Lukian: Der Tod des Peregrinos. Ein Scharlatan auf dem Scheiterhaufen. Hrsg., übers. und mit Beiträgen versehen von Peter Pilhofer, Manuel Baumbach, Jens Gerlach, Dirk Uwe Hansen (= SAPERE; Bd. IX), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2005, 256 S., ISBN 978-3-534-15820-1, EUR 29,90
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Im Jahr 165 verbrannte sich Peregrinos Proteus öffentlich während der Olympischen Spiele. Angeblich wollte der Kyniker damit seine Mitbürger lehren, den Tod gering zu achten. Dies war jedenfalls die überwiegende Meinung der antiken Autoren. Lukian dagegen kritisierte in seinem Werk de morte Peregrini das Schauspiel als ruhmsüchtige Selbstinszenierung.
Die Frage, welche Ansicht das Richtige trifft, kann auch das vorliegende Buch nicht lösen, sie wird ohnehin nur am Rande aufgeworfen. Die verschiedenen Beiträge haben andere Dinge im Blick. Gemäß der Zielsetzung der Reihe "Sapere", die "Schriften der späteren Antike zu ethischen und religiösen Fragen" aus dem "späteren Altertum (1.-4. Jh. n. Chr.)" erschließen möchte, enthält der Band neben Text, (stilistisch ansprechender) Übersetzung und Kommentar auch fünf Essays. Peter Pilhofer untersucht "Das Bild der christlichen Gemeinden in Lukians Peregrinos" (es geht vor allem um die christliche Buchproduktion des Peregrinos), Manuel Baumbach und Dirk Uwe Hansen verfolgen "Die Karriere des Peregrinos Proteus", Dirk Uwe Hansen vergleicht "Zwei Inszenierungen eines Selbstmordes" bei Lukian (insbesondere in Lukians Schriften de morte Peregrini, Demonax und Alexandros), Jens Gerlach behandelt "Die Figur des Scharlatans bei Lukian" und Manuel Baumbach ("Phönix aus lukianischer Asche") geht der Rezeption des Peregrinos Proteus vor allem bei Christoph Martin Wieland und der Einschätzung dieser Schrift in der katholischen Kirche sowie der altertumswissenschaftlichen Forschung im 19. und 20. Jahrhundert nach. Schließlich wird in der knappen Einleitung von Manuel Baumbach und Peter Pilhofer das Werk, formell ein Privatbrief, überzeugend als Invektive und insofern als recht typisches Werk des Lukian verortet.
Natürlich können die Einführung und die (teilweise sehr gelungenen) Essays nicht sämtliche Aspekte des Werkes behandeln. So wird auf eine Darstellung von Leben und Werk des Lukian ebenso verzichtet wie auf eine Behandlung der sieben anderen, mit Peregrinos befassten antiken Quellen. Störend ist allerdings, dass die einzelnen Beiträge nur wenig aufeinander abgestimmt sind. Beispielsweise wird auf Seite 47 das griechische apo Troados - sachlich wohl korrekt - mit "aus Alexandria Troas" übersetzt, ohne dass dies in den Anmerkungen bzw. im Index erläutert würde. Auf Seite 67 kritisiert Pilhofer die Übersetzung Hansens von pinaros auf Seite 25 ("schmutzig", nicht: "schäbig"). Das geschieht völlig zu Recht. Aber warum hat man das nicht einfach bei der Endredaktion ausgebessert? Dem "Sammelband-Charakter" geschuldet ist sicherlich auch, dass es gelegentlich zu Widersprüchen und Uneinheitlichkeiten bei den Aussagen der verschieden Beiträger kommt. Hier wären im Interesse des Lesers redaktionelle Querverweise wünschenswert gewesen. Zu den Merkwürdigkeiten zählt auch, dass in Pilhofers Kommentar sich wiederholt englische Übersetzungen für griechische Parallelquellen finden (selbst da, wo deutsche Übersetzungen existieren) und dass ausgesprochen viele Zitate wörtlich aus den älteren Werken von Jacob Bernays (Lucian und die Kyniker, 1879) und Wilhelm Nestle (Der Tod des Peregrinos,1925) abgedruckt sind.
Soweit die Monita, die den Wert des sauber gesetzten Bandes aber nicht entscheidend schmälern. Aus dem ungewöhnlichen Menu von zweisprachiger Ausgabe, Kommentar und Sammelwerk (der Rezensent überlegt noch, ob er es eher in seine Primär- oder Sekundärliteratursammlung zu stellen hat) wird wohl nicht nur der Laie, sondern auch der Kenner der Werke Lukians etliche Rosinen herauspicken können. Weniges mag ihn aber auch sauer aufstoßen lassen.
Klaus Geus