Joachim Kremer (Hg.): Magdalena Sybilla von Württemberg. Politisches und kulturelles Handeln einer Herzogswitwe im Zeichen des frühen Pietismus (= Tübinger Bausteine zur Landesgeschichte; 27), Ostfildern: Thorbecke 2017, 191 S., 35 s/w-Abb., ISBN 978-3-7995-5526-5, EUR 25,00
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Joachim Bahlcke / Volker Dudeck (Hgg.): Welt - Macht - Geist. Das Haus Habsburg und die Oberlausitz 1526-1635, Görlitz: Verlag Gunter Oettel 2002
Karin J. MacHardy: War, Religion and Court Patronage in Habsburg Austria. The Social and Cultural Dimensions of Political Interaction, 1521-1622, Basingstoke: Palgrave Macmillan 2003
Der schmale Band reiht sich ein in eine ganze Folge von Sammelbänden und Monografien, die sich in den letzten Jahren mit Fürstinnen des Alten Reiches beschäftigt haben, und zwar gerade auch solchen, die bislang außerhalb der jeweiligen Landesgeschichte - und oft noch nicht einmal in dieser - kaum Berücksichtigung gefunden haben.
Dabei ist die Fürstin, die im Zentrum der Beiträge steht, zweifellos eine interessante und facettenreiche Gestalt: Magdalena Sibylla stammte aus dem Haus Hessen-Darmstadt, wurde lange Zeit am Hof ihrer Tante Hedwig Eleonore von Schweden erzogen und heiratete 1673 den Erbprinzen des Herzogtums Württemberg. Nach kurzer Ehe 1677 verwitwet, gelang es ihr, sich als Mitvormünderin ihres Sohnes Eberhard Ludwig durchzusetzen und damit über längere Zeit Einfluss auf die Entwicklungen des Herzogtums zu nehmen. Dass dies auch und gerade Kriegsjahre waren, gestaltete ihre herrschaftliche Tätigkeit sicher nicht einfacher. Nach dem Herrschaftsantritt des Sohnes 1697 zog sie sich auf ihr Wittum zurück und widmete sich stärker dem Sammeln von Büchern, der erbaulichen Dichtung und der Frömmigkeitspraxis.
Den Lebensweg und die Handlungsfelder dieser Fürstin will nun der Sammelband nachzeichnen, wobei (wie der Untertitel andeutet) ein Schwerpunkt auf ihrer Frömmigkeitspraxis und ihrer Aktivität als Büchersammlerin liegt. Dabei gelingt es immer wieder, interessantes Material zu heben; ein umfassendes Bild können die Beiträge allerdings nicht zeichnen. Das liegt wie so oft zum einen an Überlieferungslücken und fehlenden Vorarbeiten. Das liegt zum anderen aber auch daran, dass den meisten Beiträgen ein sehr enger Blick auf die Person der Hauptakteurin eigen ist.
Als Ausnahme hervorzuheben ist Jill Beplers Text, in dem sie bedachtsam und doch die Kontexte nie aus dem Blick verlierend über Korrespondenzen und Büchersammeln als funktionale Elemente von Selbstdarstellung und Selbstverständnis der Herzogin-Witwe nachdenkt. Buchbesitz spielt auch bei etlichen anderen Autoren eine Rolle - die beiden überlieferten Bibliotheksinventare der Herzogin bieten hier einen detaillierten Zugriff. In der Bibliothek befanden sich auch etliche Musikalien, die Gegenstand zweier weiterer Beiträge sind. Andere Texte widmen sich den geistlichen Dichtungen der Herzogin, für die etwa Judith Aikin detailliert nachweist, dass Magdalena Sibylla häufig Lieder anderer Autoren, vor allem auch adlig-fürstlicher Dichterinnen, als Anregung nutzte oder diese direkt nachdichtete. Auch das Bildprogramm ihrer Schlosskapelle im Wittumssitz Stetten wird in den Blick genommen.
Kritischen Umgang mit älteren Darstellungen und eine Bezugnahme auf neuere Forschungen zu Fürstinnen der Frühen Neuzeit sucht man in den Beiträgen jedoch meist vergebens. Immerhin verweist Sabine Holtz in ihrer einleitenden biografischen Skizze explizit auf das Missverhältnis zwischen der aktiven politischen Rolle Magdalena Sibyllas vor allem in der Zeit der Regentschaft und ihrer weitgehenden Ausblendung in der Landesgeschichte (27f.).
Der Auftaktsatz des Beitrages über Magdalena Sibyllas Rolle für den Pietismus in Württemberg kann dafür in gewisser Hinsicht als symptomatisch gelten: "In der württembergischen Landesgeschichte wäre eine adelige Dame wie Herzogin Magdalena Sibylla wohl kaum der Erwähnung wert, wäre sie nicht durch ihre geistlichen Gedichte und die von ihr zumindest mitinitiierte Ausstattung der Schlosskapelle an ihrem Witwensitz Stetten im Remstal hervorgetreten." (51) Mit einem solchen Zugang zur Rolle von Fürstinnen im Rahmen dynastischer Herrschaft hätte man vor 50 Jahren unwidersprochen arbeiten können - mittlerweile ist die Forschung einige Schritte weitergekommen. In der Mehrzahl der Texte dieses Sammelbandes lässt sich davon allerdings kaum etwas finden.
Katrin Keller