Domenico Musti (a cura di): Nike. Ideologia, iconografia e feste della vittoria in età antica (= Problemi e Recerche di Storia Antica; 23), Rom: L'Erma di Bretschneider 2005, 358 S., ISBN 978-88-8265-335-4, EUR 75,00
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Clifford Ando: The Matter of the Gods. Religion and the Roman Empire, Oakland: University of California Press 2008
Sven Günther: "Vectigalia nervos esse rei publicae". Die indirekten Steuern in der Römischen Kaiserzeit von Augustus bis Diokletian, Wiesbaden: Harrassowitz 2008
Jörg Rüpke: Fasti sacerdotorum. Die Mitglieder der Priesterschaften und das sakrale Funktionspersonal römischer, griechischer, orientalischer und jüdisch-christlicher Kulte in der Stadt Rom von 300 v.Chr. bis 499 n.Chr., Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2005
Der von Domenico Musti betreute Sammelband präsentiert insgesamt 7 Aufsätze, die Musti zusammen mit 2 weiteren Autoren (Marco Santucci, Paola Stirpe) verfasst hat. Die Koautoren steuerten jeweils einen eigenen Beitrag (Santucci, 173-225; Stirpe, 227-280) bei, ein Aufsatz firmiert unter der gemeinsamen Autorenschaft aller Mitwirkender ("Da Callisseno di Rodi a Diodoro Pasparo: lo stile asiano della 'grandezza'. Prove e controprove", 281-300), während Musti für 4 Beiträge alleine verantwortlich zeichnet. Dabei sollte man allerdings beachten, dass es sich bei drei der unter dem Namen Musti laufenden Aufsätze um Beiträge handelt, die dieser bereits zwischen 1998 und 2000 in RFIC vorgelegt hat.
Ähnliches gilt auch für den Beitrag von Santucci, dessen Beitrag ("Tempi di sacro, tempi della politica. Festigiare, giurare, 'contare' dia trieteridos e pentaeteridos") nach seiner eigenen Aussage (173 Anm. *) in wesentlichen Partien seinen Aufsatz "I tempi del sacro in atti pubblici, interstatali e amminstrativi del mondo greco" reproduziert. [1] Welchen tieferen sittlichen Nährwert eine solch massive Duplizierung von relativ neuen Arbeiten und dann auch noch in einer nicht gerade billigen Publikation hat, vermag der Rezensent nicht zu erkennen.
Zusätzlich wurden bei den im vorliegenden Sammelband reproduzierten Arbeiten Veränderungen und Seitenzahlen der Ursprungspublikationen nicht angezeigt, d. h. um den aktuellen Diskussionsstand zu fassen oder um auch nur korrekt aus den Beiträgen zitieren zu können, muss man zu diesem Sammelband greifen. Lediglich bei den Beiträgen Musti 4 ("Isopythios, isolympios e dintorni", 149-172), Stirpe ("Concamitanze di feste greche e romane con grandi feste panelleniche tra l'et à ellenistica e la prima et à imperiale"), dem Beitrag von Stirpe und dem gemeinsamen Aufsatz aller drei Autoren handelt es sich um Originalpublikationen im eigentlichen Sinne.
Hinzu kommt, dass man auf jeden Fall den Titel des Buches nicht zu wörtlich nehmen sollte, denn es handelt sich um alles andere als eine umfassende Monografie zu der Thematik von Sieg und Siegesfeiern in der Antike. Auf ein solches Buch wird die Fachwelt wohl noch warten müssen. Für Musti, den Hauptautor und Spiritus Rector des ganzen Unternehmens, stehen vor allem die Nikephoria von Pergamon und die epigrafische Überlieferung für den pergamenischen Staatsmann Diodoros Pasparos im Mittelpunkt seines Interesses. Dabei geht es ihm in erster Linie um die temperamentvolle Abwehr kritischer Reaktionen auf seine in der Fachwelt alles andere als akzeptierten Thesen, die in den Beiträgen Musti 1-3 entwickelt wurden. [2]
Ein ganz entscheidendes Problem, das gegen Musti spricht, lässt sich nach unserem aktuellen Wissensstand nicht lösen. Wenn man so leicht mit dem Begriff 'Olympia' und 'Pythia' umgehen konnte, wie es Musti vermutet, warum legten die damaligen Menschen einen so großen Wert auf eine Unterscheidung zwischen den Spielen? Warum gab es denn die ganze Serie von Agonen, die sich als isolympisch oder isopythisch definierten, von den isoaktischen oder isocapitolinischen Agonen ganz zu schweigen? Es muss erkennbare Unterschiede gegeben haben, die u. a. mit der internationalen Einstufung dieser Agone, möglicherweise auch mit Fragen des Spielprogramms oder des Zeremoniells zusammenhingen, sonst hätte man sich ja auch nicht bemüht, etwa den Status eines isolympischen Agons zu erreichen. Hier sollte man ehrlich sein und zugeben, dass mit dem momentanen Stand unserer Kenntnis eine Lösung, die jeden an der Diskussion beteiligten Forscher befriedigen könnte, nicht in Sicht ist.
Auf die Beigabe einer soliden Gesamtbibliografie wurde vom Herausgeber verzichtet, ein bedauerliches Defizit, das durch "Indice analitico" (329-339) und ein Verzeichnis der diskutierten Quellen (341-358) leider nicht ganz kompensiert wird. Man sollte also auf jeden Fall die Fußnoten sehr gründlich durcharbeiten, wenn man sich hinsichtlich der von den Autoren verwendeten Forschungsliteratur informieren möchte.
So bleibt als Fazit: sicherlich ein interessanter Sammelband, allerdings auch ein sehr teurer.
Anmerkungen:
[1] Santucci: I tempi del sacro in atti pubblici, interstatali e amminstrativi del mondo greco, in: RFIC 130 (2002), 149-169.
[2] Vgl. etwa die Polemiken 149 ff. gegen Gauthier, 155 ff. gegen H. Müller, 158 ff. gegen Pleket.
Peter Herz