Robert E. Bonner: Mastering America. Southern Slaveholders and the Crisis of American Nationhood (= Cambridge Studies on the American South), Cambridge: Cambridge University Press 2009, XXII + 346 S., ISBN 978-0-521-54177-0, GBP 15,99
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In "Mastering America" erneuert Robert E. Bonner, Associate Professor am Dartmouth College, New Hampshire, die alte These, dass die einflussreichen Sklavenhalter des Südens in den ersten Jahrzehnten nach der Revolution nicht so sehr an den Rechten der Einzelstaaten interessiert waren, sondern viel mehr eine starke nationale Regierung in Washington, D.C. befürworteten. Schließlich galt es, die Institution der Sklaverei vor der Einflussnahme durch europäische Mächte und den Konsequenzen der Sklavenaufstände in der Karibik zu schützen. Dies ging, laut Bonner, letztendlich soweit, dass vehemente Verteidiger der Sklaverei, wie John C. Calhoun, der Bundesregierung jedes Recht außer der Verteidigung und Ausweitung der Sklaverei absprechen wollten, wie die Nullifikationskrise von 1832 zeigte. Bonner möchte darüberhinaus nachweisen, dass der Kampf um die Ideale des Südens, nicht nur einen Südstaaten-Nationalismus hervorbrachte, der schließlich zur Sezession führte, sondern auch half, einen amerikanischen Nationalismus zu formen, und weit über den Bürgerkrieg hinaus zu prägen.
Bonner gliedert sein Werk in drei Hauptgebiete: die geopolitische Situation vor dem Bürgerkrieg, den "proslavery Americanism" und die nationale Identität der Konföderation. Dabei berücksichtigt er politische und religiöse Perspektiven, sowie die der Presse und die jeweils eignen Blickwinkel des Nordens und Südens. Im ersten Teil spricht er nicht nur den Süden vom Verdacht der "Sklavenhalterverschwörung" (slave power conspiracy) frei, sondern zeigt auch, wie stark die Interessen des Südens mit denen der gesamten Union verknüpft waren. Ohne deren Schutz hätten die sklavenhaltenden Südstaaten weder die von ihnen unterstütze imperiale Expansion betreiben, noch existieren können. Das Schicksal Texas, das sich vergeblich um internationale Anerkennung bemühte, hatte den Sklavenhaltern gezeigt, wie wichtig globale Macht und die Unterstützung durch eine starke, nationale Regierung ist. Bis in die 1850er Jahre regierte "King Cotton" und die Sklaverei sowie die Identität des Südens waren dank der wachsenden Union sicher vor Bedrohungen von außen. Die Ausdehnung nach Westen und der florierende Baumwollhandel hatten bis dahin den Sklavenhaltern aus dem Süden Sitz und Einfluss im Kongress gesichert. So konnten sie nicht nur den Süden, sondern auch die Union ein Stück weit prägen.
Mit der Konsolidierung des "Continental Empire" begann man im Süden das gewollte und mitgestaltete Imperium nicht mehr als Schutz, sondern als Bedrohung zu sehen. Die ständige Frage, ob neue Staaten als freie oder Sklavenstaaten in die Union aufgenommen werden sollten, bedrohte nicht nur den Einfluss der Sklavenhalter in Washington, sondern den Fortbestand der Sklaverei selbst. Diese war längst mit einer aufflammenden Debatte um die regionale Identität des Südens und die Rechte der Einzelstaaten verknüpft. Ihr Motto wurde: "expand or die" (33f.). Kennzeichnend für diese neue Phase war ein wachsendes Misstrauen gegenüber allem Nationalen, so schreibt Bonner: "[...] distrust of national terminology persisted in the face of Jacksionian patriotic appeals and would become especially prevalent among those Southern leaders of the 1850s who counseled secession." (49) Damit einherging eine immer radikalere Identifikation des Südens mit der Sklaverei, die, wie Bonner zeigt, vor allem von den "Southern Rights Associations" forciert wurde, deren namensgebenden Begriff, Rechte des Südens, man vor 1848 kaum verwendet habe (73f.).
Neben dem Pochen auf den Rechten der Einzelstaaten, berief man sich auf die Religion als Rechtfertigung der Sklaverei. Es entstanden Unmengen von die Sklaverei befürwortenden Schriften. Hier zitiert der Autor u.a. den "border ruffian" Benjamin Franklin Stringfellow mit den Worten: "in a republic based on racial slavery, the institution, 'elevates the character of not only the master, the actual owner of slaves, but of all who wear the colour of freeman'." (88) Entscheidend sei auch ein wirtschaftlicher Faktor, die Baumwoll-Manie ("cotton mania") der 1850er, gewesen. Diese wurde bereitwillig aufgegriffen, und die Baumwolle trug plötzlich äußerst seltsame Blüten: Rev. John T. Wightman habe festgestellt, dass der von Gott gegebene landwirtschaftliche Reichtum des Südens dabei geholfen habe, "to keep the Bible and the press under the control of Protestantism" (111). Unterstützung für die Sklaverei gab es dann Bonner zufolge auch reichlich: von Presbyterianern, Methodisten, Episkopalen und den Baptisten. Diese neue evangelikale Unterstützung der Sklaverei führte zwar letzten Endes zu Schismen, habe aber auch zu einer Stärkung der amerikanischen Identität beigetragen, wie Bonner am Beispiel von Benjamin Morgan Palmer zeigt (135ff.). Obwohl sie eine Minderheit im Süden darstellten, wäre unter dem Gesichtspunkt der amerikanischen Identität, zu der die Integration von Minderheiten gehört, eine Einbeziehung der Katholiken durchaus empfehlenswert gewesen. [1]
So wie sich Palmers "proslavery Unionism" und die Übertragung der Sklaverei auf die gesamte Nation als nicht realisierbar erwies, scheiterte letztlich auch die Konföderation. Wie Bonner im dritten Teil zeigt, hatte der Süden neben der Sklaverei kaum ein vereinendes Element. Mit am stärksten hatten die Republikanische Partei, die Abolitionisten und der Bürgerkrieg selbst zur Konsolidierung der Südstaaten beigetragen: "Lincoln had done more to unite the South over the course of several months than they had managed through far and more considerable efforts over the span of decades" (220). Mit der Einberufung von Sklaven in die Konföderierte Armee hat, so Bonner, eine Entwicklung ihren Höhepunkt gefunden, die sich im Verlauf des Krieges und der Einschränkung der bürgerlichen Rechte durch Präsident Davis ständig verschärft hatte. Die "master" hatten ihre größten Ideale und damit ihre imaginäre Gemeinschaft verloren. Die religiöse Untermauerung, die diese imaginäre Gemeinschaft vor dem Krieg ermöglicht hatte, ließ sie unter den Erfahrungen der Niederlage nochmals als die Idee des "Lost Cause" aufflammen. Obwohl sich der Süden in die Nation gewordenen USA integrierte, habe er sich die Kontrolle über sein politisches und wirtschaftliches Schicksal bewahrt, schließt Bonner. Allerdings hätten die Großgrundbesitzer und Sklavenhalter bei dem Versuch nicht nur ihre Plantagen, sondern die ganze Nation zu meistern, eine neue Welt geschaffen, die sie anderen überlassen mussten.
Bonners Verdienst ist es, gängige Thesen zur Nationswerdung der USA und zur Rolle des Südens zusammenzutragen, unter verschiedenen kulturellen, religiösen und politischen Gesichtspunkten zu analysieren und neue Fragen aufzuzeigen. Die Frage nach der Rolle und Selbstwahrnehmung des Südens heute sowie seinen Einfluss auf die nationale Politik lässt er offen.
Anmerkung:
[1] Vgl. hierzu: Michael Hochgeschwender: Wahrheit, Einheit, Ordnung. Die Sklavenfrage und der amerikanische Katholizismus 1835-1870, Paderborn 2006.
John Andreas Fuchs