Helmut Flachenecker / Rolf Kießling (Hgg.): Schullandschaften in Altbayern, Franken und Schwaben. Untersuchungen zur Ausbreitung und Typologie des Bildungswesens in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (= Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Reihe B; Bd. 26), München: Bayerische Akademie der Wissenschaften 2005, IX + 351 S., ISBN 978-3-406-10667-5, EUR 29,00
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Carl A. Hoffmann / Rolf Kießling (Hgg.): Kommunikation und Region, Konstanz: UVK 2001
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Markwart Herzog / Rolf Kießling / Bernd Roeck (Hgg.): Himmel auf Erden oder Teufelsbauwurm? Wirtschaftliche und soziale Grundlagen des süddeutschen Klosterbarock, Konstanz: UVK 2002
Der anzuzeigende Band geht auf ein wissenschaftliches Symposium im Frühjahr 2001 zurück. Es war dies die zweite Tagung zur vergleichenden Stadtgeschichte, die in und mit Unterstützung der Stadt Weißenburg durchgeführt werden konnte. Der Band vereinigt neben der von den Herausgebern verfassten prägnanten Einführung in das Tagungsthema "Städtelandschaften - Schullandschaften" (1-14) insgesamt neun Einzelstudien zu lokalen und regionalen Phänomenen der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bildungslandschaften in Altbayern, Franken und Schwaben. Generell war es das Anliegen der Tagung, den verschiedenen Formen des Schulwesens nicht nur typologisch nachzugehen, sondern auch deren Verbreitung räumlich zu erfassen und zugleich die Rolle des Bildungswesens für eine langfristige Urbanisierung zu untersuchen. Zwei Beiträge allerdings fallen aus diesem Schema heraus: Der Aufsatz von Martin Kintzinger bietet dem Leser einen Überblick über die "Genese und Perspektiven der mediävistischen Stadtschulforschung" (15-42). Die Ausführungen von Hans-Josef Krey wiederum beschäftigen sich unter dem Titel "Unterricht als Arbeitsmarkt" mit Entwicklungslinien des Lehrerberufs im Untersuchungszeitraum (75-132).
Das Hauptanliegen des Bandes ist, die räumliche Dimension bildungsgeschichtlicher Phänomene stärker in das Blickfeld der Forschung zu rücken. Als Basis hierfür greifen mehrere der Autoren nicht zufällig auf die Eichstätter Datenbank zur Bildungsgeschichte in Bayern zurück, die im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts von 1990 bis 1994 aufgebaut worden ist. Helmut Flachenecker, Franz Heiler und Hans-Josef Krey waren an diesem unter der Leitung von Harald Dickerhof durchgeführten Projekt "Schule, Stand und Lebenspraxis. Bildungsexpansion durch 'Verschulung' " beteiligt. Die genannten Autoren demonstrieren eindrücklich, welche Erkenntnismöglichkeiten die gesammelten und noch keineswegs vollständig ausgewerteten Informationen über Studenten der Diözesen Bamberg, Eichstätt, Regensburg und Freising von 1380 bis 1600 bieten.
Helmut Flachenecker vergleicht in seinem Beitrag (133-155) auf der Basis der Eichstätter Daten für die Diözesen Eichstätt und Freising die Schulsituation von Bischofstadt, Bistum und Hochstift und kann so einen Zusammenhang zwischen Ortsgröße, früher Schulnennung und Zahl der angehenden Studenten nachweisen. Franz Heiler untersucht im Anschluss an seine Dissertation über Bildung im Hochstift Eichstätt zwischen Spätmittelalter und katholischer Konfessionalisierung die Schulen in den kleinen eichstättischen Hochstiftsstädten (43-74). Wenn es auch den hochstiftischen Schulort schlechthin nicht gab, vielmehr sich innerhalb des Hochstifts Eichstätt drei unterschiedliche Schullandschaften deutlich abzeichnen, zeigt sich doch - wie im Beitrag von Flachenecker - auch in den Ausführungen von Heiler ein Zusammenhang zwischen früher Schulnennung und Stadtgröße, ergänzt durch das eventuelle Vorhandensein geistlicher Institutionen. Deutlich wird bei diesem Beitrag auch, dass kleinräumige Schullandschaften von konfessionellen und herrschaftlichen Grenzen zum Teil weitgehend unbeeinflusst blieben. Rundet Flachenecker seinen Beitrag durch statistische Listen ab, so visualisiert Heiler seine Ergebnisse mit einer Karte und 13 Graphiken. Hans-Josef Krey kommt durch die Analyse von 1158 Einzelbelegen aus der Eichstätter Datenbank zu ersten überregional verallgemeinerbaren Ergebnissen im Hinblick auf die Entwicklung des Lehrerberufs. Er kann die saisonale Bedingtheit der Tätigkeit eines Schulmeisters ebenso herausarbeiten wie die Stadtgröße, ab der ein Lehrer sein Auskommen halbwegs sichern konnte. Auf Grund der Immatrikulationszahlen kann Krey zudem zeigen, dass die Schulbildung auf dem Lande nach 1450 und vor 1520 ihren Höhepunkt erreicht. Besonders interessant sind auch seine Differenzierung der Schultypen und seine Ausführungen zur Ausbildung der Lehrer, ihrer regionalen Herkunft sowie ihrem sozialen und beruflichen Umfeld.
Neben diesen Beiträgen, die auf die Eichstätter Datenbank zurückgriffen, stehen drei Aufsätze, die unter dem Vorzeichen der Suche nach regionalgeschichtlichen Kategorien zusammengefasst werden können: Reinhard Jakob, der in Erlangen über "Schulen in Franken und in der Kuroberpfalz 1250-1520" promoviert hat, vergleicht die spätmittelalterlichen Schullandschaften in Franken und Bayern. Fünf Karten gewähren dem Leser hierbei einen sehr anschaulichen Überblick über die geschilderte Entwicklung (157-182). Rolf Kießling untersucht erstmals die spätmittelalterliche Schullandschaft in Schwaben als Ganzes. Der Forschungsstand zu diesem Raum ist bisher noch sehr unterschiedlich und für manche Bereiche ausgesprochen rudimentär. Eine Karte fasst die Ergebnisse der Ausführungen Kießlings prägnant zusammen (247-279). Peer Frieß widmet sich dem Schulwesen in den oberdeutschen Reichsstädten im 16. Jahrhundert. Zwei der dem letzten Aufsatz beigegebenen Graphiken machen den Wandel bei der Wahl der Studienorte durch Allgäuer Studenten sehr deutlich (303-329).
Rainer A. Müller schildert die Strukturen des Schul- und Bildungswesens des Tagungsortes Weißenburg in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (203-224). Der viel zu früh verstorbene Inhaber der Professur für Frühe Neuzeit an der Katholischen Universität war ebenso wie Alois Schmid in das Eichstätter Teilprojekt des bildungsgeschichtlichen Sonderforschungsbereiches eingebunden.
Drei Beiträge mit einem territorialen Bezugsrahmen runden den gelungenen und ausgesprochen anregenden Band ab: Alois Schmid berichtet über die Anfänge der landesherrlichen Schulpolitik im Herzogtum Bayern während des Humanismus (183-201); Dieter J. Weiß stellt das Schulwesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg in der Frühen Neuzeit vor (225-245); Angela Schlenkrich untersucht das Schulwesen der Reichsstadt Ulm auf der Basis der Visitationsberichte aus der Reformation und dem Zeitalter der Konfessionalisierung. Eine Karte der Schulen im Territorium der Reichsstadt Ulm im 16. Jahrhundert verdeutlicht, wie sehr diese Reichsstadt auch die Bildungslandschaft in den sie umgebenden ländlichen Gebieten prägte (281-302).
Ein Orts- und Personenregister ermöglicht dem Leser einen schnellen Zugriff auf die Fülle des gebotenen Materials.
Dietmar Grypa