Alexander Querengässer: Große Schlachten und Belagerungen der Weltgeschichte, Berlin: Carola Hartmann Miles-Verlag 2024, 360 S., ISBN 978-3-96776-070-5, EUR 24,80
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Alexander Querengässer bietet mit dem vorliegenden Buch eine Kompilation von Schlachten der Weltgeschichte an. Solche Sammlungen gibt es wahrlich reichlich, viele bieten neben teils üppigen Bebilderungen und manchmal zweifelhaften Grafiken nur das Rudiment einer Schlachtbeschreibung. Solche Waffengänge, gerade wenn sie im Kontext großer kriegerischer Auseinandersetzungen stattfinden, schlüssig zu beschreiben, ist eine Kunst, die oftmals vieler Worte bedarf. [1] Freilich erscheint zu den Schlachten der Weltgeschichte auf dem hiesigen Markt vielfach nur das, was dem eurozentrischen Blick genügt. Der Autor setzt hier einen anderen Akzent: Querengässer verzichtet dazu bewusst auf einige europäische Schlachten und nimmt stattdessen außereuropäische in seinen Band auf.
Absicht des Autors ist es, Schlachten nicht nur aus ihrem Verlauf zu betrachten, "sondern sie möglichst präzise in ihren historischen Kontext einzubetten und anschließend in ihrer Bedeutung zu diskutieren" (7). Die Beispiele reichen von Tollensetal, ca. 1250 v.Chr., über Cannae 216 v.Chr., Tannenberg 1410, Nagashimo 1575, Maastricht 1670, Wittow 1712, Lobositz 1756, Angamos 1879 bis Aleppo 2012-2016 und Kiew 2022. Das Potpourri ist breit gefächert, und es fällt gleich auf, dass die meisten der Schlachten in Europa weniger oder gar nicht bekannt sind. Gemein ist den 60 dargestellten Schlachten, dass sie zwar Einfluss auf den jeweiligen Krieg besaßen, aber - bis auf wenige Ausnahmen wie der D-Day 1944 oder Dien Bien Phu 1954 - kaum kriegsentscheidende Bedeutung besaßen.
Für jedes seiner Beispiele nimmt sich der Autor durchschnittlich fünf Seiten Platz, die er nach einem wiederkehrenden Muster füllt: Nach einer knappen Einführung in die Region und den Konflikt folgt eine ebenfalls knappe Schilderung des jeweiligen Feldzugs - wenn es einen gab -, ergänzt durch die Vorstellung der beteiligten Armeen. Meist waren es eben nicht Massen- oder Millionenheere, mitunter handelt es sich bei den dargestellten Schlachten durchaus um "Scharmützel" von wenigen Hundert Soldaten. Der ebenfalls knappen Beschreibung der Schlacht, meist nur eine Seite, folgt abschließend eine Einordnung zu ihrer Bedeutung. Zum Schluss werden die beteiligten Heere mit wenigen Zahlen beschrieben: Stärke, Infanterie und Artillerie, bei Seegefechten Anzahl der Schiffe mitsamt der Kanonen, vereinzelt auch Verlustzahlen.
Die Art der Darstellung, vielleicht ja gar im Sinne der didaktischen Reduktion auf das Wesentliche, verkürzt vieles und lässt den Leser mitunter wenig klüger zurück. Beispielhaft ist der Beitrag über die Schlacht von Barfleur und La Hogue, vom 29. Mai bis zum 4. Juni 1693, zu nennen (172-177). Darin standen 83 Kriegsschiffe einer vereinten britischen und niederländischen Flotte 44 Schiffen der französischen Marine gegenüber. Es ging (auch) bei dieser Seeschlacht um den auf dem europäischen Kontinent tobenden Konflikt zwischen dem katholischen Frankreich und protestantischen Gegenmächten, wozu neben den Niederlanden auch "England" (166) gehörte, das gerade den ungeliebten katholischen König James II. (Stuart) vom Thron verjagt hatte. Hier stellt sich die Frage, ob man nicht richtigerweise von Großbritannien sprechen müsste, da es sich bei "England" ja nun um den 1603 mit der Union of the crowns entstandenen Zusammenschluss von England, Schottland, Irland und Wales unter einer Krone handelte - ungeachtet irgendwelcher Teilsouveränitäten.
Die Schlacht selber, unter Nutzung der Luvpositionen bei wenig Wind, schwachen Vor- und Nachhuten, mitunter dreideckigen Schiffen mit bis zu 100 Kanonen und mehr, die teilweise in den späten Jahren des 17. Jahrhunderts erst neu gebaut worden waren, und von denen ein paar in der Nacht auf Grund gesetzt wurden oder liefen, wird eingängig beschrieben. Die französische Flotte konnte in der (Teil-)Schlacht bei Bafleur noch einen (gefühlten) Sieg, tatsächlich aber lediglich ein "taktisches Patt" (176) erringen, aber im Gefecht - folgerichtig der Teilschlacht - bei La Hogue verlor die französische Flotte ihre wichtigsten Schiffe, gleich ein Dutzend, und war fortan nicht mehr in der Lage, der Royal Navy und anderen Seemächten ernsthaft gefährlich zu werden. So weit, so gut.
Problematisch ist für den Leser an dieser Publikation, wie es auch bei anderen solchen Büchern immer wieder auftritt, die Reduktion von Schlachten auf einen Kern, der sich in erster Linie dem Autor erschließt. Solche Vereinfachungen und das Herausreißen einzelner Abläufe aus größeren Kontexten verstellt den Blick auf größere Zusammenhänge von Kriegen, selbst wenn der Autor das bei den Kapiteleinleitungen versucht aufzufangen. Die Schilderungen sind oftmals schwer nachvollziehbar, weil hier auf Karten verzichtet wird, die die Bewegungen im Raum erkennen lassen würden oder vielleicht auch die Disposition vor der Schlacht - womit die eigentliche Frage, warum es dann zum jeweiligen Waffengang kam, verschwimmt. Auch die weiter hinten platzierten Literaturhinweise hätten durchaus am Ende des Beitrages folgen sollen (auch wenn das nun Beckmesserei ist). Die Kriterien, die Querengässer für seine ausgefallene Schlachtenauswahl herangezogen hat, bleiben leider ungenannt. Schwerwiegender sind hingegen sachliche Ungenauigkeiten und Fehler: Ein ordinärer Feldflugplatz bei Dien Bien Phu wird zum "Luftlandeplatz" erklärt (315); die Somalia-Mission UNOSOM II der Bundeswehr ab 1993 benennt der Autor fälschlicherweise als ersten Auslandseinsatz der Bundesrepublik - tatsächlich was es ausweislich der Website der Bundeswehr der Dritte! - [2], obwohl es doch eher um die Bundeswehr ging (325); schlussendlich wird ein "NATO-Mandat" (341) genannt, und möglicherweise mit einer Mandatierung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gleichgesetzt oder verwechselt. Was soll also ein NATO-Mandat sein?
Kurzum: Man kann mit diesem Buch die ein oder andere bislang wenig bekannte Schlacht in Ansätzen nachvollziehen, mehr aber auch nicht.
Anmerkungen:
[1] Beispielgebend erzählt, wenngleich auf wissenschaftliche Nachweise verzichtend: Bernard Cornwell: Waterloo. Eine Schlacht verändert Europa, Hamburg 2015; sowie noch reichlich detaillierter Brendan Simms: Der längste Nachmittag. 400 Deutsche, Napoleon und die Entscheidung von Waterloo, München 2014.
[2] https://www.bundeswehr.de/de/einsaetze-bundeswehr [letzter Aufruf: 23.09.2024] spricht unter Rubrik "abgeschlossene Einsätze und anerkannte Missionen" selbst von "August 1991 Beginn UNSCOM (erster Einsatz der Bundeswehr)" und listet den UNOSOM II-Einsatz als dritten.
Heiner Möllers