Peter M. Daly: The Emblem in Early Modern Europe. Contributions to the Theory of the Emblem, Aldershot: Ashgate 2014, XIII + 234 S., ISBN 978-1-4724-3013-7, GBP 70,00
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Seit der Erscheinung von "Dichtung und Emblematik bei Catharina Regina von Greiffenberg" im Bouvier Verlag Bonn im Jahr 1976 hat Peter M. Daly umfangreich und kontinuierlich auf dem Forschungsgebiet der Emblematik gearbeitet. Die Fülle, Vielfalt und Verve seiner Beiträge sind bemerkenswert und suchen in dieser Disziplin, ohne zu übertreiben, vergeblich ihresgleichen. Auch nach vierzig Jahren der Forschung und des Fragenstellens ist Daly, Emeritus Professor der McGill University zu Montréal, nicht müde geworden, mit großer Frische, scharfem Urteil und ungebrochener Hingabe in seiner stets lesenswerten, lebensnahen Diktion das komplexe, teils undurchschaubare Zusammenspiel von Wort und Bild zu beleuchten. So lässt auch der Titelkommentar "Beiträge zur Emblemtheorie" erahnen, dass in dieser bereits 2014 erschienenen kumulativen Arbeit nicht die clavis emblematica präsentiert wird, sondern aktuelle respektive (bislang) unbeachtete Fragen an den Forschungsgegenstand behandelt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven, die Daly wählt, um die kritische Auseinandersetzung mit Emblemen und Emblemtheorie(n) verständlich und interessant auf der Höhe aktueller Forschungsmeinungen darzustellen, kommt es in dieser Monografie zu einer beindruckenden Dichte an gewonnenen Erkenntnissen und neuen Arbeitshypothesen.
In ihrer Gesamtheit umspannt die Publikation zehn Einzelbeiträge. Schon die Überschriften offenbaren die Bandbreite der Ausgangspunkte und legen in den formulierten Fragen nah, dass sich Embleme vereinheitlichender, Epochen übergreifender Bewertungs- und Deutungskategorien entziehen, was für diesen Drucker, für jene Korpora gilt, muss nicht zwangsläufig übergreifend für alle anderen gelten.
Der sehr programmatisch gehaltenen Einleitung folgend stellt das erste Kapitel in chronologischer Reihenfolge vier Synapsen unterschiedlicher Theorieansätze vor (Praz, Freeman, Heckscher, Schöne), welche die wissenschaftliche Beschäftigung mit Emblemen maßgebend beeinflusst haben. Das Kapitel bezeugt das schwierige Unterfangen die Gattung unter der Vorgabe, eine gültige, zeitüberdauernde Definition zu finden, einzugrenzen und klar zu fassen. Daly würdigt die Leistungen Mario Praz' (1939) und Rosemary Freemans (1948) [1] auf dem Gebiet der Emblemataforschung, die man allerdings in ihren Kontexten bewerten sollte. Bereits früh in diesem sehr zu empfehlenden Buch wird klar, dass der Autor, wenn auch immer nur beiläufig, fast wie eine Interlinearglosse, betont, dass eine Theoriebildung um ihrer selbst willen keinen Fortschritt darstellt, einzig das "Konsultieren" zeitgenössischer Quellen, wie beispielsweise Georg Friedrich Harsdörffer [2], könne Einsichten gewähren und Hypothesen nahelegen. Ein Ad-Fontes-Impetus ist überall gegenwärtig.
Im zweiten Kapitel versucht Daly herauszufinden, welche Bedeutung Emblemata in der Frühen Neuzeit hatten. Für welche Zielgruppe waren derartige Publikationen wichtig? Andrea Alciatos Emblematum Liber (1531) ist bereits im sechszehnten Jahrhundert mehrfach aufgelegt worden. Aber was sagt das über die tatsächliche Rezeption und Wahrnehmung dieser und anderer Sammlungen aus? Aus welchem Vorwissen und Kontexten entstanden eigentlich zeitgenössische Kriterien zur ästhetischen Bewertung von Emblemen? Folgerichtig schließen an solche Fragen Überlegungen zu Inhalt ("Truth in Emblems", Kapitel 3) und Funktion ("Emblems as Transmitters of Knowledge and Traditions", Kapitel 4) an, die durch eine Auswahl eindeutiger Beispiele und aussagekräftiger Querverweise ergänzt werden.
Im fünften Kapitel setzt sich Daly kritisch mit der Annahme auseinander, Embleme müssten im Kontext einer wie auch immer verstandenen ars memorativa bewertet werden, wobei deutlich offenbar wird, dass die memoria eine kontroverse, kaum vertrauenswürdige Kategorie darstellt.
Nachfolgende Einzeluntersuchungen (Kapitel 6, 7 und 8) nähern sich dem Forschungsgegenstand mit kontroversen Fragen an: Gibt es eine Form der Bildrhetorik in einigen Emblemen? Sind Inscriptiones immer Mottos? Wie sind Embleme eigentlich zu verstehen und wie sind sie in der Zeit ihrer Entstehung verstanden worden?
Das Buch kulminiert in einer Abschlussbetrachtung von Jesuiten Emblemen, welche beispielhaft verdeutlicht, wie man sich Emblemata unter Anwendung seiner, von Daly aus den vorangegangenen Kapiteln resultierenden Maßgaben wissenschaftlich annähern sollte. Mit anderen Worten: Das Buch reiht sich am Ende selber in die Reihe der Klassiker zur Emblemataforschung ein, denn das letzte Kapitel hat paradigmatischen Charakter.
Resümierend darf konstatiert werden: Hier schreibt ein Polyhistor seines Faches, der nie den Unkundigen in seiner Disziplin aus den Augen verloren hat und gleichzeitig seinem akademischen Ethos getreu jeder Fragestellung unter jedem denkbaren Gesichtspunkt gewissenhaft und diskursfreudig nachspürt. In der Art des Schreibens klar und verständlich (- gelegentlich humorvoll, vgl. Fußnote 5, 152) in den Beispielen und Vergleichen pointiert und überzeugend, in den Fragestellungen präzise und kritisch avanciert The Emblem in Early Modern Europe auf jeder Seite zu einem empfehlenswerten Beitrag für jeden interessierten Leser, der die Lebensleistung eines herausragenden Forschers auf seinem Gebiet zu würdigen weiß.
Leider sind einzelne Abbildungen (zum Beispiel: 7.1, 157 und 10.6, 201) qualitätsmindernd reproduziert worden. Hier wünscht man sich eine bessere typografische Nachbearbeitung durch den Verlag, (vor allem bei Abbildung 10.3, 191, die schief abgedruckt worden ist). Denn das Buch hat solche Herstellungsmängel nicht verdient (z.B. 150: Finally, I am far from sure tha[t] statt im aktuellen Druck than, oder die Fußnotenumbrüche auf den Seiten 62-63; 81-82; 115-116 und 209-10).
Anmerkungen:
[1] Mario Praz: Studies in Seventeenth-Century Imagery, Rom 1939, 2. Auflage London 1964; Rosemary Freeman: English Emblem Books, London 1948.
[2] Georg Philipp Harsdörffer: Frauenzimmer Gesprächsspiele, hg. v. Irmgard Böttcher, Tübingen 1968-69.
Christof Ginzel