Melanie Bauer: Die Universität Padua und ihre fränkischen Besucher im 15. Jahrhundert. Eine prosopographisch-personengeschichtliche Untersuchung (= Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte; Bd. 70), Neustadt a.d. Aisch: Verlagsdruckerei Schmidt 2012, VI + 780 S., ISBN 978-3-87707-848-8, EUR 39,00
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Während die Universität Bologna schon lange auf ihre Frequentierung durch deutsche Studenten seit dem Hochmittelalter hin erforscht wird, fehlen - mit Ausnahme Pavias - in der Universitätsgeschichte Abhandlungen zu den kleineren Studienorten wie Ferrara, Padua, Perugia und Siena [1]. Zu der hohen Schule von Padua legt nun Melanie Bauer eine Studie vor, die sich auf die fränkischen Besucher der norditalienischen Universität konzentriert. Für diese Auswahl spricht einerseits die herausragende Präsenz der Franken, die diese Hochschule aufgrund der Handelsbeziehungen zwischen Venedig und Nürnberg (83) bevorzugt aufsuchten, und andererseits der bekannte Quellenreichtum der (Familien-)Archive der Reichsstadt, die beispielsweise in Gestalt von Geschlechterbüchern beredte narrative Quellen enthalten. Von Paduaner Seite hingegen liegen seit 2001 die Promotionsakten des 15. Jahrhunderts in Edition vor, die, wie Bauer betont, in der deutschsprachigen Universitätsforschung noch kaum genutzt werden (5).
Dies leistet die Autorin, die darüber hinaus ein ansehnliches Material an unedierten Quellen zusammengestellt hat. Dabei ragen die im Archivio di Stato di Padova aufgefundenen Imbreviaturen eines deutschen Notars heraus (29f.). Sie bargen einen neuen Nachweis zu Peter Luders Padua-Aufenthalt (78, Anm. 231), Mietverträge (152), Testamente - u. a. auch dasjenige eines deutschen Bäckers in Padua - (153; 311), Aufzeichnungen zu Kreditgeschäften (154), zum Einsetzen von Prokuratoren an der römischen Kurie (354) usw. Die Findigkeit der Autorin hat auch ansonsten Interessantes zu Tage gefördert, etwa eine Grabinschrift eines in Padua an der Pest verstorbenen deutschen Studenten (156), oder auch eine Quelle zur Studienfinanzierung durch vorzeitige Auszahlung der Erbschaft (170).
Auf der breiten Quellengrundlage basieren Bauers prosopographische Ausführungen zu den Lebenswegen der Franken, mit den Koordinaten Herkunft, Studienweg, Karriereerfolg, welche auf eine konzise Einleitung zur Geschichte und zum Promotionswesen der Universität Padua folgen. Statistische Ergebnisse sind sowohl tabellarisch als auch graphisch aufbereitet.
Methodisch sind zwei Aspekte hervorzuheben:
Erstens hat sich die Autorin nicht nur auf die fränkischen Juristen konzentriert, sondern auch auf die Mediziner - und dabei gaben ihr die Schedelschen Handschriften bedeutende Quellen an die Hand. Die weniger bekannten Juristen und Mediziner, deren Lebensläufe durch Bauers Studie besser konturiert werden, stellen selbstredend eine wichtige Basis für die Verortung von Gestalten wie Hermann und Hartmann Schedel, Willibald Pirckheimer oder Gregor Heimburg dar. Bezüglich des Schweinfurters können im Übrigen die Zweifel der Autorin an den auch in der neuesten Literatur kolportierten Aussagen, der "Laienrat" Heimburg habe nicht die niederen Weihen erhalten, bestätigt werden: In der Tat hatte er nicht auf dieses zeitübliche Karrieresprungbrett verzichtet [2], und insofern lag das Besondere darin, dass er die Heirat mit der reichen Christina Lorbeer einer ihm offen stehenden traditionellen "Pfründenlaufbahn" vorzog.
Zweitens analysiert Bauer aufgrund ihrer eingehenden Handschriftenstudien unter dem Stichwort "Kulturtransfer" erfreulicherweise auch den Buchbesitz der Studenten. Dabei werden einige Autographen identifiziert und in Reproduktion dargeboten (236 und 247f.), und es werden Überlegungen zur humanistischen Schrift angestellt (246-251). Was die Juristen angeht, so sei insbesondere auf die häufig erwähnten Consilia-Sammlungen hingewiesen, die noch immer einer systematischen Auswertung für den deutschsprachigen Raum harren. Dafür, und für viele weitere Aspekte, bietet der 128 Biogramme umfassende Personenkatalog eine veritable Fundgrube, die den eigentlichen Wert der Arbeit ausmacht.
Von einer Gesamtbewertung des deutschen Italienstudiums und des Stellenwerts der kleineren und mittleren Universitäten im Spätmittelalter ist die Forschung noch weit entfernt. Bauers Studie schlägt eine wichtige Schneise in das Dickicht der Überlieferung. Sowohl landes- als auch universitätsgeschichtlichen Arbeiten wird sie gute Anregungen geben.
Anmerkungen:
[1] Zu Siena jetzt: Tobias Daniels: Un processo penale e la presenza dei tedeschi a Siena nella prima metà del Quattrocento, in: Studi Senesi 123,1 (2011), 7-35, sowie ders.: Oratoria accademica all'università di Siena alla metà del Quattrocento: Nuovi testimoni tedeschi, in: Studi Senesi 2012 (im Erscheinen).
[2] Siehe Repertorium Germanicum 4, Nr. 6786 und 5, Nr. 2441 (nachgewiesen seit 1421); vgl. http://www.romana-repertoria.net.
Tobias Daniels