Gabriele Greindl / Gerhard Immler (Bearb.): Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück. Dezember 1644 - Juli 1645 (= Quellen zur Neueren Geschichte Bayerns. I: Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongress; Bd. 2,1), München: Kommission für bayerische Landesgeschichte 2009, XL + 352 S., ISBN 978-3-7696-6612-0, EUR 46,00
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Nachdem Gerhard Immler im Jahr 2000 die Instruktionen Maximilians I. von Bayern für den Westfälischen Friedenskongress in einer historisch-kritischen Edition vorgelegt hat [1], ist nunmehr auch der erste Teilband der Korrespondenz des bayerischen Kurfürsten mit seinen Kongressgesandten Haslang und Krebs erschienen. Er umfasst den Zeitraum vom 18. Dezember 1644 bis zum 27. Juli 1645 und soll von einem weiteren Teilband fortgeführt werden, der dann bis zum 30. November 1645 reichen wird, dem Tag nach der Ankunft des kaiserlichen Prinzipalgesandten Trauttmansdorff in Münster. Für die daran sich anschließende Verhandlungsphase sind weitere Bände in der Planung.
Die beiden Bearbeiter haben die äußere Gestaltung ihrer Edition erklärtermaßen nach dem Vorbild der Acta Pacis Westphalicae (im Folgenden APW) eingerichtet. Dementsprechend findet sich am Anfang des Bandes das Quellen- und Literaturverzeichnis, es folgt eine Einleitung zu den wesentlichen Inhalten, der Quellenlage und zur Editionstechnik, ehe dann schließlich die Edition der Texte folgt; ein Register wird mit dem nächsten Teilband geliefert.
Auch die formale Gestaltung der 81 edierten Schreiben folgt weitgehend dem bewährten Muster der APW: Am Kopf der Texte sind Aussteller und Empfänger, Ausstellungsort und -datum sowie die jeweilige Überlieferung genannt; am Ende sind die jeweiligen Beilagen verzeichnet. Inhaltsregesten erleichtern die Erschließung der Texte, die im Prinzip - bis auf die jeweilige Anrede und die abschließende Datumszeile - vollständig abgedruckt werden. Die Edition umfasst sowohl Textanmerkungen, die wichtige abweichende Textvarianten zwischen den einzelnen Überlieferungen (Ausfertigungen, Konzepte und Kopien) vermerken, als auch Personal-, Orts- und Sachanmerkungen.
Die Ortskommentierung erfolgt nach geographischen und nicht nach historischen Kriterien (also zum Beispiel: "Bonn (Nordrhein-Westfalen)", 25). Nach welchen Prinzipien die Ortskommentierung vorgenommen wurde, ist allerdings nicht ganz ersichtlich. Auch dafür ein Beispiel: "Tull" (Toul) wird in Schreiben Nr. 9 nicht kommentiert (27), wohl aber in Schreiben Nr. 75 (307).
Die Sachkommentierung ist spärlich. Hier fällt der Band doch gegenüber dem Niveau vergleichbarer Editionen ab. Wer sich also, um zwei beliebige Beispiele herauszugreifen, eingehender über die in den Texten behandelten Hintergründe der "causa Palatina", also insbesondere der Streitfrage um die pfälzische Kurwürde, oder der territorialen Satisfaktionsansprüche Frankreichs informieren möchte, muss zu anderen Publikationen greifen.
Die Personalanmerkungen bereiten Kopfzerbrechen, denn hierbei treten vor allem zwei größere Probleme auf: Erstens werden nicht alle erwähnten Personen nachgewiesen, wobei offen bleibt, nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgt ist. Nicht kommentiert bzw. nachgewiesen werden, um auch hier einige Beispiele aus der ersten Hälfte des Bandes herauszugreifen, der "hiesige oberschultheiss" (14), die "herren von Hilligchoven, Dr. Coppero undt Lic. Distell" (26), die Frau des französischen Gesandten Abel Servien (65) und "ein obristwachtmaister zu Hamb, Bentom genant" (72). Dagegen werden der kurbrandenburgische Gesandte Sayn-Wittgenstein (16 und 203) und der Kurfürst von Trier (9 und 112) sogar zweimal mit einer Personalanmerkung bedacht.
Zweitens werden erwähnte Personen nicht immer bei ihrer ersten Nennung nachgewiesen, sodass der Leser zum Teil erst auf Umwegen an seine Informationen gelangt. Dieser Befund betrifft zum Beispiel den bayerischen Hofrat Johann Ernst (vgl. 1 und 23), Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (vgl. 120 und 335) sowie die spanischen Gesandten Bergaigne und Peñaranda (vgl. 240f und 261). Ein ergänzender Hinweis: Bei dem in Schreiben Nr. 6 erwähnten und in einer Fußnote nicht eindeutig identifizierten "conte de Corval" (21) handelt es sich um Charles-Christophe de Mazencourt, vicomte de Courval, der seit Oktober 1644 Gouverneur der französischen Garnison in Mainz war. [2]
Unabhängig von den genannten editorischen Ungereimtheiten ist in inhaltlicher Hinsicht ausdrücklich zu betonen, dass der vorliegende Band eine wichtige Grundlage für die weitere Erforschung der Formierungsphase des Westfälischen Friedenskongresses ist. Wer sich also zum Beispiel über die Verhandlungen über einen Waffenstillstand, den "modus consultandi" der Reichsstände oder auch die Wahrnehmung der übrigen Kongressgesandtschaften durch die bayerischen Gesandten informieren möchte, der findet hier reichhaltiges Material.
Ein Themenkomplex macht dies besonders deutlich, nämlich das zeremonielle Prozedere in Münster und Osnabrück. Die jüngere Forschung hat bekanntlich mit guten Gründen die große Bedeutung betont, die Fragen des Zeremoniells im Allgemeinen und Präzedenzstreitigkeiten im Besonderen auch und gerade im Umfeld des Westfälischen Friedenskongresses hatten. Wer auf diesem Feld forschen will, für den stellt der vorliegende Band eine echte Fundgrube dar. Denn er dokumentiert ausführlich die Versuche der bayerischen Seite, die kurfürstliche Präeminenz zu wahren, für die eigenen Gesandten den Exzellenz-Titel durchzusetzen und die Präzedenz gegenüber der Republik Venedig zu behaupten. Allerdings mahnte Kurfürst Maximilian jedoch seine Gesandten im Hinblick auf den venezianischen Friedensvermittler Alvise Contarini im Juli 1645 ausdrücklich, "behuetsam zu gehn, damit nit etwas außkhomme, so dem Venedigischen ein ursach zur offension und etwan auch wol zum hinweggziehen geben mechte." (293) Den venezianischen Mediator zu brüskieren und die Friedensverhandlungen damit zu gefährden, wollte der Kurfürst also unter allen Umständen vermeiden.
Insgesamt gesehen ist der Eindruck, den man bei der Benutzung des Bandes gewinnt, also durchaus heterogen. An so mancher Stelle hätte man sich mehr editorische Konsequenz gewünscht; in inhaltlicher Hinsicht bedarf es dagegen keiner Rechtfertigung: Gut, dass es diese Edition überhaupt gibt.
Anmerkungen:
[1] Gerhard Immler (Bearb.): Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongress. Band 1. Die Instruktionen von 1644 (= Quellen zur Neueren Geschichte Bayerns, I/1), München 2000.
[2] Vgl. zum Beispiel APW. Serie II Abteilung B: Die französischen Korrespondenzen. Band 6: 1647. Bearb. von Michael Rohrschneider unter Benutzung der Vorarbeiten von Kriemhild Goronzy und unter Mithilfe von Rita Bohlen, Münster 2004, 611 Anmerkung 4.
Michael Rohrschneider