Stefania Pastore: Il vangelo e la spada. L'inquisizione di Castiglia e i suoi critici (1460-1598) (= Temi e Testi; 46), Rom: Edizioni di Storia e Letteratura 2003, XVII + 491 S., ISBN 978-88-8498-103-5, EUR 49,00
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Die spanische Inquisition ist ein Forschungsfeld, auf dem sich - bis auf Deutsche - Forscher aller Nationalitäten tummeln. Die italienische Forschung hat sich auf diesem Gebiet besonders verdient gemacht. Über die Frage, warum spanische Geschichte hingegen ein blinder Fleck in der deutschen Historiografie ist, kann man nur spekulieren. Immerhin wird so die Geschichte DER Supermacht der Frühen Neuzeit konsequent ignoriert. Vielleicht würden aber auch manche Selbstverständlichkeiten und Vorurteile ins Wanken geraten, befasste man sich intensiver mit ihr. Wer also weiterhin glauben möchte, dass Katechismen eine Erfindung der deutschen Reformatoren waren, der sollte die Finger von diesem Buch lassen!
Die Autorin entwickelt die Geschichte der spanischen Inquisition über den Spiegel ihrer Kritiker. Hierdurch wird nicht nur deutlich, dass es diese durchaus gab, sondern auch, dass die Einführung der Inquisition mit langwierigen politischen, institutionellen und theologischen Auseinandersetzungen einherging und sich keineswegs wie eine schwere Bleiplatte mit einem Mal über das Land legte und alles Geistesleben erstickte.
Pastore beginnt mit dem Kontext der Einführung der Inquisition im späten 15. Jahrhundert. Das Problem des Umgangs mit Conversos, Kryptojuden und Juden in Kastilien wurde von Franziskanern und Dominikanern polemisch und in anti-semitischer Stoßrichtung ausgeschlachtet, nicht zuletzt um die bedeutende Stellung der Hieronymiten zu untergraben, die viele Mitglieder mit Converso-Abstammung versammelten, wie dies wohl für einen Großteil der kastilischen Gesellschaft und Kirche der Fall war. Der Kampf gegen die Conversos und für eine wie immer geartete Inquisition, war daher nicht nur Ausdruck religiöser "Intoleranz", sondern vor allem auch ein politischer Kampf um Einfluss auf Staat und Kirche. Die Frage, ob man die zur Konversion bereiten Juden und Moriscos mit der Milde des Evangeliums langfristig integrieren oder mit der Härte des Schwertes auf die Durchsetzung von Glaubens- und Blutreinheit dringen sollte, war eine gesellschaftliche Auseinandersetzung, die sich im Kontext der Reconquista und nach ihrem Abschluss stellte, und die das Land bisweilen bis an den Rand des Bürgerkriegs brachte. Die kastilische Anfrage in Rom nach einer gesonderten Inquisition wurde dort zunächst mit Ratlosigkeit aufgenommen. Es war unklar, wie diese Inquisition aussehen sollte und wogegen sie sich richtete: Eine bischöfliche Inquisition gegen Häresie im Allgemeinen (zum Beispiel die Häretiker von Durango) wurde von den gemäßigten Kreisen ins Spiel gebracht, während die radikalen Kräfte aus dem Umkreis der Bettelorden an ein gesondertes Gericht gegen Conversos dachten. Letztere sollten mit der Einrichtung der Inquisition Torrequemadas im Jahr 1481 die Oberhand behalten, und sie statuierten mit der wohl kaum zufälligen "Aufdeckung" eines kryptojüdischen Zirkels innerhalb der Hieronymiten (Kloster von Guadelupe) im Jahr 1485 ein erstes blutiges Exempel an ihrem Hauptgegner.
Kaum eine Bulle haben die Päpste wohl je so schnell bereut, wie jene, welche den katholischen Königen die Einrichtung der Inquisition gewährte. Schon 1482 begann man zurückzurudern, und Sixtus IV. stellte klar, dass alle Bischöfe mit dem Recht ausgestattet seien, Judaisierende in der Beichte "in conscientiae", ohne öffentliche Bußleistungen von ihrer Schuld loszusprechen. Diese Stärkung der Stellung der Bischöfe als Beichtväter entzog die Betroffenen dem Zugriff der Inquisition. Dieses Problem wurde nun zum wichtigsten Streitpunkt zwischen der kastilischen Inquisition und Rom, das sich auf die Seite der spanischen Bischöfe schlug, die gegen das "unchristliche" und "skandalöse" Vorgehen des Tribunals Sturm liefen. Sie bemängelten zudem, dass die Inquisitoren Juristen und keine Theologen seien; Argumente, welche die römische Abneigung gegen dieses sich päpstlicher Kontrolle entziehenden Gerichts steigerte. Die kastilischen Bischöfe, besonders jene, die mit dem Problem der Conversos tagtäglich zu tun hatten, setzten dem harten Treiben der Inquisition schnell eine Strategie der Missionierung entgegen. Auch der erste Erzbischof des eroberten Granada setzte auf arabisch sprechende Prediger und Katechismen in arabischer Sprache! Doch er konnte langfristig die Entsendung eines Inquisitors nicht verhindern und wurde schließlich 1505 selbst Opfer eines Inquisitionsprozesses, der erst durch römisches Eingreifen zum Stillstand gebracht werden konnte. In Anbetracht dieser Vorgänge war man zu Beginn des Pontifikats Leos X. in Rom so weit, der spanischen Inquisition den Garaus zu machen. Man darf wohl vermuten, dass ohne das Treiben des deutschen Augustinereremiten die spanische Inquisition wahrscheinlich unter römischem Druck wenn nicht ganz aufgelöst, so doch erheblich zusammengestutzt worden wäre. Spanische Diplomaten malten jedoch nun erfolgreich das Schreckgespenst der sich ausbreitenden deutschen Häresie an die Wand und nahmen ihren Kritikern den Wind aus den Segeln.
Das dritte Kapitel konzentriert sich im Wesentlichen auf das Wirken des Kreises der "confesos" um Juan de Ávila, der - selbst von Conversos abstammend - mit intensiver Missionstätigkeit, die sich auf Predigten und Beichten stützte, und mit der Gründung der Universität von Baeza eine Alternative zur Inquisition ins Werk setzte. Der später heilig gesprochene Ávila und die von ihm ausgehende Spiritualität des "Evangeliums", die von einem für die "confesos" typischen Messianismus geprägt war, blieb ein Stachel im Fleisch der inquisitorialen Hardliner. In vielerlei Hinsicht kann das Wirken der Anhänger des Juan de Ávila als Reform und Konfessionalisierung vor Trient aufgefasst werden. Besonders ausgiebig widmet sich die Autorin anschließend der theologischen Kritik der Inquisition, die sich an der Debatte um die "correctio fraterna" entzündete. Mit diesem Zitat aus dem Matthäusevangelium (18, 15) wurde eine Alternative zur Inquisition formuliert, die unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses die "correctio" des Sünders oder Häretikers vorsah. Zugleich stellte sich nun auch die Frage, inwiefern die Beichtväter die Nennung der an der Häresie Beteiligten fordern konnten. Die Jesuiten, die sich der "correctio" und damit einem die Inquisition unterlaufenden Verfahren zur Häresiebekämpfung verschrieben hatten, befürworteten unter diesen Vorzeichen eine Aufweichung des strikten Beichtgeheimnisses. Über die Frage der "correctio" stürzte auch der Erzbischof von Toledo, Bartolomé de Carranza, der lutheranisierenden Kreisen in Valladolid einen Ausweg unter dem Mantel der Beichte geboten hatte. Carranzas Prozess wurde in Rom zugunsten des Angeklagten und gegen die spanischen Inquisitoren entschieden. Wer die Ausführungen zu den theologischen Debatten in Pastores Werk verfolgt, versteht schnell, weshalb die spanischen Bischöfe in Trient im Vergleich als überdurchschnittlich präpariert und theologisch versiert erschienen. Sie verfolgten seit Jahren selbst eine Gratwanderung zwischen Evangelium, Kirchenreform und Inquisition. In Trient setzte sich denn auch eine Stärkung des Bischofsamtes durch, das die Rechte zur Absolution "in conscientiae" mit einschloss. Die Publikation dieses Dekrets suchte der ansonsten so pflichteifrige Philipp II. bezeichnenderweise für Spanien zu verhindern. Die Jesuiten, die sich organisch an die "confesos" anschlossen, gerieten auch wegen ihrer besonderen Privilegien als Beichtväter schnell ins Visier der Inquisitoren. Die Societas Jesu entschied sich für eine Taktik zwischen theologischem Widerstand, Missionierung der Moriscos und praktischer Zusammenarbeit mit den Inquisitoren. Als wichtige Bremse der spanischen Inquisition entwickelte sich ironischerweise das nach ihr gegründete Sant' Uffizio, das zusammen mit der Congregazione del Concilio ab den 1580er-Jahren vermehrt spanische Prozesse kontrollierte, revidierte oder annullierte.
Der Reichtum der Arbeit Pastores liegt in der sensiblen Zusammenführung von politischen und geistesgeschichtlichen Fragestellungen. Immer ordnet sie die Analyse spezifischer Inquisitionsprozesse in den präzisen gesellschaftlichen und theologischen Diskussionshorizont ein. So gelingt ihr eine Geschichte Spaniens des 16. Jahrhundert, der spanischen Spiritualität und Geistesgeschichte, die einige vermeintliche Gewissheiten der Geschichtsschreibung infrage stellt und deutlich macht, dass die Inquisition unter dem spanischen Klerus zunächst keineswegs konsensfähig war. Sie bezog ihre Stärke vielmehr aus dem politischen Rückhalt und aus ihrer Fähigkeit, immer wieder neue "Gegner" zu (er)finden.
Nicole Reinhardt