Bernadette Hofinger / Harald Kufner / Christopher F. Laferl u.a. (Bearb.): Die Korrespondenz Ferdinands I. Familienkorrespondenz Bd. 5: 1535 und 1536, Wien: Böhlau 2015, 714 S., ISBN 978-3-205-79591-9, EUR 79,00
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Jan Konst / Inger Leemans / Bettina Noak (Hgg.): Niederländisch-Deutsche Kulturbeziehungen 1600-1830, Göttingen: V&R unipress 2009
Wilhelm Haefs / York-Gothart Mix (Hgg.): Zensur im Jahrhundert der Aufklärung. Geschichte - Theorie - Praxis, Göttingen: Wallstein 2007
Alexander Schmidt: Vaterlandsliebe und Religionskonflikt. Politische Diskurse im Alten Reich (1555-1648), Leiden / Boston: Brill 2007
Die vorliegende Edition der Korrespondenz Ferdinands I. zwischen 1535 und 1536 stellt den nunmehr fünften Band der diesbezüglichen Reihe dar, die sich langsam als Vermächtnis der Habsburgerzeit entwickelte. Der erste Band erschien 1912, der zweite 1937/38, der dritte 1973/84 und der vierte 2000. Die Arbeiten am nun vorliegenden Werk dauerten zehn Jahre, da darf der Leser Gediegenheit erwarten. Entsprechend wurden die Bestände des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien, des Algemeen Rijksarchief Brüssel sowie des Archivo General de Simancas ausgewertet. Im Einzelnen handelt es sich für 1535 um die Edition von 97 Briefen, zwei "Sommaires" und einer Instruktion. Die meisten Briefe wurden in französischer Sprache geschrieben (84,5 %), der Rest in Deutsch (11,3 %), während lateinische und spanische Briefe nur vereinzelt auftraten. Aus 1536 sind 113 Schriftstücke überliefert, wiederum zumeist in französischer Sprache (79,5 %) sowie in Deutsch (19,4 %). Die Edition profitiert stark von der inzwischen vorliegenden "Politischen Korrespondenz Kaiser Karls V." (Polka), die von der Konstanzer Forschergruppe um Horst Rabe in den vergangenen Jahrzehnten erschlossen worden ist. [1] Den überkommenen Redaktionsrichtlinien wurde ein neues Element hinzugefügt: Die Briefregesten wurden nicht nur, wie bislang, in deutscher, sondern auch in englischer Sprache zur Verfügung gestellt, um die Wahrnehmung der Edition in der angelsächsischen Welt zu erhöhen. [2]
Die einzelnen Quellenstücke bestehen aus der Zeile mit Absender, Empfänger, Datum und Entstehungsort, den beiden Regesten in deutscher und englischer Sprache, der Archivsignatur (nebst eventuellen Vermerken zur Briefausstellung sowie einem Hinweis, wenn es sich um eine Kopie handelt), dem Brieftext in der Originalsprache und zum Schluss den Kommentaren, die nur in deutscher Sprache vorliegen.
Die beteiligten Korrespondenten waren überwiegend Kaiser Karl V., Erzherzog resp. König Ferdinand und Erzherzogin Maria, zunächst Königin von Ungarn, ab 1530 Generalstatthalterin in den Niederlanden. In den durch die Edition abgebildeten Jahren 1535 und 1536 bezog sich die habsburgische Familienkorrespondenz besonders auf vier Themenkomplexe, die auch schon in den Jahren zuvor bedeutsam waren: 1. Ferdinands Auseinandersetzungen um die Durchsetzung seines Königtums in Ungarn, 2. die fortgesetzten Spannungen zwischen den Habsburgerreichen und dem Osmanischen Reich, 3. die fortgesetzten Kriege gegen Frankreich und 4. die Konfessionsspaltung im Reich. Daneben wurden kleinere Konfliktfelder in der Korrespondenz behandelt, vor allem die Frage um die ungarischen Witwengüter Marias, den Tunisfeldzug 1535, die Konzilsbemühungen des Kaisers zur Überwindung der Konfessionsspaltung, die Verhandlungen mit den Anführern des Schmalkaldischen Bundes, das Verhältnis zu Heinrich VIII. von England, insbesondere nach dem Tod Katharinas von Aragon im Januar 1536, sowie Besitzstreitigkeiten in Oberitalien und im Sundgau. Die Themen zeigen, dass es sich vor allem um politische Korrespondenz handelte. Rein "private" Angelegenheiten, wenn der Begriff für das frühe 16. Jahrhundert in dynastischen Häusern überhaupt anwendbar ist, waren völlig in der Minderheit.
Die Edition wurde auf dem hohen Niveau der früheren Bände fortgesetzt, daher ist der zeitliche und personelle Aufwand auch gerechtfertigt. Der Wunsch jedes Historikers mit Schwerpunkt auf dem Reformationszeitalter, dass die gesamte sonstige Korrespondenz Karls V. in vergleichbarer Weise aufbereitet würde, wird leider unerfüllt bleiben - der Kaiser war an einem Briefwechsel beteiligt, der weit über 100.000 Einzelstücke umfasste, sodass eine Edition in zeitlicher wie finanzieller Hinsicht unmöglich ist. Immerhin können aber anhand der hier abgebildeten Briefe die wesentlichen Züge der Korrespondenzwelt der Habsburger plastisch werden - spätere Zeitalter werden einmal bedauern, dass etwa der Mobiltelefonverkehr heutiger Machthaber in mündlicher oder SMS-Form völlig unrekonstruierbar bleiben muss. - Der Band ist mit einem integrierten Personen-, Orts- und Sachregister versehen.
Anmerkungen:
[1] Vgl. dazu die Homepage http://karl-v.bsz-bw.de/einl.htm (letzter Aufruf: 20.03.2016, 16.07 Uhr).
[2] Vgl. zur Begründung die Überlegungen auf 8f.
Johannes Arndt