Otto von Bismarck: Schriften 1874-1876. Bearbeitet von Rainer Bendick (= Otto von Bismarck. Gesammelte Werke. Neue Friedrichsruher Ausgabe. Abt. III: 1871-1898. Schriften; Bd. 2: 1874-1876), Paderborn: Ferdinand Schöningh 2005, LXXX + 710 S., ISBN 978-3-506-71350-6, EUR 66,00
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Jetzt liegt ein zweiter Band der "Neuen Friedrichsruher Ausgabe" vor. Die Neuausgabe der Werke Bismarcks ist unbestreitbar verdienstvoll aus dem einleuchtenden Grund: in den "Gesammelten Werken" der alten "Friedrichsruher Ausgabe" (NFA) fehlen beträchtlich viele Schriftstücke. Im ersten Band der NFA wurde ungefähr die Hälfte der Dokumente erstmalig veröffentlicht. Jetzt sind es noch mehr. Drei Viertel der Schriften aus den Jahren 1874-1876, die in diesem Band aufgenommen wurden, sind Erstveröffentlichungen. Sie beziehen sich auf alle Gegenstände des Wirkens von Bismarck. Die überaus sorgfältigen Text-Editionsprinzipien des ersten Bandes wurden auch auf den zweiten angewendet.
Trotz der vielen neuen Dokumente trägt die "Neue Friedrichsruher Ausgabe" nur den Titel "Gesammelte Werke" und nicht "Sämtliche Werke". Man sucht wie bei allen Werken, die eine Auswahl darstellen, eine Begründung für die Auswahl und eine Aussage zum Grad der Vollständigkeit, findet dazu aber nur wenig! Ebenso fehlen Ausführungen, ob Bestände der herangezogenen Archive (Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Bundesarchiv, Archiv der Otto-von-Bismack-Stiftung, Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes) bzw. ob Abteilungen dieser Archivbestände vollständig oder nicht ediert worden sind.
Schmerzlich vermisst man auch ein Gesamtverzeichnis mit den genauen Fundorten aller aufgenommenen Dokumente. Nehmen wir einmal an, ein Wissenschaftler, dem ein Dokument vorliegt, wollte wissen, ob dieses im vorliegenden Band aufgenommen worden ist, so muss er viel Zeit mit Blättern verschwenden. Die Fundortnachweise gibt es zwar, aber nur im Vorspann zum abgedruckten Dokument. Zu hoffen ist, dass diese schmerzliche Lücke mit einem Gesamtregister über alle Bände geschlossen wird. Bis dahin wird jedoch viel Zeit vergehen.
Damit ist man beim Thema Hilfen für die Erschließung der edierten Dokumente, ein zentrales, jedoch oft vernachlässigtes Thema für alle Werk- und Quelleneditionen. Es gibt vom Herausgeber dieses Bandes Rainer Bendick einen kurzen, sehr informativen historischen Überblick über die Dokumente, wie sie in das Wirken Bismarcks in den Jahren 1874-1876 einzuordnen sind (Einen ähnlichen Überblick gab es auch im ersten Band).
Insgesamt aber sind die Hilfen enttäuschend. Es gibt lediglich ein Personenregister mit verdienstvollen Kurzinformationen. Aber - man kann vielleicht darüber hinwegsehen - die unterschiedlichen Schreibweisen desselben Namens werden weder in Anmerkungen noch im Personenverzeichnis thematisiert (vielleicht auch Fehler bei der Namenserfassung?): z. B. "Möller" (211), "Moeller" Personenregister (705); "Sprenger" (256), "Spenger" Personenregister (708); "Tulin" (239), "Tullin" Personenregister (708); "Andrassy" (157), "Andrássy" Personenregister (697); "Ignatiev" (430), "Ignatjew" Personenregister (702).
Leider gibt es kein Orts- bzw. Länderregister. Dabei wäre es doch so leicht zu erstellen gewesen. Gerade bei auswärtiger Politik könnte man meinen, dass sich dies geradezu aufdrängt. Auch ein Sachregister sucht man in dem Werk vergeblich. Sachregister sind zugegeben schwierig zu erstellen und oft sind sie defizitär. Aber überhaupt kein Sachregister bedeutet auch überhaupt keine Hilfe.
Am Platz, sprich Druckseiten, kann es nicht gelegen haben. Denn innerhalb des Werkes leistet man sich Doppelungen. So tauchen die knappen und sehr informativen Inhaltsangaben zu den einzelnen Dokumenten wortgetreu und diesmal sehr benutzerfreundlich gleich zweimal auf: einmal vor jedem Dokument und dann im Inhaltsverzeichnis, das dadurch auf 48 Seiten (!) aufgebläht wird (aber trotzdem ohne Nachweis der Fundorte).
Und dann natürlich die Frage, warum druckt man jene Dokumente, die an so prominenten Stellen wie der alten "Friedrichsruher Ausgabe" oder in den Bänden der "Großen Politik der Europäischen Kabinette" aufgenommen sind, noch einmal ab und belässt es nicht wie bei anderen Werkausgaben bei Verweisen. Denn Vollständigkeit wird bei der NFA explizit nicht angestrebt. Genügten die alten Editionen nicht den heutigen Editionsprinzipien? Wenn ja, würde man dies zumindest gerne wissen wollen.
Im Übrigen als Anregung: Warum heutzutage nicht auch parallel eine digitale Werke-Ausgabe, wie dies immer mehr bei anderen Werke-Ausgaben üblich wird? Dies hätte viele Probleme der Erschließung der NFA von vornherein erleichtert. Und bei der Bedeutung, welche die Werke Bismarcks für die deutsche Geschichtswissenschaft einfach haben, hätte eine digitale Edition eine Flaggschifffunktion übernehmen können. Nun, die Edition steht ja erst in den Anfängen.
Die Verdienste und Mängel dieses Bandes sind die Verdienste und Mängel dieses Bandes nicht allein. Denn die Editionsprinzipien mit all ihren Vorzügen und Defiziten sind weitgehend dieselben wie im ersten Band der "Neuen Friedrichsruher Ausgabe".
Fazit: Allein schon wegen der Neuaufnahmen von Dokumenten ist auch dieser Band der "Neuen Friedrichsruher Ausgabe" nicht genug zu würdigen - trotz der Defizite in der Benutzerfreundlichkeit - Defizite, die man freilich unterschiedlich gewichten kann.
Manfred Hanisch