Johann Wolfgang Bauer: Aishas Grundlagen der Islamrechtsergründung und Textinterpretation. Vergleichende Untersuchungen (= Reihe für Osnabrücker Islamstudien; Bd. 6), Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2012, XXVI + 406 S., ISBN 978-3-631-63280-2, EUR 64,80
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"Sogt's amol! Seid's es olle Islamisten?" So unterbrach mich vor einigen Jahren in Freiburg ein neugieriger Tourist in einer etwas zu lauten Unterhaltung mit Kollegen. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass man im Wiener Dialekt für "Islamwissenschaft" noch die schöne alte Bezeichnung "Islamistik" verwendet, was, wenn man einmal an Orientalistik - Orientalist, Arabistik - Arabist etc. denkt, ja auch nicht einer gewissen Systematik entbehrt. Leider aber ist der Begriff problematisch geworden, seitdem alle Welt von "Islamisten" spricht und anderes darunter versteht.
Was nun den Wiener "Islamisten" Wolfgang Bauer angeht, dessen Buch hier in Rede und Frage stehen soll, so hat er tatsächlich einiges falsch verstanden. Aber fangen wir von vorne an. Die zu besprechende Publikation beruht auf einer Dissertationsschrift, die im Rahmen der nicht-bekenntnisgebundenen Islamwissenschaft an der Universität Wien (Prof. Lohlker) angefertigt wurde. Die Arbeit jedoch will ihrer ganzen Ausrichtung und Deklaration nach einen Beitrag nicht zur Islamwissenschaft, sondern zur jungen islamischen Hochschultheologie in Deutschland sein. Um die Arbeit an den Maßstäben zu messen, an denen sie auch tatsächlich gemessen werden darf, lege ich deshalb die Maßstäbe der Theologie, nicht der Islamwissenschaft zugrunde. Die nicht unerhebliche institutionengeschichtliche Problematik, die daraus resultiert, dass diese Schrift an einem islamwissenschaftlichen Lehrstuhl durchging, klammere ich vorerst aus.
Zur geistigen Arbeit einer modernen Theologie lässt sich sagen, dass sie wesentlich darin besteht, den Glauben ins Gespräch mit der Wissenschaft zu bringen, ihn aufs Spiel zu setzen, ihn zu verändern und schließlich in einer geläuterten Form auf höherer Ebene wiederzugewinnen. Würde die Theologie nicht so verfahren und etwa isoliert vom Tun der anderen Geisteswissenschaft nur aus sich selbst heraus im Sinne ihrer eigenen Tradition den rechten Glauben festschreiben, wäre sie keine Wissenschaft, sondern bloße Dogmenpflege. Leider ist nun aber das, was Bauer vorgelegt hat, genau dies: Dogmenpflege in einer besonders starren Variante, und ganz gewiss keine moderne Theologie.
Bauer macht die Kernsätze der sunnitisch-orthodoxen Dogmatik zum Rahmen, innerhalb dessen sich die Untersuchung abzuspielen hat, den sie aber nicht in Frage stellen darf. Die Generalprämisse, die Bauer seiner Studie zugrunde gelegt hat, besagt: Mit dem Propheten Muḥammad und seinen Gefährten war es so, wie die kanonische Überlieferung lehrt. Punkt. Folglich geht das, was in den Sammelwerken der kanonischen Überlieferung auf ʿĀʾiša, die Gattin des Propheten, überliefert wird, buchstäblich auf sie zurück. Punkt. Auf dieser Grundlage sammelt Bauer die überlieferten Aussprüche ʿĀʾišas und gleicht sie mit den Auslegungsregeln der juristischen Hermeneutik (uṣūl al-fiqh) ab, wie sie in den Standardwerken späterer Jahrhunderte systematisiert wurden. Wenn Bauer feststellt, dass eine von ʿĀʾiša überlieferte Argumentation zu einer bestimmten Auslegungsregeln passt, etabliert er diese Auslegungsregel als Teil von ʿĀʾišas juristischer Hermeneutik. Der Rest ist Typographie. Die Auslegungsregeln stehen in Fettdruck und von 1 bis 139 durchnummeriert als Überschrift voran. Die passenden ʿĀʾiša-Überlieferungen folgen nach, womit bewiesen ist, dass ʿĀʾiša, die hochweise Gattin des Propheten Muḥammad, die Klaviatur einer Jahrhunderte später entwickelten juristischen Hermeneutik souverän beherrscht.
In einigen wenigen Fällen lassen sich die Überlieferungen mit keiner Position einer Rechtsschule in Einklang bringen. Bauer beschreibt dann eine eigene ʿĀʾiša-Position unabhängig von den vier Rechtsschulen (S. 254) und lässt ʿĀʾiša eine Art eigenen maḏhab avant la lettre vertreten. Was soll man dazu sagen? Selbst wenn alles so wäre, wie Bauer glaubt, wenn also die Texte, wie sie uns heute in den kanonischen Sammlungen vorliegen, ʿĀʾišas wörtliche Rede originalgetreu dokumentieren würden und nur ein vernachlässigbarer Anteil davon verfälscht wäre - das lässt sich zwar nach all dem, was wir von der islamischen Tradition wissen, einfach nicht voraussetzen, aber geben wir es Bauer in "heuristischer" Absicht zu -, selbst dann funktioniert das nicht, was er versucht. Es ist in etwa so, als würde man dem, der eine Sprache in einer bestimmten Weise gebraucht, unterstellen, er sei ein Grammatiker und würde mit seinem Sprachgebrauch für bestimmte grammatische Prinzipien argumentieren und sich an sprachwissenschaftlichen Debatten beteiligen. Bauers Vorgehensweise sei kurz an folgender Überlieferung aus al-Buḫārīs Ṣaḥīḥ veranschaulicht:
Als Aisha über die Bedeutung des Verses >Wir haben dir ja al-Kauthar gegeben< (108:1) gefragt wurde, antwortete sie: "Ein Fluss, welcher eurem Propheten (sas) gegeben wurde, auf dessen beiden Ufern sind ausgehöhlte Perlen, seine Trinkgefäße sind wie die Anzahl der Sterne." (376)
Diese exegetische Überlieferung belegt nach Bauer, dass ʿĀʾiša Regel Nr. 12 befolgt hat: "Offenbarung ist von den Quellen der Sunnah" (61), weil die Auslegung, die sie liefert, nicht "durch eigene rationale Überlegungen erlangt" (62) worden sein könne. Weiterhin zeige diese Überlieferung, dass ʿĀʾiša Regel Nr. 19 beherzigt habe ("Die Sunnah ist ein legitimer Beleg für ʿAqīdah-Inhalte"), weil es sich bei dem, was al-Kauthar sei, um eine "Zweigfrage in der ʿAqīdah (Glaubensüberzeugungen)" (65) handele. Da der Prophet nicht erwähnt wird, soll ʿĀʾiša sich mit dieser Aussage auch zu Regel Nr. 31 bekennen: "Es ist zulässig ein Prophetenwort oder dessen sinngemäßen Inhalt ohne Angabe der Quelle zu erwähnen" (80). Und schließlich vertrete sie implizit die Auffassung, dass - damit sind wir bei Regel Nr. 80 - die "Sunnah (Prophetenwort, -Praxis oder Billigung) ... einen mudjmal-unklaren Ausdruck im Koran klären" kann (176). Ich frage mich: Woher nimmt Bauer die Gewissheit, dass all das, was er in so einem Text sieht, sollte er tatsächlich von ʿĀʾiša stammen, auch schon ʿĀʾiša selbst intendiert hat? Was macht ihn so sicher, dass er nicht Dinge, die erst viel später entwickelt wurden, in diese Texte hineinliest? Um sich gegen derartige Einwände zu verteidigen, hätte er klarstellen können, dass er nur untersucht, welche uṣūl al-fiqh-Regel aus dem ʿĀʾiša-Korpus heraus begründbar sind, ohne damit etwas über die historische ʿĀʾiša aussagen zu wollen. Aber Bauer differenziert hier nicht nur nicht, nein, er stellt seiner Arbeit noch eine "Einführung zu Aishas Bildung und kritischen Persönlichkeit" (33-38) voran, die die Aussagen der theologischen Tradition über ʿĀʾiša geradezu schamlos in eine oberflächlich psychologisierende Kurzbiographie übersetzt. Einige Kostproben:
"Neben ihrer auswendigen Kenntnis des gesamten Korans weist auch die große Anzahl ihrer Überlieferungen darauf hin, dass sie nicht nur sehr aufmerksam war, sondern auch eine starke Merkfähigkeit besaß" (34).
"Auch Aisha selbst war sich über ihr fundiertes Wissen im Klaren, was ihr sicherlich maßgeblich an Selbstsicherheit verlieh, und auch die Anerkennung ihres Wissens seitens der Prophetengefährten festigte sie vermutlich darin" (35).
"Von ihrem breiten Horizont zeugen nicht nur ihr Bewandertsein in der damaligen Poesie, sondern auch ihre medizinischen Kenntnisse" (38).
Selbst wenn wir von der theologisch-heilsgeschichtlichen Dimension dieser ganzen Überlieferung absehen und probeweise davon ausgehen, dass es sich um eine Überlieferung mit quasi historischem Anspruch handelt, ist eine derart ungebrochene Überführung der dort getroffenen Aussagen in eine Darstellung von ʿĀʾišas Person nicht möglich, will man auch nur ansatzweise geisteswissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Die Aussagen der Überlieferung stehen - auch wenn diese Überlieferung historisch sein wollte und echt wäre - im Horizont einer Zeit, die nicht mehr die unsere ist. Dieser Horizont müsste also rekonstruiert werden, wollte man sich dem Sinn der Aussagen annähern. Dabei wird unser Lesen von Vorurteilen regiert, die wir niemals restlos aufklären können. Bauer wie auch seine Kollegen aus Ägypten und Saudi-Arabien aber sehen hier überhaupt keine Probleme, weil sie - bildlich gesprochen - Geschichte nur als einfache Veränderung innerhalb ein und desselben Koordinatensystems, nicht als allumfassende perspektivische Verschiebung denken. Das wiederum hat damit zu tun, dass die islamische Welt nicht nur keine Aufklärung, sondern, als Folge davon, natürlich auch keinen Historismus durchlaufen hat. Die Erkennbarkeit von Geschichte wurde im islamischen Kulturkreis nie so tief problematisiert wie im 19. Jahrhundert in Europa. Man sieht keine Geschichte in unserem Sinne, keine ständige Verschiebung von Perspektive und Horizont, sondern nur Veränderungen in Zyklen. Quellen, die nicht absichtlich verfälscht wurden, bedürfen deshalb auch keiner über die reine Klärung der sprachlichen Gegebenheiten hinausgehenden Interpretation. Und so ist der Zugriff auf ʿĀʾiša durch die ʿĀʾiša-Überlieferung hindurch nicht das geringste Problem. Es steht ja alles da!
Halten wir also fest: Selbst wenn wir akzeptieren, dass die Texte wortwörtlich von ʿĀʾiša stammen, lässt sich an Bauer kritisieren, dass er ʿĀʾiša hemmungslos zur Projektionsfläche der Vorstellung macht, die er selbst vom System der klassischen Rechtshermeneutik (uṣūl al-fiqh) hat. In Wahrheit aber dürften - auch und gerade aus einer gemäßigt (gemäßigt!) islamischen Perspektive - die Texte der Überlieferungen, mögen sie auch im Kern auf eine real existierende Prophetengattin namens ʿĀʾiša zurückgehen, ihre Gestalt und ihren Sinn im Laufe der Zeit verändert haben. Sogar schon die mittelalterliche Traditionsgelehrsamkeit (ʿulūm al-ḥadīṯ) gesteht ein, dass die Texte der Überlieferungen - anders als der Koran - im Laufe ihrer Geschichte Veränderungen erfahren haben, mögen die Gelehrten diese Veränderungen auch nicht als Ausdruck kontextueller Verschiebungen denken, sondern beispielsweise als abweichende Formulierung eines sich gleich bleibenden Gedankens oder als erläuternde "Zusätze" (ziyādāt), die einen ursprünglichen Sinn besser herausarbeiten. Hier könnte eine moderne (moderne!) Reformtheologie anschließen und etwa versuchen, Kraft ihres Denkens solche Zusätze als Ausdruck eines gewandelten Verständnisses umzudeuten. Von da aus ließe sich dann auf die grundsätzliche Legitimität aktualisierender Umdeutung schließen. Man könnte sagen: Wenn Gestalt und Sinn der Überlieferungstexte sich dem jeweils herrschenden Verständnis anpassen, wenn sie etwa in Systematisierungsprozesse hineingezogen und dem juristischen Denken einer späteren Zeit angeglichen wurden, dann können sie, auch wenn sie im Kern auf frühe Autoritäten zurückgehen, kein maßstabsgetreues Bild der prophetischen Heilszeit mehr geben. Diese Zeit erscheint dann nur wie hinter einem durch die Ablagerungen langer Jahrhunderte getrübten und gewölbten Glas milchig und verzerrt. Damit aber sind die Texte offen für Umdeutungen, die sich vom Buchstaben lösen. Das nur als Andeutung eines Weges, den ein reformislamischer Denkansatz nehmen könnte. Bauer aber macht das genaue Gegenteil davon. Er klammert sich auftrumpfend an den Buchstaben der Überlieferung. Er zementiert das System der islamischen Rechtsgelehrsamkeit, wie es im sechsten islamischen Jahrhundert voll entfaltet war und in den Darstellungen des 20. Jahrhunderts simplifizierend zusammengefasst wurde, indem er dieses System mit Brachialgewalt auf die ʿĀʾiša der kanonischen Sammlung, die er für eine real so existiert habende Original-ʿĀʾiša hält, rückprojiziert. Das ist eine fundamentalistische oder mit dem islamischen Begriff: salafistische Haltung. Bauer sagt: Zurück zu ʿĀʾiša! Er will ja seinem eigenen Bekunden nach die späteren uṣūl al-fiqh an ʿĀʾišas uṣūl al-fiqh (!) messen und die juristische Hermeneutik durch einen Vergleich mit den ʿĀʾiša-Überlieferungen dort, wo sich die Texte unter keiner bekannten Regel subsumieren lassen, auch ein wenig zur Kritik anregen, einer Kritik freilich, die keine modernisierte, sondern nur eine andere fundamentalistische Variante der orthodoxen Rechtshermeneutik hervorbringen kann. Die "Kritik", die Bauer vorschwebt, ist eine Läuterung am Ideal einer Ursprungszeit. Damit fällt Bauer weit hinter das Niveau der Traditionskritik etwa eines Naṣr Ḥāmid Abū Zaid - raḥimahū llāh - zurück. Naṣr Ḥāmid Abū Zaid hat trotz all der Schwächen, die seinem Denken anhaften, doch zu einer ersten kritischen Distanz gegenüber der islamischen Tradition gefunden und etwa in seiner völlig zu Unrecht wenig beachteten Magisterarbeit zu aš-Šāfiʿī gezeigt [1], wie sich im Grunde erst mit aš-Šāfiʿī das islamische Recht, wie wir es heute kennen, zu formieren beginnt - ein Prozess, der dann mit den Werken, auf die Bauer sich stützt, seinen Abschluss findet.
Es ist schon sehr bezeichnend, dass Bauer ganz bewusst gerade die frühen uṣūl al-fiqh ausspart (28). Hier - immerhin auch schon zwei bis dreihundert Jahre nach ʿĀʾiša! - ist nämlich das ganze Regelsystem, das Bauer so problemlos bei ʿĀʾiša wiederfindet, erst am Aufkeimen. Die Begriffe sind noch im Fluss, die Regeln noch nicht verfestigt. Die juristische Hermeneutik steht im Dialog mit Theologie und griechischer Philosophie. Hier zeigt sich sehr deutlich, wie die späten uṣūl al-fiqh konstruiert wurden. Ich habe das en détail für die juristische ʿāmm / ḫāṣṣ-Exegese nachgewiesen. Bauer zitiert die betreffende Studie zwar, aber es ist ein bloßes name dropping.
Was das Verhältnis von uṣūl al-fiqh und ḥadīṯ-Text angeht, so hat man sich das unabhängig von Bauer als einen wechselseitigen Annäherungs- und Beeinflussungsprozess vorzustellen: Die juristischen Regeln werden zum Teil aus den Texten des kanonischen Korpus entwickelt, bilden aber auch ein eigenes System, das eigene Gesetzmäßigkeiten und Anforderungen kennt, und in einer umgekehrten Bewegung werden dann auch die Texte den juristischen Regeln angepasst. Deshalb beweist es nichts, wenn die Überlieferungen auf ʿĀʾiša zu den Regeln der juristischen Hermeneutik passen. Es ist Grundlage und Wesenskern der juristischen Hermeneutik, solche Passungen herzustellen. Diese Passungen sind umso genauer, je später der Zeitpunkt ist, zu dem man die juristische Hermeneutik betrachtet. Bauers Resultat ist, gerade auch weil er sich auf späte uṣūl al-fiqh-Werke konzentriert, hochgradig trivial. Seine Arbeit markiert einen Tiefpunkt dessen, was bislang an deutschsprachigen Universitäten zum Themenkreis islamisches Recht/islamisches Überlieferungswesen geleistet wurde.
Erschwerend kommt hinzu, dass Bauer ganz gezielt provoziert. Es beginnt schon damit, dass er sich "Islamwissenschaftler" und die Islamwissenschaftler "Orientalisten" nennt. Ich habe als Islamwissenschaftler keine Vorbehalte gegen den Begriff des Orientalisten und verwende ihn bei Gelegenheit auch gerne als Selbstbezeichnung, aber Bauer nennt die Islamwissenschaftler nur deshalb "Orientalisten", um sich selbst "Islamwissenschaftler" nennen zu können. Als islamischen Theologen will er sich nicht sehen, weil er diesen Begriff für die Theologie im engsten Sinn reserviert (kalām bzw. uṣūl ad-dīn). Der Umstand, dass die Dissertation an einem islamwissenschaftlichen Institut entstanden ist, verschafft Bauer sogar eine oberflächliche, rein juristische Legitimation, sich "Islamwissenschaftler" zu nennen. Da das, was er macht, aber keine Islamwissenschaft ist und auch keine sein will, steht dahinter der unverhohlene Versuch, die Definitionshoheit über den Begriff "Islamwissenschaft" zu erobern. Dazu stelle ich klar: Islamwissenschaft ist eine historische Wissenschaft bzw. eine Geisteswissenschaft in der Tradition von Humanismus, Aufklärung und Historismus und findet als solche ihren Platz im Fächerkanon unserer Universitäten. Das hat nichts, aber auch rein gar nichts mit dem zu tun, was "ʿilm - Wissen, Wissenschaft" in der tradierten sunnitisch-orthodoxen Theologie bedeutet. Was Bauer versucht, ist wiederum durchaus mit dem ʿilm der tradierten sunnitisch-orthodoxen Theologie konform, nicht aber mit Wissenschaft in der abendländischen Tradition, für die er den Begriff der okzidentalen Tradition verwendet. Was Bauer macht, ist auch keine moderne Universitätstheologie. Die moderne christliche Theologie hat ihre dogmatischen Voraussetzungen in einem Maß reflektiert und auch relativiert, das sich kaum von der kritischen Perspektive unterscheidet, mit der Orientalisten, d.h. Islamwissenschaftler, sich der islamischen Tradition nähern. Legt man die zeitgenössische evangelische Hochschultheologie als Maßstabe zugrunde, dann ist das, was Bauer geliefert hat, keine Theologie, sondern eine Art Frömmigkeitsliteratur, gut 300 Seiten fromme Prosa!
Mit dem Einwand, dass wir in der islamischen Überlieferung eine Heilsgeschichte vor uns haben, die möglicherweise - ausgemacht ist hier gar nichts - auf einen historischen Kern zurückgeht, aber trotzdem Heilsgeschichte bleibt, hält Bauer sich gar nicht erst auf. En passant wischt er in zwei längeren Fußnoten (Nr. 63 und Nr. 75) alles beiseite, was eine durch Aufklärung und Historismus gegangene Orientalistik bzw. Islamwissenschaft zur islamischen Tradition zu sagen hätte. Goldzihers und Schachts Auffassung, dass wir es bei den Prophetenüberlieferung mit Legitimationserzählungen zu tun haben, die bestimmte theologischen oder juristischen Auffassungen untermauern sollen, hält Bauer mit Motzkis Kritik an Schacht und Juynboll für erledigt. Motzki ist in der Tat weniger skeptisch als Schacht und hat auch Juynboll kritisiert, wobei es aber um technische Feinheiten der isnād-cum-matn-Analyse ging. Für alle Islamwissenschaftler, auch Motzki, gilt nach wie vor das, was Juynboll am Beginn seines Aufsatzes zu einigen frauenverachtenden Überlieferungen gesagt hat: Während Muslime eine Überlieferung vom Propheten als authentisch akzeptieren, sobald sie in den kanonischen Sammlungen auftaucht, fordern Islamwissenschaftler einen davon unabhängigen Nachweis mithilfe textkritischer Methoden. [2] Das gilt so auch für Motzki, der vielleicht der am wenigsten skeptische und gegenüber den skeptischen Islamwissenschaftlern kritischste Islamwissenschaftler ist, aber nichtsdestotrotz auf Schacht aufbaut. Schacht hat die Methode, die Motzki weiter entwickelt, überhaupt erst erfunden. So zu tun, als sei Schacht mit Motzki erledigt, ist grob irreführend. [3] Motzki veranschlagt die textuelle Verfestigung der islamischen Überlieferung so früh wie kein anderer Islamwissenschaftler; was aber die Zeit des Propheten und seiner Gefährten angeht, so wagt auch Motzki nicht mehr als die bloße Vermutung, dass manche Überlieferungen einen historisch wahren Kern haben könnten. Bauer entledigt sich auf unredliche Weise der intellektuellen Pflicht, sich auch und gerade als islamischer Theologe mit der Grundsatzkritik an der islamischen Tradition auseinanderzusetzen. Er spielt den Namen "Motzki" wie einen Trumpf gegen die Namen "Schacht", "Juynboll" und "Goldziher" aus und glaubt, so die Zweifel an der islamischen Tradition wohlfeil entsorgen zu können. Dagegen sage ich: Die islamische Tradition deutet eine ursprüngliche Zuschreibung von Texten und Aussagen an eine Prophetenfigur als Überlieferung von dieser Figur um. Das ist ihr versteckter Grundimpuls. Erfolgreich ist diese Umdeutung insofern, als sie von den meisten Muslimen geglaubt wird, was aber nicht heißt, dass sich ihre Spuren in den Texten nicht nachweisen ließen. Die Zweifel an der islamischen Tradition lassen sich begründen, und also muss auch eine moderne islamische Theologie darauf eingehen.
Es gäbe bestimmt mehrere intelligente Möglichkeiten, aus einer reflektiert-gläubigen Perspektive darauf zu reagieren und mit der Islamwissenschaft ins Gespräch zu kommen, aber Bauer ignoriert diese Zweifel einfach. Er tut so, als gäbe es sie nicht. Eine Theologie, die diesen Namen verdient, hätte sich damit auseinandersetzen müssen. Eine "infantile Theologie", wie sie Bülent Ucar in unfreiwilliger Selbstironie und wohl auch aus der Absicht, möglichst harmlos zu wirken, gefordert hat, sollte - Spaß beiseite! - an unseren Universitäten nicht möglich sein. [4]
Bauer tut so, als käme er aus dem islamischen Mittelalter und als hätte sich seitdem geistesgeschichtlich nichts getan. Nicht nur sein Umgang mit den Überlieferungen auf ʿĀʾiša ist anachronistisch, diese ganze Arbeit ist ein einziger großer Anachronismus. Bauer reproduziert die tradierten Formen der ḥadīṯ-Gelehrsamkeit ohne nennenswerte Modifikation. Soll das, diese Scheuklappentheologie, die neue islamische Theologie sein, die mit viel staatlicher Förderung an unseren Universitäten herangezüchtet wird?
Man sieht es im Grunde schon an den Fußnoten: Selbst wenn Bauer alles gelesen hätte, worauf er verweist, hätte er so gut wie nichts von unserer abendländischen Geistestradition rezipiert, weder von der Islamwissenschaft noch darüber hinausgehend. Die in ihrer Verbindung von thematischer Breite und Gründlichkeit bislang unübertroffene Darstellung der gesamten uṣūl al-fiqh von Bernhard Weiss, "The Search for Gods Law", - das Standardwerk für uṣūl al-fiqh-Studien schlechthin - steht nicht im einmal Literaturverzeichnis. Von Schacht führt Bauer nur zwei kürzere Aufsätze an, von Goldziher gar nichts, nicht mal seine thematisch passende und immer noch lesenswerte Studie über die Ẓāhiriten. Die Koranübersetzung von Paret hat Bauer nicht verwendet, dafür eine saudi-arabische (!) Übersetzung.
Die in der Einleitung angekündigte "Verortung des ʿāmm-Ausdrucks in der Semantik" stellt sich als ein Exkurs von dreieinhalb Druckseiten (256-259) heraus. Bauer zitiert und kommentiert einige Definitionen des Begriffsumfangs u.a. aus Metzlers Lexikon "Philosophie" oder von der Internetplattform Wikipedia (!), wobei Belanglosigkeiten herauskommen wie etwa die Feststellung "Die Auffassung der Extension in der Mengenlehre / im mathematischen Gebrauch scheint grundsätzlich dem ʿāmm-Ausdruck zu entsprechen" (257). Bauer nimmt das, was er "okzidentale Hermeneutik und Semantik" nennt, nur so weit zur Kenntnis, wie es sich bruchlos in seinen Horizont einfügen lässt, der mithin keinerlei Erweiterung erfährt. Bauers Herangehensweise erinnert an die Art, wie man in Saudi-Arabien die technischen Errungenschaften der westlichen Welt rezipiert, nämlich rein äußerlich-instrumentalistisch, ohne sich auf die intellektuellen Hintergründe einzulassen. Bauer versteht das, was er "Hermeneutik und Semantik" nennt, als eine Art Hilfswissenschaft, die er zum lästigen, aber eben obligaten Nachweis einer gewissen Interkulturalität und Interdisziplinarität dort einfügt, wo es die Glaubensprämissen nicht gefährdet.
Wenn Bauer es mit seiner Horizonterweiterung ernst gemeint hätte, hätte er anderes lesen, und vor allem nicht nur lesen, sondern auch verarbeiten müssen. Ich empfehle Bauer, sollte er seinen Horizont ernsthaft erweitern wollen, einmal das Studium von Lessings theologiekritischen und philosophischen Schriften, um zu erfahren, was sich so alles an dem Konzept der Offenbarungsreligion kritisieren lässt. Danach sollte er die unter dem Titel "Hermeneutik und Kritik" veröffentlichten Vorlesungen von Friedrich Schleiermacher zur Hand nehmen, um einen ersten Sinn dafür zu entwickeln, dass wir ständig in Gefahr sind, die Texte der Vergangenheit, und erst recht die religiösen Traditionen, falsch zu verstehen. Schließlich soll er zu Dibelius ("Formgeschichte des Evangeliums") und Bultmann ("Geschichte der synoptischen Tradition") greifen, um zu erfahren, zu welch kritischer Leistung christliche Theologen fähig waren. Wenn das Bauer zu viel ist, sollte er vielleicht nur das lesen, was Naṣr Ḥāmid Abū Zaid für seinen Aufsatz Iškāliyāt al-qirāʾa wa-āliyāt at-taʾwīl gelesen hat: "Hermeneutics" von Richard Palmer, eine handliche Einführung in die Thematik. Ein vergleichbarer Titel auf Deutsch wäre Jean Grondins "Einführung in die philosophische Hermeneutik". Speziell zur Kritik der Evangelien empfehle ich von Sanders und Davies: "Studying the Synoptic Gospels". Würden die sunnitisch-orthodoxen ḥadīṯ-Studien sich einmal gründlich und ernsthaft damit auseinandersetzen, wie die christliche Theologie mit ihrer heiligen Tradition umgeht, dann wäre das zumindest ein erster Schritt in Richtung Horizonterweiterung.
Aber ich fürchte, dass es dazu nicht kommen wird, denn fremde, d.h. nicht-islamische Einflüsse bereiten Bauer sichtliches Unbehagen. In der langen Fußnote Nr. 75 sagt er dazu: Islamische Gelehrte, zu denen er sich auch selbst rechnet, seien sich einig über den göttlichen Ursprung des islamischen Rechts und könnten die Entwicklung des islamischen Rechts daher aus den Offenbarungstexten und mit Gottes Handeln erklären. Anders die Ungläubigen. "Vor allem nichtmuslimische Forscher müssen für das Auftreten des Islams im Allgemeinen und dessen Islamrecht und seine Wissenschaften im Speziellen andere Begründungen finden, da dies, wenn nicht von Gott offenbart und angeleitet, nicht aus einem Vakuum entstehen konnte" (29). Aha. Die historische Kontextualisierung religiöser Texte ist also nur etwas für Ungläubige. Weil sie nicht glauben können, dass Muhammad göttlich inspiriert ist und etwa der Koran schon seit Urewigkeit auf der wohlverwahrten Tafel verzeichnet ist, "müssen" sie ersatzweise nach historischen Einflüssen suchen. Islamische Gelehrte sind, da sie annehmen können, dass Gott selbst den Koran offenbart und Muhammad angeleitet hat, natürlich in einer überlegenen Position.
Die islamische Theologie soll dem unkontrollierten Treiben in den Hinterhofmoscheen ein Ende bereiten. Nachdem ich Bauers Studie gelesen habe, muss ich sagen: Wenn Bauers Stil sich innerhalb der islamischen Theologie durchsetzen sollte, dann kommt die Hinterhofmoschee an die Universität. Bauer kultiviert eine ultraorthodoxe Glaubenslehre, von der ich niemals gedacht hätte, dass man sie an europäischen Universitäten zur Verhandlung zulassen würde. Es ist auch überhaupt nicht einzusehen, wie sich auf dieser Grundlage die weiten Teile des islamischen Rechts, die mit unserer Gesellschaftsordnung schlechthin unvereinbar sind, aufheben und relativieren lassen sollten. Die jungen Christen, die aus den streng evangelikalen Gemeinden des Erzgebirges nach Leipzig kommen, um Theologie zu studieren, klagen darüber, dass so viel von dem, was ihnen bisher heiligste Überzeugung war, leichtfertig aufs Spiel gesetzt und in Frage gestellt wird. Viele quälen sich während der ersten Semester nur mit innerem Ekel durch ihr Studium, das sie als nicht gerade ungefährliche Prüfung ihrer Glaubensfestigkeit erleben. Der Kölner Salafist, der künftig nach Osnabrück geht, um sich bei Bauer zum Imam oder Religionslehrer ausbilden zu lassen, wird solcherart Anfechtung und Gewissensnot nicht fürchten müssen.
Auch der Stil der Arbeit ist übrigens eine Zumutung. Bauer ist seinem Namen nach kein Migrant, aber sein Deutsch, insbesondere in den Übersetzungen, ist sperrig und verquast. Einige Kostproben: Den Satz "iḏā arāda llāhu bi-ʿabdihī l-ḫaira ʿaǧala lahū l-ʿuqūba fī d-dunyā" übersetzt Bauer als "Wenn Allah mit (für) Seinem Diener das Gute will, gibt Er für ihn die Strafe (bereits) frühzeitig im Diesseits" (403). In halbwegs passablem Deutsch könnte das ungefähr so lauten: "Wenn Gott einen Menschen zum Heil bestimmt hat, beeilt er sich, ihn (noch) im Diesseits zu bestrafen." Sätze mit Partizip aktiv als Prädikat, wie sie im Arabischen recht häufig sind, übersetzt Bauer stets eins zu eins ins Deutsche: "wa-huwa ṣāʿim - während er fastend war" (394), "wa-hiya ṭāmiṯ - während sie menstruierend ist" (400) usw. Nur leider kann im Deutschen das 1. Partizip nicht als Prädikatsteil verwendet werden. Es besteht auch überhaupt keine Not, sich so zu verrenken. Die betreffenden Sätze lassen sich sehr gut verbal wiedergeben. Vgl. hierzu W. Fischer, Grammatik des Arabischen, § 201ff. Ein interessanter Fall von Bauer-Deutsch ist auch der Satz "Ich hoffe, dass ich der Gottesfürchtigste unter euch bin und der Wissendste, vor was ich mich zu hüten habe!" So übersetzt Bauer "innī la-arǧū an akūna aḫšākum li-llāhi wa-aʿlamakum bi-mā attaqī". "Der Wissendste" als Wiedergabe von aʿlam soll, wieder streng analog zum Arabischen, ein Superlativ zu "wissend" sein, allerdings können im Deutschen Partizipien nur dann gesteigert werden, wenn das Partizip von seinem Verb isoliert ist. Eine Möglichkeit, den Satz grammatisch zu übersetzen, wäre: "Ich denke doch, dass ich der Gottesfürchtigste unter euch bin und am besten weiß, wovor ich mich zu hüten habe!" Ich empfehle Bauer dringend, sollte er wieder eine seiner Verschriftlichungen veröffentlichen wollen, vorher die Kapitel einer Dudengrammatik zu Gebrauch des Partizips durchzuarbeiten. Ein letztes Beispiel stellvertretend für Dutzende andere: Die Exegeseregel "al-ʿibratu bi-ʿumūmi l-lafẓi lā bi-ḫuṣūṣi s-sabab" übersetzt Bauer als "Das Augenmerk ist auf der Umfassendheit des Ausdrucks und nicht auf der Spezifität des Anlasses". Die Regel besagt, dass man sich bei der Rechtsableitung aus normativen Texten, zu denen die Umstände ihrer Äußerung bzw. Offenbarung überliefert werden, trotzdem nur an den allgemeinen Wortlaut hält, also: "Zu berücksichtigen ist der allgemeine Wortlaut, nicht der besondere Äußerungsanlass!" Diese Beispiele sind durchaus repräsentativ. Bauers Übersetzung ist - gemessen an der Wiedergabe des arabischen Sinns - nicht krass falsch, aber ohne Not schwer lesbar und im Deutschen zwar nicht unverständlich, aber oft schwerfällig und ungrammatisch. Bauer klebt an der arabischen Syntax, was eine gute Übersetzung ja bekanntlich vermeiden soll. Bauers ungelenker Stil dient dabei nicht dazu, irgendwelche Nuancen besser herauszuarbeiten, die anders nicht zu haben wären, nein, ganz und gar nicht. Oft verzerrt die Übersetzung den Sinn, und oft gerade in einer der Orthodoxie genehmen Weise. Qāṣṣ beispielsweise übersetzt Bauer als "Freitagsprediger" (385), ein qāṣṣ jedoch ist kein Freitagsprediger, sondern ein Geschichtenerzähler. Die Geschichtenerzähler aber haben einen schlechten Leumund. Sie verwenden viel Material, das nicht aus der islamischen Tradition kommt - Stichwort: isrāʾīlīyāt -, weshalb man ihnen misstraut. Allerdings waren sie wichtig und haben den frühen Islam stärker geprägt, als es der Orthodoxie lieb ist, wovon sich in den Quellen Spuren erhalten haben, Spuren, die Bauer mit seiner Übersetzung tilgt. Hierzu grundlegend Goldziher, Muhammedanische Studien II, 153-174, und Neue Materialien zur Litteratur des Ueberlieferungswesens bei den Muhammedanern, 478f.. Hätte ich die Übersetzung nicht abgeglichen, hätte ich gedacht, dass im Arabischen ḫaṭīb o.dgl. steht. Von einer apologetischen Tendenz kündet auch die Übersetzung von fatḥ im Zusammenhang mit der Eroberung von Mekka als "Eröffnung" (363, 397). Dass Bauer raʾā auch an den Stellen, an denen es besser "Denken" heißen sollte, konsequent mit "Sehen" übersetzt, scheint mit der orthodoxen Abneigung gegen den raʾy, die rationale Spekulation, zusammenzuhängen. Soweit die Übersetzungen. Mit seinem eigenen, nicht aus dem Arabischen übersetzten Text, sieht es kaum besser aus. Eine Kostprobe: "Obwohl diese Fragestellung der Zulässigkeit des Küssens während des Fastens nicht die Verordnung dieses Gottesdienstes an sich betrifft, steht sie doch direkt damit in Zusammenhang. Offensichtlich erachtet Aisha die Erlaubnis zum Küssen während des Fastens als vernunftgemäß nachvollziehbar damit begründet und verknüpft, die Lust im Zaum halten zu können, was gemäß der Bedeutung des Fastens sehr nachvollziehbar erscheint" (97). 330 Seiten in diesem Stil! Abschließend will ich noch darauf hinweisen, dass der hanafitische Jurist "Abū al-Ḥasan al-Karakhī" (9) in Wahrheit Abū al-Ḥasan al-Karḫī heisst, nach dem Bagdader Stadtviertel Karḫ. Und es heisst šarʿ man qablanā, nicht "man qablinā". Siehe Fischer, Grammatik des klassischen Arabisch, § 291 b.
Kurz und gut: Ich wünsche dieser Arbeit einen breiten Leserkreis, nicht, damit das darin enthaltene Gedankengut gedeihe, sondern, a) weil man es nicht glaubt, bevor man es nicht selbst gelesen hat, und b) weil ich davon überzeugt bin, dass diese Arbeit sich selbst richtet.
Anmerkungen:
[1] al-Imām aš-Šāfiʿī wa-taʾsīs al-īdiyūlūǧīya al-wasaṭīya, Kairo 1992.
[2] Siehe Juynboll: Some isnād-analytical methods illustrated on the basis of several woman-demeaning sayings from ḥadīṯ-literature, al-Qantara 10 (1989), 343f.
[3] Außerdem ist natürlich auch Motzki nicht über jeden Zweifel erhaben. Wenn es die Kritik an der islamischen Tradition zu kritisieren gilt, bietet er so viel Scharfsinn auf, dass er den Bogen seiner Argumentation mitunter überspannt. Seine eigenen Schlussfolgerungen aber haben natürlich auch ihre blinden Flecken und beruhen auf Voraussetzungen, die mindestens genauso problematisch sind wie die Voraussetzungen derer, gegen die er seine Kritik richtet. Und was die islamische Tradition selbst angeht, so bekommt sie die Schärfe seiner subtilitas kaum je zu spüren. Es würde nun aber zu weit führen, von Bauer auf Motzki zu kommen. Eine sehr fundierte Kritik an Motzkis Methoden hat kürzlich Stephen J. Shoemaker vorgelegt: In Search of ʿUrwa's Sīra: Some Methodological Issues in the Quest for "Authenicity" in the Life of Muḥammad, Der Islam Bd. 85 (2011), 257-344.
[4] Bülent Ucar: "Islamische Theologie in Deutschland? Die Ausbildung von Religionslehrern und Theologen an staatlichen Hochschulen", in: Herder Korrespondenz Spezial 2-2009, 33.
Hans-Thomas Tillschneider