Christian Uebach: Die Ratgeber Friedrich Barbarossas (1152-1167), Marburg: Tectum 2008, 301 S., ISBN 978-3-8288-9580-5, EUR 29,90
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Otto Morena und sein 1167 gestorbener Sohn Acerbus gehörten zur Führungsschicht der oberitalienischen Stadt Lodi und standen bereits mit Lothar III. und Konrad III. in Kontakt. Die schon während des ersten, 1154 begonnenen Italienzugs Friedrichs I. Barbarossa ausgebrochenen Kämpfe mit lombardischen Städten, unter denen Mailand herausragte, veranlassten Otto wohl 1161, die in Oberitalien vollbrachten Taten des Staufers zu beschreiben. Das für die Zeit von vermutlich 1161 bis 1164 von seinem Sohn und dann nochmals bis 1168 von einem Anonymus fortgesetzte Werk steht zumindest mit dem von Otto und Acerbus herrührenden Teil vorbehaltlos auf der Seite Friedrichs, der dem 1158 wiederholt von Mailand zerstörten Lodi seinen Schutz gewährte.
Acerbus, der unter dem unmittelbaren Eindruck des von ihm selbst erlebten Geschehens schrieb, kannte den Kaiser und dessen Hof aus eigener Anschauung. In den Bericht zum Jahre 1162 schaltete der Geschichtsschreiber einen Abschnitt ein, in dem er sowohl das Äußere als auch besondere Eigenschaften Friedrichs und einiger Personen aus dessen Umgebung auflistete. Nacheinander widmete er sich dem Kaiser, dessen Gemahlin Beatrix, dem rheinischen Pfalzgrafen Konrad, Rainald von Dassel, Hermann von Verden, Heinrich dem Löwen, Friedrich von Rothenburg, Otto von Wittelsbach, Rudolf von Pfullendorf, Gebhard von Leuchtenberg, Markward II. von Grumbach, Wilhelm von Montferrat, Guido von Biandrate und Konrad von Ballhausen. Von Rainald, Hermann und dem Ballhausener heißt es ausdrücklich, dass ihre Stimme im Rat ("consilium") des Kaisers viel gelte, wohingegen über Otto und Guido nur etwas unbestimmt gesagt wird, sie seien "weise und vorsichtig" beziehungsweise "glänzend im Rat" (17).
Dieses Quellenzeugnis, das nach Uebach die engste Umgebung des Kaisers zeige, veranlasste ihn zu der Frage, "welche Vertrauten und Ratgeber die Politik Barbarossas wann, wie, wo, warum und in welcher Weise beeinflussten bzw. gestalteten und welche Interessen oder ordnungspolitischen Konzeptionen dabei in welchem Maße zur Geltung kamen" (19). Das spezifische Anliegen dieser von Johannes Laudage betreuten sowie im Wintersemester 2006/2007 in Düsseldorf angenommenen Dissertation zielt also auf die Funktionsgeschichte des stauferzeitlichen Königtums, das in den vergangenen Jahren mehrfach und zudem aus unterschiedlichen Blickwinkeln das einschlägige Interesse der Forschung auf sich gezogen hat. Dabei ist Uebachs Unternehmen Teil der übergeordneten Frage nach dem herrscherlichen Hof, der bekanntlich in räumlicher und personeller Hinsicht einem ständigen Wechsel unterworfen war und gerade als Schauplatz der Beziehungen von König und Großen das Zentrum des Reiches bildete. Die zeitliche Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes auf das Jahr 1167 folgt nachvollziehbaren arbeitsökonomischen und sachlichen Gesichtspunkten, denn der Untergang des staufischen Heeres auf dem vierten Italienzug, auf dem auch Rainald von Dassel zu Tode kam, stellte zweifelsohne einen wichtigen Einschnitt in der Reichsgeschichte dar. In räumlicher Hinsicht liegt das Hauptaugenmerk auf Italien.
Um seinem Ziel näherzukommen, entwirft Uebach einen Katalog von sechs Merkmalen, von denen drei erfüllt sein müssen, damit eine Person als Ratgeber gelten könne. Zu diesen Kriterien zählt er das häufige Erscheinen als Zeuge in Herrscherurkunden, die Zugehörigkeit zur herrscherlichen Kanzlei, den Empfang von Gunsterweisen für Verdienste um das Reich, die erfolgreiche Fürsprache bei Rechtsgeschäften und sonstigen Anliegen, Gesandtschaften sowie weitere politische Funktionen und die Erwähnung als Vertrauter des Staufers in erzählenden Quellen oder Briefen. Es versteht sich, dass diese Kriterien aus den Befunden selbst abgeleitet sind, doch lassen sich die diesbezüglichen Forschungen anders nun einmal nicht vorantreiben. Gleichwohl führt die Durchmusterung von erzählenden Quellen und Briefen deutlich über das allein auf der Auswertung der Zeugenlisten beruhende Vorgehen hinaus und erlaubt in der Tat einen genaueren Blick auf Barbarossas Berater als zuvor. Zugute kommt Uebach indes eine im Vergleich mit Lothar III. oder Konrad III. günstige Quellenlage.
Aus dem Kreis der von Acerbus genannten Männer erfüllen der Pfalzgraf Konrad, Barbarossas Vetter Friedrich von Rothenburg, Gebhard von Leuchtenberg und Konrad von Ballhausen jedoch nicht die erforderlichen Kriterien, so dass sich die Frage nach dem wiederholt herausgestrichenen Wert der eingangs angeführten Quellenstelle doch geradezu aufdrängen müsste. Unabhängig davon werden im Hauptteil dieses Werkes in zwei Katalogen erzählend und mit allen nötigen Nachweisen versehen neben der Kaiserin Beatrix dann insgesamt 23 Männer vorgestellt, wobei im Jahre 1156 ein Einschnitt vorgenommen wird. Dieser liegt nicht zuletzt in der Übernahme der Kanzlerwürde durch Rainald von Dassel begründet, der bis zu seinem Tod die staufische Politik gegenüber dem Papsttum und in Oberitalien wie kein anderer vorangetrieben hat. Uebach widmet dem 1159 zum Kölner Erzbischof gewählten Grafensohn immerhin 38 Seiten, auf denen er quellennah und lebendig Rainalds Wirken schildert. Zu den wichtigen Beratern zählen in Abstufungen und in unterschiedlicher Zusammensetzung des Kreises darüber hinaus noch Anselm von Havelberg (Ravenna), Arnold II. von Köln, Arnold von Selenhofen, Christian von Buch, Daniel von Prag, Eberhard von Bamberg, Hermann von Konstanz, Wibald von Stablo und Corvey, Berthold IV. von Zähringen, Welf VI., Markward III. von Grumbach, Ulrich von Lenzburg sowie die Notare Albert, Heinrich und Heribert. Ministerialen spielten hingegen erst gegen Ende der Regierung Barbarossas eine gewisse Rolle im herrscherlichen Rat.
Für die Zugehörigkeit zu diesem Beraterkreis kann man ganz unterschiedliche Gründe ausmachen. Neben der Verfolgung handfester eigener Interessen, die Große in die Nähe des Herrschers geführt haben, lassen sich auch Ehrgeiz oder der Wunsch nach Mitsprache verzeichnen. Andere Ratgeber wurden hingegen von Barbarossa gezielt herangezogen, um bestimmte Aufgaben wahrzunehmen, doch lässt sich trotz der besonderen Verantwortung vor allem der geistlichen Großen für die italienischen, päpstlichen und byzantinischen Belange keine wie auch immer geartete Ressortaufteilung erkennen. Entscheidend für die zumindest eine längere Zeit währende Geltung eines Großen im herrscherlichen Rat waren jedoch hauptsächlich das "Ausmaß von Initiative und Engagement im Reichsdienst, Dominanz der Persönlichkeit und die Qualität der individuellen Beziehungen zu Friedrich" (247), Eigenschaften, die in dem bereits erwähnten Rainald von Dassel gipfelten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Uebach ein überfälliges Buch vorgelegt hat. Trotz einiger Arbeiten, die sich dem Hof Barbarossas widmen beziehungsweise einzelne Gestalten wie Rainald, Arnold II. von Köln, Wibald, Heinrich den Löwen, Welf VI. oder Rudolf von Pfullendorf in den Blick nehmen, stand eine zusammenfassende Schau, die konsequent nach den wichtigen Ratgebern fragt und die vereinzelt erhobenen Befunde zumindest für die Zeit von 1152 bis 1167 zu einem Gesamteindruck verdichtet, eben noch aus. Eine im Internet veröffentlichte Fassung, deren Paginierung von der Druckfassung jedoch abweicht, findet sich unter http://docserv.uni-duesseldorf.de .
Bernd Schütte