Thomas Würtz: Islamische Theologie im 14. Jahrhundert. Auferstehungslehre, Handlungstheorie und Schöpfungsvorstellungen im Werk von Sa'd ad-Din at-Taftazani (= Welten des Islam; Bd. 7), Berlin: De Gruyter 2016, VIII + 295 S., ISBN 978-3-11-039958-5, EUR 89,95
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Bei diesem Buch handelt es sich um die Dissertationsschrift von Thomas Würtz, die 2014 an der Universität Zürich angenommen wurde. Die Arbeit wird präsentiert als eine Analyse und Rekonstruktion des islamisch-theologischen Diskurses im 8./14. Jahrhundert am Beispiel von Saʿd ad-Dīn at-Taftāzānī (792/1390). Ziel des Verfassers ist es, aufzuzeigen, wie "klassische islamische Theologie funktioniert hat", um die "Bedeutung und Funktionen eines zeitgenössischen islamisch-theologischen Selbstverständnisses" (1) auszudiskutieren. Dies sei insbesondere für eine Gesellschaft wichtig, in der Muslime ihren Platz finden und ihre Rolle in ihr mit "Neuansätzen ausdeuten sollen". Taftāzānī sei gewählt worden, weil seinen Werken eine "ungebrochene Bedeutung" und "fortdauernde Relevanz" zukomme, zumal er bis heute an den wichtigen theologischen Fakultäten wie der Azhar Universität in Kairo gelehrt werde (1f.). Obschon die Arbeit ihre eigene Relevanz in Folge einer solchen Zielsetzung durch ihre Zuliefererfunktion für den aktuellen innerislamisch-theologischen Diskurs betont, wird sie selber von ihrem Ansatz her ausdrücklich im islamwissenschaftlichen Diskurs verortet (2). Trotz der Bedeutung, die Taftāzānī für die islamische Theologie zukomme, stünde eine "eingehende Beschäftigung mit Taftāzānīs Werk in der islamwissenschaftlichen Fachliteratur noch aus" (3). Der Grund dafür liege darin, dass für die islamische Theologie "in der Zeit von Taftāzānī eine allgemeine Stagnation attestiert" (4) wurde, wonach keine originellen Konzepte mehr vorgestellt würden. Würtz steht dieser Position zwar kritisch gegenüber, doch stimmt er dem Befund zu, dass zu dieser Zeit keine "innovativen theologischen Gedanken" mehr formuliert wurden. Dies sei aber darauf zurückzuführen, dass die Gelehrsamkeit einen methodischen und inhaltlichen Zenit erreicht habe. Dennoch fänden sich Akzentuierungen, denen nachzugehen sich durchaus lohne (3-6).
Würtz will das theologische System Taftāzānīs anhand dreier Themenfelder analysieren, die er für zentral hält: Auferstehungslehre (85-153), Handlungstheorie (154-241), Schöpfungslehre (242-277). Die Auswahl der Themengebiete orientiere sich am Curriculum der Azhar Universität, womit die aktuelle Relevanz der Themen insbesondere für muslimische Leser berücksichtigt wird (83). Die Eschatologie wurde gewählt, da sie eine zentrale Botschaft des Korans darstellt und somit als Herzstück der Theologie angesehen werden kann. Das Thema wird mit Rückblick auf den Einfluss von Ibn Sīnā (428/1037) auf die theologischen Diskurse reflektiert. Die Handlungstheorie wurde gewählt, um die Ergebnisse der Untersuchungen aus den eschatologischen Konzepten auf die Implikationen für die Gott-Mensch-Beziehung hin zu überprüfen. Die Analyse der Position Taftāzānīs in Bezug auf die Schöpfungslehre sei wichtig, um die Distinktion zwischen Theologie und Philosophie der behandelten Zeit herauszuarbeiten, zumal in der Schöpfungslehre auch kosmologische und naturphilosophische Konzepte in den theologischen Diskurs mit einfließen (82-84). Die Themenfelder analysiert der Verfasser dann anhand dreier zentraler Werke Taftāzānīs: der Šarḥ al-ʿAqāʾid an-Nasafīya, der Šarḥ al-Maqāṣid und der Tahḏīb al-manṭiq wa-l-kalām. Zwar wäre grundsätzlich eine Analyse der Erkenntnislehre Taftāzānīs, die mit drei eigens dieser Problematik gewidmeten Kapiteln im Šarḥ al-Maqāṣid sehr umfangreich ausfällt, sehr zu wünschen gewesen, um Taftāzānīs Theologie auch mit Rückblick auf seine Wissenschaftstheorie besprechen zu können. Allerdings ist es nur allzu verständlich, dass im Rahmen einer Dissertationsschrift nicht alle relevanten Themengebiete der islamischen Theologie wie Epistemologie, Prophetie oder Atomtheorie etc. eingehend besprochen werden können. Da wir zudem eine systematische Analyse der Erkenntnislehre von ʿAḍud ad-Dīn al-Īǧī (gestorben 7565/1355) seitens Josef Van Ess zur Hand haben [1] und es ferner gleich zu Beginn von Würtz hervorgehoben wird, dass wir uns nicht viel Innovatives von Taftāzānīs Ansätzen erhoffen dürfen, ist der Verweis auf die Studie von Van Ess ausreichend. Sie wird von Würtz auch an entscheidenden Stellen stets konsultiert. Die Dissertation von Würtz ist mit dieser Ausrichtung die erste Arbeit, die die Grundpfeiler des theologischen Gedankengebäudes des Taftāzānī mit Blick auf sein Frühwerk, sein Hauptwerk sowie auf einen späten Kommentar vor dem Hintergrund des theologisch-philosophischen Diskurses seiner Zeit systematisch analysiert.
Würtz entfernt sich bewusst von dem klassischen Aufbau der untersuchten Texte, um die innere Kohärenz der einzelnen Themen zunächst separat und anschließend in Bezug auf das Verhältnis zu anderen Gebieten besser herausarbeiten zu können (83f.): "Mit dieser Abfolge der Kapitel wird der chronologische Ablauf in der Heilsgeschichte, der bei der Schöpfung seinen Ausgang nimmt und über die diesseitige Welt mit den in ihr agierenden Menschen hin zur Eschatologie und zum Jenseits voranschreitet, umgekehrt." (83) Dass Würtz hier von "Heilsgeschichte" spricht, ist jedoch irreführend, da der Begriff aus der christlichen Theologie entlehnt ist und im Grunde kein Korrelat im islamisch-theologischen Diskurs hat. Eine Heilsgeschichte kennt nur den einen Ausgang des Heils, bei Zusage zur göttlichen Offenbarung. Ein solcher Ausblick ist jedoch in der islamischen Eschatologie auch für einen Gläubigen nicht gegeben, wie auch aus dem entsprechenden Kapitel von Würtz zu entnehmen ist (85-94, 152-154). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Würtz explizit davor warnt, Theologie im Sinne einer christlichen Vorstellung misszuverstehen - wiewohl auch Philosophie nicht im Sinne eines modernen Verständnisses vom Philosophieren verstanden werden dürfe -, ist der Begriff "Heilsgeschichte" unglücklich gewählt (8). Was wir im islamischen Kontext unter Theologie respektive der Philosophie zu verstehen haben, wird folgendermaßen ausgeführt: Unter Philosophie werde antike Philosophie sowie die neoplatonische Schule der muslimischen Denker verstanden. Auch Taftāzānī unterscheide zwischen kalām (gewöhnlich übersetzt als "systematische Theologie") und falsafa (Philosophie), hielte beides für nützlich, seine Schriften seien aber klar der Theologie zuzuordnen, obschon eine deutliche Beeinflussung von den falāsifa zu konstatieren sei, da er sich bei seinen Argumentationen auf die religiös-autoritativen Texte stütze, sowie im Aufbau seiner Werke an der kalām-Tradition orientiere - also ausgehend von epistemologischen Überlegungen den Abschluss mit der Beweisführung für die Wahrheit der Prophetie und des tawḥīd finde (6-9).
Auffällig jedoch für eine Arbeit, die ihre historische Perspektive so akzentuiert nach vorne trägt, ist das Fehlen der Doppelnennung der Lebensdaten nach christlichem und islamischem Kalender nebeneinander. Der Verzicht auf die Nennung der Hiǧra-Zählung ist aber eine bewusste Entscheidung des Autors und soll in seiner Sicht die historische Perspektive der Untersuchung noch einmal hervorheben. Begründet wird die Auslassung jedoch damit, "dass ein Buch zur islamischen Theologiegeschichte in deutscher Sprache Sachverhalte aus der islamischen Tradition am besten vergegenwärtigt und in wissenschaftliche Überlegungen einfließen lassen kann, wenn es [...] den vorhandenen Verständnishorizont als Ausgangspunkt" wähle (16). Nun könnte dem entgegengehalten werden, dass eine solche Auslassung sehr leicht auch eine verzerrte oder, entschärft ausgedrückt, eine gefilterte Sicht auf die historischen Verhältnisse provoziert, da dem Leser eben die Möglichkeit genommen wird, die genannten Daten unmittelbar mit dem Hiǧrī-Kalender zu vergleichen und somit ein Gespür für das Eigenverständnis der historischen Akteure zu entwickeln, die Gegenstand der Untersuchungen sind. Da die Doppelnennung jedoch auch in der islamwissenschaftlichen Forschung bereits üblich ist, ist diese Entscheidung von Würtz nicht genügend begründet.
Der Versuch einer treffenden Distinktion zwischen "Theologie" und "Philosophie" ist eine Frage, die den Autor durch alle Untersuchungen hindurch begleitet. So gelingt es ihm im Kapitel der Auferstehungslehre (85-153), die allmähliche und mit der Zeit immer dominantere Beeinflussung der Theologie seitens der Philosophie anhand der Genese des Begriffs maʿād aufzuzeigen. Der Begriff maʿād, der für die Auferstehungslehre im theologischen Diskurs verwendet wird, sei zwar koranischen Ursprungs, jedoch werde im Koran dieser Begriff nicht für die Auferstehung verwendet. Der Koran spreche vielmehr vom yawm al-qiyāma, Tag des Gerichts (86, 101ff.). Dass sich maʿād als Oberbegriff für die Auferstehungslehre etablierte, gehe auf das Werk Risāla al-aḍḥawīya fī l-maʿād (dazu: 47) von Ibn Sīnā (427/1037) zurück. Maʿād, als Ort der Rückkehr, passt natürlich sehr gut zu Ibn Sīnās neoplatonischer Weltanschauung, wonach alles Leben zurück zu seinem Ursprung kehrt (101ff.), steht aber entgegen dem klassischen ḥašr wa-l-ǧazāʾ, das z.B. Ġazālī (505/1111) bevorzuge (92-95). Im Unterschied zu Ibn Sīnā rücke Taftāzānī, der dem Thema in seinem Šarḥ ganze 114 Seiten widme, von der Vorstellung des maʿād als eines Ortes, von dem man herkommt und wohin man zurückkehrt, ab. Denn unter "Ort der Rückkehr" könne nur das Paradies oder die Hölle verstanden werden, mit Sicherheit jedoch sei die Hölle nicht der Ursprung des Menschen (104). Würtz hebt an dieser Stelle hervor, dass der Begriff maʿād im Koran nur einmal vorkommt (Q: 28/85) und im Grunde keine eschatologische Dimension aufweise, da der Vers den Propheten anspreche und ihm verkünde, dass er nach Mekka zurückkehren werde (105f.). Dass der Begriff dennoch von den Theologen übernommen und im Zusammenhang der Eschatologie diskutiert werde, mache den starken Einfluss Ibn Sīnās auf den theologischen Diskurs deutlich. Taftāzānī "konstatiert, dass sich zwischen den theologischen Untersuchungsfeldern (mabāḥiṯ) im kalām und dem Wissen um die religiösen Glaubensgrundsätze (ʿaqāʾid) eine offenkundige Fremdheit (aǧnabīya), d.h. Differenz, zeige. Er hebt hervor, dass diese Untersuchungsfelder nützlich seien, um die Glaubensartikel argumentativ zu untermauern und Zweifel von ihnen abzuwenden." (108) Durch diesen grundsätzlichen Tonus wird die Theologie sehr flexibel und offen für Argumente aus anderen Disziplinen, solange sie der theologischen Apologie dienlich sind.
Letztlich scheint Taftāzānī eine Mittelposition zu beziehen. Er übernimmt die Einwände der Philosophen und diskutiert die naturphilosophischen Probleme, wenn es um die Frage geht, wie die Auferstehung vonstattengehen soll. Schließlich enthält er sich einer endgültigen Position, da alle Alternativen möglich sind, sobald man zugesteht, dass es eine Auferstehung im Jenseits geben wird (152f.).
Im Rahmen des Kapitels zur Handlungstheorie (154-241) zeichnet Würtz die Evolution Taftāzānīs vom Māturīditen zum Ašʿariten nach, welche bereits von Daniel Gimaret herausgestellt wurde. [2] Dieser Befund Gimarets wird nun unter Einbeziehung des späten Kommentars Tahḏīb al-kalām, welcher von Gimaret noch nicht berücksichtigt wurde, erneut untersucht. In seinem Frühwerk ʿAqāʾid an-Nasafīya sei Taftāzānī noch deutlich dem māturīditischen Spektrum verpflichtet, das ändere sich jedoch mit seinen späteren Werken. Während das "Hauptwerk Šarḥ al-Maqāṣid die ganze Bandbreite der Diskussion" aufzeige, zeichne sich das Tahḏīb durch eine größere Systematik aus, wo auch allein eine schlüssige Handlungstheorie angeboten werde (238). Taftāzānī folge in den ʿAqāʾid noch dem Ansatz al-Māturīdīs, der von zwei Handlungsvermögen spreche: istiṭāʿa, also grundsätzliche Handlungsbefähigung und die Tat selbst, dessen Kraft (qudra) im Moment des Aktes von Gott erschaffen wird. "Aus der Kombination der beiden Handlungsvermögen ergebe sich dann ein Moment der Wahlfreiheit (iḫtiyār)." (166) Durch diese Wendung war eine Mitte zwischen dem hanafitischen und muʿtazilitischen Ansatz gefunden (165f.). Diese Distinktion gibt Würtz anhand eines Zitats aus den ʿAqāʾid wieder: "Das Handlungsvermögen (istiṭāʿa) existiert zugleich mit der Handlung und es ist das wirkliche Vorliegen des Handlungsvermögens (qudra), durch das sich die Handlung vollzieht." (180) Es überrascht an dieser Stelle, dass zwei distinkte Begrifflichkeiten im arabischen, die im selben Satz zur qualitativen Differenzierung zweier Handlungsvermögen dienen, im deutschen einheitlich mit demselben Begriff wiedergegeben werden. Es wäre z.B. denkbar gewesen, qudra in Abgrenzung zum "Handlungsvermögen" mit "Handlungsbefähigung" wiederzugeben. Es folgt auch keine Anmerkung in der Fußnote oder eine Erklärung für diese Übersetzung im Nachhinein. Erst im Zuge des nächsten Kapitels zur Schöpfungslehre findet der Leser dann eine Erklärung des qualitativen Unterschieds zwischen den beiden Begriffen, wenn es da heißt, dass istiṭāʿa "zur Kennzeichnung des distinkt menschlichen Handlungsvermögens gedient hatte", während qudra ein zunächst für das göttliche Handlungsvermögen reservierter Terminus war (242). Würtz merkt hier jedoch an, dass die Differenzierung zwischen den beiden Begriffen mit der Zeit obsolet wurde, da die Theologen "nur Gott wahres Handlungsvermögen" zuschreiben wollten (242).
Nach aufmerksamer vergleichender Lektüre der Werke hält Würtz für die Handlungstheorie die Beobachtung fest, dass der für die ašʿaritische Theologie zentrale Begriff der Aneignung (kasb) in den ʿAqāʾid und im Maqāṣid nur "sporadisch auftaucht", während er im Tahḏīb eine systematische Verwendung finde (238ff.). Mit seiner Untersuchung revidiert Würtz eines der diskursbestimmenden Forschungsergebnisse von Gimaret, der bei Taftāzānī zusätzlich zu seiner Evolution zum Ašʿariten "gegen Ende sogar ǧabritische Tendenzen ausgemacht" hatte (239). Obschon Würtz Gimaret darin zustimmt, dass man "schwerlich von einer Originalität Taftāzānīs in handlungstheoretischen Fragen sprechen" könne, könne man es nach Einbeziehung des Tahḏīb in die Überlegungen als ausgeschlossen erachten, dass Taftāzānī ein "Neo-Ǧabrit" gewesen sei (239). Der Befund Gimarets, dass Taftāzānī in seinem Spätwerk zur ašʿarītischen Position neigte, wird auch von Würtz bestätigt, zumal sich im Tahḏīb "eine übersichtliche Systematisierung der Argumente in ašʿaritischen Begriffen erkennen" lasse (239). Betrachte man hingegen die handlungstheoretischen Überlegungen vor dem Hintergrund der eschatologischen Konzepte, so werde eine Diskrepanz zwischen den beiden Ebenen des theologischen Systems deutlich: "Leuchtet in der Auferstehungslehre die ethische Relevanz von Handlungen im Schein des Jüngsten Gerichts, flackert auf der anderen Seite ihrer Entstehung nur spärlicher Widerschein einer kleinen Flamme menschlichen Beitrags zu den eigenen Handlungen. Dieser Beitrag findet handlungstheoretisch kaum seinen Platz in allumfassender göttlicher Ursächlichkeit und damit Schöpfertätigkeit." (241)
Der Befund der Evolution Taftāzānīs vom Māturīditen zum Ašʿariten wird im letzten Kapitel zur Schöpfungslehre (242-277) noch einmal untermauert, indem aufgezeigt wird, dass Taftāzānī sich vom māturīditischen Konzept entfernt und es sogar offen als falsch kritisiert (258). Anstelle der Vorstellung, dass das Erschaffen (takwīn) ein ewiges Attribut Gottes ist und er daher auch vor jeglicher Schöpfung als der Schöpfer bezeichnet werden muss, trete nun wieder die qudra als Losung göttlicher Allmacht in den Vordergrund, die die Ašʿariten favorisieren (259, 276). Viel wichtiger scheint mir aber in Bezug auf die paradigmatischen Rahmenbedingungen des theologischen Diskurses im 8./14. Jahrhundert der Befund zu sein, dass das neoplatonische kosmologische System der Emanation - trotz scharfer und populärer Kritik seitens al-Ġazālī - "Anklang bei den späten mutakallimūn gefunden hat" (276), wodurch insbesondere "die Dominanz der philosophischen Sprache" (277) im theologischen Diskurs zutage trete. Man lehnte dann zwar die Ewigkeit der Welt ab - da die Welt dann ein notwendiger Ausfluss aus Gottes Wesen wäre und die Idee eines souveränen und autonomen Schöpfergottes unterminieren würde -, dennoch wurde das kosmologische System mit dem Vermerk übernommen, dass das Universum so von Gott erschaffen worden ist, womit man dann ein für damalige Verhältnisse fortgeschrittenes weltanschauliches Konzept zur Hand hatte, mit dem man auch sehr bequem Theologie betreiben konnte (262-277, 282f.).
Die vorliegende Arbeit darf, insbesondere aufgrund der umfangreichen historischen Analysen und biografischen Ausführungen, als eine Standardquelle für die Taftāzānī- bzw. Māturīdī-Forschung angesehen werden. Begrüßenswert ist der Versuch, eine Distinktion zwischen Theologie und Philosophie für die Zeit des 8./14. Jahrhunderts zu ermitteln, der als eine Leitfrage bei allen Themengebieten systematisch verfolgt wird. In diesem Zusammenhang ist besonders die Einsicht Würtz hervorzuheben, dass der Philosophie gegenüber der Theologie eine dominante Stellung zukam, welche sich als sehr wertvoll für die künftige Forschung erweisen kann. Dieser Umstand wird allerdings in der Schlussbetrachtung (278-283), welche mit gerade einmal sechs Seiten sehr spärlich ausfällt, nicht ausreichend besprochen. Auch die Implikationen für einen möglichen modernen Ansatz in der Theologie, die zu Beginn als eigentliches Forschungsziel angekündigt wurden, werden nicht diskutiert. Zwar kann sich eine Arbeit, die sich explizit im islamwissenschaftlichen Spektrum verortet, ausnehmen, die theologischen Fragen den Theologen zu überlassen. Immerhin wäre es zu wünschen gewesen, dass Würtz zumindest abschließend die Anwendbarkeit von Ergebnissen, die einem veralteten kosmologischen System verpflichtet waren, auf ihre Übertragbarkeit auf eine zeitgenössische Theologie hin problematisiert. Eine Theologie ohne eine ausdifferenzierte Kosmologie scheint - folgt man der Untersuchung von Würtz - nicht kohärent.
Anmerkungen:
[1] Josef Van Ess: Die Erkenntnislehre des ʿAḍudaddīn al-Īcī, Wiesbaden 1966.
[2] Daniel Gimaret: Théories de l'acte humain en théologie musulmane, Paris 1980.
Hureyre Kam