Franco Montanari / Antonios Rengakos / Christos Tsagalis (eds.): Brill's Companion to Hesiod, Leiden / Boston: Brill 2009, XI + 430 S., ISBN 978-90-04-17840-3, EUR 160,00
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Greg Anderson: The Athenian Experiment. Building an Imagined Political Community in Ancient Attica, 508-490 B.C., Ann Arbor: University of Michigan Press 2003
Oliver Schmitt: Constantin der Große (275-337), Stuttgart: W. Kohlhammer 2007
B. M. Lavelle: Fame, Money, and Power. The Rise of Peisistratos and 'Democratic' Tyranny at Athens, Ann Arbor: University of Michigan Press 2005
In den Altertumswissenschaften haben in den letzten Jahrzehnten die Kontakte zwischen dem Alten Orient und der griechischen Welt zunehmend Beachtung gefunden. Erst kürzlich hat Christian Marek (Geschichte Kleinasiens in der Antike, München 2010, 25) darauf hingewiesen, dass bei Hesiod (Fr. 165, Z. 11 Merkelbach / West) das griechische Wort für "asiatisch" in der Wendung en asidi aie ("in asiatischer Erde") als Adjektiv eindeutig belegt ist. Insofern ist es nicht überraschend, dass in diesem Sammelband an erster Stelle Ian Rutherford die Einflüsse orientalischer Literatur auf Hesiod erörtert (9-35). Er zeigt, dass die Geschichte der Götter und der Werdegang der Menschen sowohl in den Gesellschaften des Nahen Ostens als auch bei Hesiod als Kontinuum gesehen wurden. Die Region der Vermittlung östlicher Vorstellungen von einer kosmologischen Deutung des Werdens der göttlichen und der menschlichen Welten lässt sich aber nicht eindeutig lokalisieren. Rutherford zieht Nordsyrien, das südwestliche Kleinasien oder Kreta in Betracht. Als Träger dieses "Kulturtransfers" vermutet er "religious experts" sowie auch zweisprachige Sänger. Es sei aber nicht auszuschließen, dass Hesiod orientalische Mythen kennenlernte, als im 8. Jahrhundert v. Chr. der Warenaustausch im östlichen Mittelmeer intensiver wurde. Ein "Transfer" von Mythen könnte sogar auch bereits in der Späten Bronzezeit begonnen haben.
Der Beitrag von Rutherford ist für einen breiteren Leserkreis empfehlenswert. Die folgenden Aufsätze vermitteln Klassischen Philologen und Linguisten mannigfache Informationen und Anregungen. Pietro Pucci untersucht den Stil Hesiods in der "Theogonie". Er betont den Abwechslungsreichtum in der Darstellung des Polytheismus in dieser Dichtung (37-70). Jenny Strauss Clay erläutert die "ausufernde Mischung" in der Fülle der Themen in den "Werken und Tagen" (71-90). Sie erkennt aber als Leitfaden in diesem Gedicht den Weg zur areté (71-90). Ettore Cingano vergleicht die epischen Texte, die als Werke Hesiods galten, mit der epischen Poesie, die Homer zugeschrieben wurde (91-130). Christos Tsagalis erörtert die unterschiedliche Thematik in den "Werken und Tagen", der "Theogonie" und im "Frauenkatalog" (131-177). Albio Cesare Cassio analysiert die Sprache Hesiods und die Diktion im sogenannten Corpus Hesiodeum. Er vermutet, dass zumindest einige "nicht homerische" dialektale Besonderheiten auf eine Tradition in der lyrischen Dichtung sowie auch auf gesprochene Dialekte zurückgehen (179-201). Antonios Rengakos erläutert die Erzählkunst Hesiods. Er sucht zu zeigen, dass lediglich die "Theogonie" und "Werke und Tage" mehr oder weniger narrative Texte sind (203-218).
Hesiods Einfluss auf Kallimachos erörtert Evina Sistakou (219-252), und Richard Hunter untersucht antike Stellungnahmen zum Stil Hesiods (253-269). Gregory Nagy liefert eine Zusammenstellung der antiken Nachrichten zum Leben und zur Zeit Hesiods (271-311). Franco Montanari rekonstruiert das Bild, das antike Gelehrsamkeit von Hesiod gewonnen hat (313-342). Abschließend skizziert Gianpiero Rosati die Rezeption Hesiods in der lateinischen Literatur (343-374).
Der Sammelband liefert ein Panorama gegenwärtiger Forschungen zu Hesiod. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis bestätigt die Spannweite der von den Autoren des Buches behandelten Themen (375-408). Allerdings vermisst man eine größere Berücksichtigung der historischen Aspekte, die sich aus der Hesiodlektüre ergeben. So enthält das Proömium zur "Theogonie" (80ff.) Hinweise auf die Entstehung eines institutionellen Gefüges einer "politischen" Gemeinschaft, wenn es hier heißt, dass auf einem Gerichtsplatz die versammelte Menge zu einem Basileus, der heftigen Streit durch seine Beredsamkeit schlichtet, aufsieht wie zu einem Gott. Bemerkenswert ist auch, wie der Dichter in den "Werken und Tagen" (344f.) das Verhalten einer Dorfgemeinschaft schildert, wenn einer Familie Unglück droht.
Karl-Wilhelm Welwei