Rezension über:

Massimiliano Bassetti / Antonella Degl'Innocenti / Enrico Menestò (a cura di): Forme e modelli della santità in occidente dal tardo antico al medioevo (= Uomini e mondi medievali; 31), Spoleto: Fondazione Centro Italiano di Studi sull'alto Medioevo 2012, X + 200 S., 5 s/w-Abb., ISBN 978-88-7988-579-9, EUR 27,00
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen

Rezension von:
Otfried Krafft
Institut für Mittelalterliche Geschichte, Philipps-Universität, Marburg
Redaktionelle Betreuung:
Ralf Lützelschwab
Empfohlene Zitierweise:
Otfried Krafft: Rezension von: Massimiliano Bassetti / Antonella Degl'Innocenti / Enrico Menestò (a cura di): Forme e modelli della santità in occidente dal tardo antico al medioevo, Spoleto: Fondazione Centro Italiano di Studi sull'alto Medioevo 2012, in: sehepunkte 14 (2014), Nr. 6 [15.06.2014], URL: https://www.sehepunkte.de
/2014/06/23393.html


Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Andere Journale:

Diese Rezension erscheint auch in KUNSTFORM.

Massimiliano Bassetti / Antonella Degl'Innocenti / Enrico Menestò (a cura di): Forme e modelli della santità in occidente dal tardo antico al medioevo

Textgröße: A A A

Es handelt sich bei dem besprochenen Band um eine Zusammenstellung von acht Beiträgen, die aus einem Ausstellungskatalog über heilige Patrone von 1999 erwachsen ist. Die ersten fünf Beiträge des Buches befassen sich mit Heiligen in einer typologischen Gliederung, die zunächst sinnvoll erscheint: Märtyrer, Bischöfe, Mendikanten, Kreuzzugsheilige und Mystiker. Die übrigen Aufsätze handeln von Fragen der hagiographischen Überlieferung und der bildlichen Darstellung von Heiligen. Bei der Lektüre fällt alsbald auf, dass die hier versammelten Beiträge thematisch und methodisch so wenig aufeinander abgestimmt sind, dass sie nur in knapper Einzelkritik zu besprechen sind.

Gennaro Luongo stellt in seinem Beitrag fest, dass der unter den Heiligen üblicherweise den Märtyrern eingeräumte zeitliche Vorrang mit Vorsicht zu genießen ist. Einen Gegensatz zum Asketentum findet er in den spätantiken Quellen nicht, zugleich entwickelt er daraus eine diachrone Begriffsgeschichte von "martyr" bis zum 5. Jahrhundert.

Alba Maria Orselli konzentriert sich auf den engen Zusammenhang zwischen den weltlichen Aufgaben der Bischöfe und ihrer hagiographischen Stilisierung, etwa bei Gefangenenbefreiung oder dem Schutz der Städte. Der Weg vom Schützer des Gemeinwesens zum Stadtpatron wird damit deutlich, doch verengt sich der Blick dabei auf eine italienische Perspektive, die der anderswo in Europa und unter abweichenden politischen Bedingungen ebenfalls florierenden Heiligkeit der Bischöfe keinerlei Rechnung trägt.

Franco Cardini kommt zu der nicht neuen Aussage, dass es keine eigentlichen Kreuzfahrerheiligen gegeben habe, gleichwohl unterbleibt eine tiefergehende Prüfung möglicher Gegenbeispiele (etwa Heinrich von Bonn, 1147 gestorben vor Lissabon) [1] oder typologischer Mischungen (wie bei Ludwig IX. von Frankreich).

Stefano Brufani beschäftigt sich mit der Heiligkeit im Umfeld der Bettelorden seit 1215, die nicht zufällig zu der Zeit zu florieren begann, als sich die Päpste das Recht zur Kanonisation exklusiv reservierten. All dies ist eine Wiederaufnahme eines bereits gedruckten Beitrags zu diesem Thema, wobei deutschsprachige Literatur vom Autor nicht wahrgenommen wird.

Francesco Santi macht seinen Überblick über die "santità mistica" an einer Reihe von Protagonisten fest, die mit Anselm von Canterbury und Bernhard von Clairvaux ansetzt: Dies ergibt eine spannende und differenzierte Entwicklungsgeschichte der Mystik, allein die Komponente der Heiligkeit ist hier auf die Marienverehrung reduziert.

Antonella degl'Innocenti gibt einen Überblick über die hagiographischen Legendare, der von den Anfängen bis zu den Bollandisten reicht. Da die europäischen Perspektiven der Überlieferung und der Forschung berücksichtigt werden, bleiben weder zeitliche noch räumliche Lücken. All das ergibt in Verbindung mit einer präzisen Begriffsbestimmung und typologischen Untergliederungen einen sehr fundierten Beitrag zur Quellenkunde.

Aus der Perspektive der Kunstgeschichte untersucht Giulia Orofino die Darstellung von Heiligen in Handschriften kommunaler Statuten anhand italienischer Beispiele (aus Bologna, Siena, Perugia, Modena). Auch Giovanna Lazzi befasst sich mit der Ikonographie von Heiligen, speziell mit deren Abbildung beim Lesen und Schreiben, wobei sie sich weitgehend auf Florenz und das humanistische Umfeld im 15. Jahrhundert konzentriert. Beide Aufsätze werden mit Bildern in Schwarzweiß illustriert.

Die Konzeption des Gesamtbandes weckt trotz seiner langen Reifezeit Zweifel - ungeachtet des sehr weitgefassten Titels finden sich zeitliche Sprünge, unterschiedliche Belegdichte und abweichende Zitiersysteme, wozu der teils sehr enge Fokus auf Italien und die mitunter hohe Spezialisierung kommen. Die versammelten Beiträge stehen im Ganzen recht unverbunden nebeneinander. Als Überblicksdarstellung kann das Werk, dem ein Register fehlt, somit nicht dienen, selbst wenn einigen der Beiträge ohne Zweifel eine weite Verbreitung gebührt hätte.


Anmerkung:

[1] Otto Pfülf: Die Heerfahrt des sel. Heinrich von Bonn und seiner Gefährten, in: Stimmen aus Maria-Laach 47 (1894), 24-48.

Otfried Krafft