David J.B. Trim / Peter J. Balderstone (eds.): Cross, Crown & Community. Religion, Government and Culture in Early Modern England 1400-1800, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2004, XXII + 350 S., ISBN 978-3-03910-016-3, EUR 62,60
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Das zu rezensierende Buch ist eine Festschrift für Harry Leonhard und deckt das gesamte Spektrum der Interessen des Jubilars und seiner Schülerinnen und Schüler ab. Zeitlich ist dies der Zeitraum von 1400 bis 1800 mit einem Schwerpunkt von fünf Aufsätzen, die sich im weiteren Sinne der englischen Revolution und ihren Folgen widmen. Auch inhaltlich ist das Buch sehr breit und interdisziplinär gefasst. Die Schlagworte "Kreuz, Krone und Gemeinschaft" charakterisieren dieses weite Themenspektrum, dabei stehen theologische Aufsätze neben kunsthistorischen oder literaturwissenschaftlichen Texten und natürlich im engeren Sinne historischen Arbeiten. Neben einem Aufsatz über die Visualisierung der Apokalypse in mittelalterlichen Kirchenfenstern (Richard Emmerson), finden sich hier z. B. auch Beiträge über Magie und Hexerei in der frühneuzeitlichen Diözese Winchester (Ralph Houlbrooke) und über die Adaption von Shakespeare-Stücken in der Restauration (John Cox). Insgesamt macht der Band einen etwas ekklektischen Eindruck, was aber der Qualität einzelner Beiträge keinen Abbruch tut.
Robert Surridge widmet sich in seinem Beitrag einem der einflussreichsten Texte des frühen 17. Jahrhunderts, der die spezifische Form des englischen Sendungsbewusstseins prägte. Der Theologe Thomas Brightman popularisierte in seinem 1611 erschienen Werk über die Offenbarung des Johannes das Bild Englands als der Kirche von Laodicea, die zu den auserwählten Kirchen gehörte, sich aber nicht diesem Zustand der Auserwähltheit entsprechend verhielt. Vorherrschendes Kennzeichen von Laodicea wie von England war die Unentschiedenheit in Glaubensangelegenheiten: Beide waren nicht heiß oder kalt, sondern lauwarm. Trotz dieser Unentschiedenheit versprach Brightman in seiner Auslegung der Apokalypse eine Belohnung Englands, die allerdings mit einer durchgreifenden inneren Reformation einhergehen müsse. Diese Pflicht zur fortwährenden Reformation machte den Text Brightmans für die radikaleren Protestanten zu einer Pflichtlektüre, er erfuhr deshalb im Vorfeld der englischen Revolution wie in der gesamten Zeit der Republik und des Protektorats ungebrochene Aufmerksamkeit, sowohl von Seiten der Theologie als auch der Politik. Letztlich lässt sich beispielsweise Cromwells Glaube an die "elect nation" nur über das Brightmansche Konzept der andauernden Reformation deuten. Surridge bietet eine profunde theologische Analyse des Brightmanschen Textes, der Historiker wünscht sich aber dennoch eine nachdrücklichere Verortung dieses theologischen Konzeptes in den politisch-sozialen Gegebenheiten des frühen 17. Jahrhunderts.
In William Lamonts Beitrag geht es zentral um historiografische Debatten des späten 20. Jahrhunderts. Zwar seien die marxistischen Interpretationen der englischen Revolution inzwischen in vielerlei Hinsicht überholt, ein Punkt sei bislang allerdings schwierig zu bestreiten gewesen: Die "neuere" marxistische Geschichtsschreibung, namentlich die späten Werke von Christopher Hill und Brian Manning, stelle zwar zu Recht die Rolle der Religion in der Auseinandersetzung zwischen König und Parlament heraus. Allerdings sehen Hill und Manning einen deutlichen Einfluss erst ab dem Jahr 1643, wobei sie sich vor allem auf Richard Baxter und Oliver Cromwell als Zeugen berufen. Lamont kommt auf der Basis einer quellenkritischen Analyse zu dem erstaunlichen Befund, dass Hill und Manning einer Verfälschung von Quellen aufgesessen sind, die bis ins späte 17. Jahrhundert zurückreicht. Die entsprechenden Aussagen Baxters finden sich in seiner im Laufe seines Lebens sukzessive aufgezeichneten Autobiografie, die von seinem Schüler Matthew Sylvester fünf Jahre nach seinem Tod aus den handschriftlichen Dokumenten publiziert wurde. Da diese jedoch nach moderner und anscheinend auch zeitgenössischer Einschätzung als nicht lesbar galt, erschienen bald verschiedene gekürzte Varianten dieser Autobiografie, die zwar alle lesbarer, aber nicht so nah am Original waren. Vor allem Edmund Calamy zu Beginn des 18. Jahrhunderts und Lloyd Thomas in den 1930er Jahren prägten über ihre Auswahl das Bild Richard Baxters in der Geschichtsschreibung. Auch wenn keiner der Herausgeber der Autobiografie Baxters den Text eindeutig verfälschte, so wurden doch über Selektion und Umstellung der Textteile unterschiedliche Interpretationen des Lebens und Denkens Baxters nahe gelegt. Lamont kann durchaus schlüssig nachweisen, dass die entsprechenden Passagen bei Hill und Manning nur durch die Lektüre der späteren Fassungen der Biografie gedeckt sind, dass also zukünftig nur die von Matthew Sylvester herausgegebene Version von Baxters Autobiografie herangezogen werden sollte.
Über das Buch als Ganzes ein Urteil zu fällen wird bei einem solch heterogenen Werk schwer. Historikerinnen und Historikern, die sich mit dem frühneuzeitlichen England und vor allem mit dem 17. Jahrhundert beschäftigen, sei es dennoch ans Herz gelegt.
Sebastian Barteleit