Johannes Schaber (Hg.): Mit Gott in eine gute Zukunft übersetzen. 1250 Jahre benediktinisches Mönchtum in Ottobeuren, St. Ottilien: EOS Verlag 2022, 623 S., 3 Farb-Abb., ISBN 978-3-8306-8145-8, EUR 39,95
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Zur 1200-Jahrfeier der benediktinischen Abtei Ottobeuren 1964 wurden in den "Beiträgen zur Geschichte der Abtei" (Augsburg 1964) sowie in einer zweiten Festschrift (Kolb/Tüchle, Augsburg 1964) die zu erwartenden Beiträge, vergleichbar mit anderen Festschriften, etwa zu mittelalterlichen Handschriften, dem Musikleben, zur Wirtschaftsgeschichte und klösterlichen Grundherrschaft, der Liturgie, zu bedeutenden Äbten, Architektur und Kunstbesitz, der Reichsunmittelbarkeit und weiteren Standardthemen abgehandelt und vorgestellt. Auch die vom "Freundeskreis der Abtei Ottobeuren e.V." 1986 herausgegebene, ergänzte und überarbeitete zweite Auflage der 1964 erschienenen Festschrift, mit einem erweiterten Künstlerverzeichnis, war ähnlich strukturiert.
Die jetzt vom Herausgeber Johannes Schaber OSB zu verantwortende Schrift zu 1250 Jahren benediktinischem Mönchtum in Ottobeuren präsentiert sich nicht nur durch den gewählten Buchtitel gänzlich anders: "Mit Gott in eine gute Zukunft übersetzen". Die vier große Teile und einen Epilog umfassende Veröffentlichung ist auch inhaltlich anders als sonst üblich strukturiert.
Die ununterbrochene Existenz der schwäbischen Abtei Ottobeuren sieht Abt Johannes Schaber in seiner Hinführung als "Übersetzung der klösterlichen Tradition in eine zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens". In Teil I beschäftigen Dominik Helms und Hans-Ferdinand Angel sich unter der Überschrift, "Mönchtum in Übersetzung" mit "biblischen Perspektiven für ein Bewahren durch schöpferische Weiterentwicklung" sowie dem "Benediktinerorden als Lernimpuls zwischen Innen und Außen".
Die Tradition, also Ursprung und Geschichte, enthält Teil II, mit vier Beiträgen von Thomas Anton Petrich, Johannes Schaber OSB und Mariano Barbato. Abgehandelt werden darin das markinische Modell der Nachfolge Jesu nach Mk 10,17-31, die Stellung des Ordensgründers Benedikt von Nursia in der Theologie von Papst Benedikt XVI., die benediktinische Dynamik zwischen Stabilität und Pilgerschaft, sowie das Mönchtum in Ottobeuren als Auslegungsgeschichte in der Nachfolge Jesu.
Teil III des Buches erklärt das Mönchtum in Übersetzungen für die Gegenwart. Mit zwei Beiträgen von Johannes Schaber OSB sowie Rupert M. Scheule werden Klöster ganz allgemein als "Entschleunigungs-Inseln und Resonanz-Oasen", das Mönchtum als "institutionelle Tatsache" sowie "die Frage nach Gott in klösterlichen Raumkontexten" beschrieben.
Der Blick in die Zukunft, "Mönchtum in Übersetzungen auf seine Zukunft hin" wird in Teil IV gewährt. Wiederum steuert Abt Johannes Schaber hier zwei Beiträge zur "eschatologischen und prophetischen Existenz des Mönchtums" sowie zur "erzählten Ordensgeschichte als Ursprungsvergewisserung einer künftigen Identitätssicherung" bei. Und Holger Zaborowski widmet sich der Fragestellung, worin sich die Kultur der Klöster jenseits von frommem Mythos und ernüchternder Realität zeigt.
Im Epilog schließlich wird die von Gerd Haeffner SJ † im Juni 1993 in der Basilika Ottobeuren gehaltene Predigt zur Ewigen Profess des damaligen Fraters und heutigen Abtes Johannes Schaber OSB in der "Hingabe an Gott im Vorgriff auf die offene Zukunft und im Rückbezug auf die Anfänglichkeit des menschlichen Geschaffenseins" vorgestellt.
Hintergrund der vorliegenden Veröffentlichung ist das anlässlich des Jubiläumsjahres im September 2014 durchgeführten Symposiums zu "Ursprung und Wandel, Kontinuität und Zukunft des Mönchtums" am Beispiel der 1250-jähren Klostergeschichte (764-2014) der Benediktinerabtei Ottobeuren. Die auf Einladung des amtierenden Abtes Johannes Schaber OSB dazu geladenen acht Theologen, die in Ottobeuren aufgewachsen sind, Theologie studiert haben und heute Theologie lehren oder Religion unterrichten, näherten sich dem Symposiumsthema aus ihrer jeweiligen Fachrichtung und dem eigenen Blick. Als gemeinsames Ziel stand der "Reichtum der christlichen Lebensform des Mönchtums" (594) insbesondere am Beispiel des benediktinischen Lebens in Ottobeuren in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Fokus.
Der Buchanhang nimmt die umfangreiche Bibliographie 1988-2020 (gegliedert nach Arbeitsschwerpunkten) der von Johannes Schaber OSB verfassten Veröffentlichungen auf, weiterhin das ausführliche Inhaltsverzeichnis der abgedruckten Beiträge, den Nachweis der Einzelveröffentlichungen, sowie das Autorenverzeichnis und den Ablauf des Symposiums 2014.
Die im bewährten EOS Verlag erschienene Veröffentlichung ist insbesondere dann lesens- und erlebniswert, wenn man sich die Zeit nimmt, die Einzelbeiträge in Ruhe zu lesen und auf sich wirken zu lassen. Abt Schaber zitiert in seinem Vorwort (12) Peter Sloterdijk in Bezug auf den im Buchtitel verwendeten Terminus "übersetzen" mit den Worten: "Übersetzen heißt hier den Anspruch erheben, einen Ideengehalt in anderen Ausdrücken wahrer zu formulieren als in seinen eigenen". Man kann den Titel: "Mit Gott in eine gute Zukunft übersetzen" und damit das gesamte Werk, auch so verstehen, dass letztendlich Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft in und mit der benediktinischen Spiritualität geprägt wurde und wird, einer Spiritualität, die als Brücke oder Fähre verstanden werden kann, von der aus der hoffentlich zahlreichen Leserschaft die benediktinische Offenheit einerseits und die Abgeschlossenheit der klösterlichen Klausur andererseits entgegenblicken.
Klaus Wollenberg