markt kamen, der Anteil der Agenten an der von den Fürsten getroffenen Auswahl sowie die Präsentation der Werke durch ihre ausländischen Besitzer. Als eine Annäherung an das Thema wird in Kapitel 3 (30-44) die Frage der Autorität in der Beurteilung der Werke behandelt, die von Liebhabern, Malern, Händlern und Kunstsachverständigen jeweils für sich in Anspruch genommen wurde. Die umfangreichsten Kapitel 4 und 5 (45-121 und 122-175) behandeln zwei verschiedene Formen von Zwischenhändlern, den des Sammler-Händlers am Beispiel Willem Lormiers (1682-1758), zu dessen Sammlung glücklicherweise sowohl die Ankäufe als auch die spätere Veräußerung ungewöhnlich gut dokumentiert sind. Der konkurrierende Typ des Maler-Händlers wird an zwei wichtigen Figuren illustriert: Philip van Dijk (1683-1753) und Gerard Hoet (1698-1760). Alle drei haben unter anderem mit den drei deutschen Fürsten zu tun gehabt, die in Kapitel 6 (176-258) als Repräsentanten der ausländischen Sammler untersucht werden: Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel, Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz und Kurfürst August III. von Sachsen.

In sieben Beilagen werden Teile des umfangreichen Quellenmaterials dargeboten, das der Autor ausfindig machte und hier zum ersten Mal publiziert (267-316). Das spektakulärste Beispiel dieser Quellen, Zeichnungen der Wände in der Mannheimer Galerie, die einen direkten Einblick in die zeitgenössische Präsentation einer fürstlichen Sammlung der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlauben, hat der Autor bereits in einem Aufsatz im Burlington Magazine (2003) publiziert. Dieser bildet den betreffenden Abschnitt des Buches. Auch die Abschnitte über Willem Lormier und Philip van Dijk sind bereits in Zeitschriften erschienen (Simiolus 2000/01, Oud Holland 2003). Sie finden aber in der Zusammenstellung mit den übrigen Blickwinkeln auf dasselbe Thema zu der Dichte der Darstellung, die der Komplexität des Phänomens angemessen ist.

Während der Wert der Studien nicht zuletzt in ihrer Detailgenauigkeit liegt, die auf der hervorragenden Quellenkenntnis des Autors beruht, sind es gerade auch allgemeinere Implikationen der Untersuchung, die für den Nicht-Spezialisten des Fachgebietes interessanter sein mögen und zugleich die Vielfalt der Bezüge des Themas deutlich machen. So weist Korthals Altes eingangs darauf hin (16f.), dass der Markt, für den in den nördlichen Niederlanden Gemälde geschaffen wurden, ein durch und durch bürgerlicher war. Die Frage liegt also nahe, wird aber in der Forschung tatsächlich erst seit kurzem gestellt, wie es zu der hohen Wertschätzung durch fürstliche Sammler kommen konnte. Dass bürgerliche Sammlungen kaum Chancen hatten, über mehrere Generationen hinweg tradiert zu werden, und daher häufig wieder auf dem Kunstmarkt verstreut wurden, dass zudem die Preise für einheimische Gemälde auf dem holländischen Markt gegen Ende des 17. Jahrhunderts verfielen (17, 249), sind zwar Voraussetzungen. Sie bieten aber noch keine Erklärungen für die Begeisterung der fürstlichen Sammler, die uns die heute noch bestehenden, wunderbaren Ensembles holländischer Gemälde in den Museen in Kassel, München, Dresden, Braunschweig, Schwerin usw. beschert haben. Die seit dem 17. Jahrhundert zunehmende Kunstliteratur hat nicht zuletzt in diesem Zusammenhang ihre Rolle gespielt (15). Es handelt sich um einen vielfältigen Prozess des Zusammenwirkens von Kontakten (248 u.ö.), persönlichen Vorlieben bestimmter Sammler (204f., 253f. u.ö.) sowie einer intendierten Geschmacksbildung für die holländische Malerei von Seiten der Anbieter. Die Komplexität dieses Prozesses aufzuzeigen und die Wichtigkeit dieses Abschnittes in der Überlieferungsgeschichte der holländischen Malerei plastisch darzustellen, ist dem Autor hervorragend gelungen. Es bleibt zu hoffen, dass eine deutsche Übersetzung des Buches erscheinen wird. Bei der zentralen Rolle, die deutsche fürstliche Sammlungen darin einnehmen, und angesichts der heutigen Beliebtheit der niederländischen Malerei beim deutschen Publikum hätte sie sicher einigen Erfolg.

Gero Seelig