Joachim Oepen / Anna Pawlik: Das Abendmahlretabel von Bartholomäus Bruyn dem Älteren in St. Severin (= Ortswechsel; 3), Köln: Kolumba 2017, 87 S., zahlr. Farbabb., ISBN 978-3-9818008-1-4, EUR 25,00
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Georg Mölich / Joachim Oepen / Wolfgang Rosen (Hgg.): Klosterkultur und Säkularisation im Rheinland, Essen: Klartext 2002
Anna Pawlik / Michele C. Ferrari (Hgg.): Die Gumbertusbibel. Goldene Bildpracht der Romanik, Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum 2014
Toni Diederich / Joachim Oepen (Hgg.): Historische Hilfswissenschaften. Stand und Perspektiven der Forschung, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2005
Anlässlich der Präsentation des gereinigten Abendmahlretabels von Bartholomäus Bruyn d.Ä. (1493-1555) aus St. Severin im Kölner Museum Kolumba ist ein reich bebilderter Katalog erschienen, in dem Joachim Oepen und Anna Pawlik das Retabel in sechs Kapiteln hinsichtlich verschiedener Aspekte befragen.
Das wichtigste Ergebnis der mit der Reinigung einhergehenden Untersuchung ist die in einer Röntgenaufnahme auf der unteren Rahmenleiste der Mitteltafel sichtbar gewordene Inschrift. Sie benennt die Stiftung durch Konstantin von Lyskirchen und Elisabeth Hackeney im Jahr 1548 (61 und Abb. 14). Damit können die bereits in der Forschung - aufgrund der Auswahl der Heiligen auf den Außenseiten der Flügel - angestellte Vermutung einer Auftragsvergabe durch die Familie Hackeney bestätigt und das Stiftungsdatum bestimmt werden. Darauf basierend machen die Autoren durch Vergleiche mit Porträtgemälden plausibel, dass Familienmitglieder in den dargestellten Figuren wiedergegeben sind. Für die Frage nach dem Aufstellungsort jedoch liefert dieser Befund nur ein neues Argument. Denn in St. Severin ist das Retabel erst ab 1822 nachweisbar, weshalb auch eine Herkunft aus der in der Säkularisation aufgehobenen benachbarten Pfarrkirche St. Maria Magdalena erwogen wird. Der ursprüngliche Standort ist den Autoren zufolge trotz genauer Abwägung der Argumente weiterhin nicht bestimmbar.
Die Tafelgemälde des Retabels werden vor dem Hintergrund der kölnischen Malerei am Anfang des 16. Jahrhunderts stilistisch im Spätwerk von Bartholomäus Bruyn d.Ä. verortet. Neben der ikonografischen Beschreibung der sogenannten Judaskommunion auf der Mitteltafel sowie der Flügelgemälde mit den typologischen Szenen der Mannalese sowie von Abraham mit Melchisedek erfährt der Nachweis der dargestellten Gegenstände aus der zeitgenössischen Alltagskultur eine besondere Aufmerksamkeit. Darüber hinaus werden eine "austarierte Komposition der Bilder" (50), das "Spiel mit Blick- und Bewegungsrichtungen" (51) sowie eine "beinahe überreiche Verwendung ornamentaler und figürlicher Renaissanceformen" (52) analysiert und gegenüber früher entstandenen Werken Bruyns in dieser Hinsicht eine Steigerung erkannt. Diskutierbar bleiben die dabei verwendeten Epochenbezeichnungen, wenn sowohl von "der spätmittelalterlichen Malerei" (41) als auch von Renaissance (50) oder Manierismus (52) geschrieben wird.
Eine weite historische und für weiterführende Fragestellungen sehr interessante Rahmung erfährt das Retabel in der Schilderung der religiösen Spannungen in der Zeit um 1548, da ein Erzbischof wegen des Versuchs der Einführung der Reformation abgesetzt wurde und die verbreiteten reformatorischen Bestrebungen in der Stadt Köln weitgehend unterdrückt wurden. In diesem Zusammenhang würde man - auch wenn der ursprüngliche Aufstellungsort nicht genau zu rekonstruieren ist, dieser aber in der Pfarrfamilie von St. Severin angenommen wird - gerne Näheres über die Verortung des Abendmahlretabels in der äußerst virulenten Diskussion jener Zeit erfahren. Denn diese kreiste um die Geltung der Eucharistie und die Verwendung von Bildern. Zudem war diese Ikonografie um 1500 bei Retabeln verhältnismäßig selten anzutreffen, wurde bei den neuen Altarbildern der reformierten Kirchen aber ein verbreitetes Bildthema. [1]
Die weitere Geschichte des Retabels von der Sicherung während des Zweiten Weltkriegs bis zur Rückführung im Jahr 1987 ist geprägt von der innerdeutschen Teilung. Denn aufgrund der Auslagerung in Thüringen verblieben die Gemälde nach dem Krieg im Schlossmuseum in Weimar, wo sie öffentlich zugänglich waren. Erst nach mehrfachen Bemühungen konnten sie zurückgeholt werden, sodass das Triptychon seit 1990 wieder in der Kölner Severinskirche aufgestellt ist.
Verdienst der Publikation ist die Verortung des Retabels im kunsthistorischen und stadtgeschichtlichen Kontext. Die zahlreichen hervorragenden Abbildungen lassen die Argumentationen sowohl anhand der Gemälde des Retabels selbst, als auch durch Vergleichswerke bestens nachvollziehen. Zwar wurde die Röntgenaufnahme mit der Inschrift auf der Rahmenleiste abgebildet, doch wären die mit der Reinigung einhergehenden kunsttechnologischen Befunde etwas ausführlicher darzustellen würdig gewesen. Insgesamt leistet die Publikation damit einen Beitrag zur genaueren Kenntnis des Werks von Bartholomäus Bruyn d.Ä. und stellt das Abendmahlretabel zugleich einer weiteren Erforschung in darüber hinausgehenden Fragestellungen zur Verfügung.
Anmerkung:
[1] Vgl. u.a. Barbara Welzel: Abendmahlsaltäre vor der Reformation, Berlin 1991, 44-61 und 144; Joseph Leo Koerner: The Reformation of the Image, Chicago 2008, 340-361.
Felix Prinz