Rossana E. Guglielmetti (a cura di): L'Apocalisse nel Medioevo. Atti del Convegno internazionale dell'Università degli Studi di Milano e della Società Internazionale per lo Studio del Medioevo Latino (Gargnano sul Garda, 18-20 maggio 2009) (= Volume stampato con il sostegno dell Università degli Studi di Perugia), Firenze: SISMEL. Edizioni del Galluzzo 2011, IX + 672 S., s/w-Abb., ISBN 978-88-8450-416-6, EUR 85,00
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Charles D. Stanton: Roger of Lauria (c.1250-1305). "Admiral of Admirals", Woodbridge: Boydell Press 2019
Rosa Smurra: Città, cittadini e imposta diretta a Bologna alla fine del Duecento. Ricerche preliminiari, Bologna: Clueb 2008
Dawn Mary Hayes: Roger II of Sicily. Family, Faith, and Empire in the Medieval Mediterranean World, Turnhout: Brepols 2020
Nach Tagungen über Bibelstudien im Frühmittelalter (2001) und das Hohelied (2006), deren Beiträge in derselben Reihe verfügbar sind, liegt nun eine Dokumentation über Apokalypse-Vorstellungen im Mittelalter vor. Der zu besprechende Band bietet interdisziplinäres und internationales Forschungsmaterial, mit 23 Vorträgen unterschiedlicher Autoren und einer Zusammenfassung von Guy Lobrichon (617-623), Spezialist für religiöse Kulturen des Mittelalters an der Universität Avignon. Indices der zitierten Autoren und Texte, der verwendeten Handschriften und der Namen und Orte erschließen den Band.
Behandelt werden eigentlich zwei verschiedene, wenn auch sehr eng miteinander verbundene Forschungsobjekte: zum einen die Offenbarung des heiligen Johannes als zentraler Text innerhalb der Bibelforschung (z.B. mit Blick auf seine Verbindung zum Hohelied in einigen mittelalterlichen Handschriften (François Dolbeau, 361-402) oder im Vergleich mit auf italienisch verfassten apokryphen Texten (Luca Bellone, 507-530)), zum anderen die Apokalypse, die auch innerhalb der Geschichtsforschung auf immer größeres Interesse stößt. In einigen Perioden war die Diskussion hinsichtlich der Apokalypsen-Problematik besonders lebendig: Zeugnisse des Apokalypse-Gedankens finden sich gleichermaßen in kirchlichen und weltlichen Sphären der mittelalterlichen Gesellschaft (Guy Lobrichon, 403-426).
Die Offenbarung des Johannes wird im vorliegenden Band im Rahmen der historischen Entwicklung ihrer Rezeption behandelt, von der Anfangszeit des Christentums im 2. und 3. Jahrhundert (Manlio Simonetti, 3-14; Giovanni Battista Bazzana, 81-93), über die Interpretationen des Ticonius im 4. Jahrhundert (Emanuela Prinzivalli, 95-113), bis hin zu den Werken einer Reihe weiterer Autoren wie Beda Venerabilis oder Aimonus von Auxerre (Claude Carozzi, 115-132; Elisabeth Mégier, 133-179; Raffaele Savigni, 207-266). Seit dem letztem Viertel des 11. Jahrhunderts entstanden in Frankreich, Deutschland und Italien mehrere Traktate zur Offenbarung des Johannes, die eine neue Methodik benutzten und dabei Bibelexegese und historische Forschung zusammenführten: die besten Beispiele liefern Petrus Damiani (Edoardo Ferrarini, 303-328), Heinrich von Hesler (Fulvio Ferrari, 473-488), insbesondere aber Joachim von Fiore und seine Nachfolger (Julia Eva Wannemacher, 445-471). In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters finden sich keine auch nur annähernd so einflussreichen theologischen Arbeiten zur Thematik, doch haben Autoren wie Nikolaus von Lyra, Jean de Roquetaillade, John Wyclif (Stefano Simonetta, 595-616) oder Matthias von Linköping weiterhin die Offenbarung kommentiert. In dieser Zeit werden gedankliche Verbindungen zwischen dem Purgatorium als Zwischenraum zwischen Himmel und Hölle und der Apokalypse vertieft (Lobrichon, 622). Die Wahrnehmung der Offenbarung kann vom historischen Kontext abhängig sein und lokale Eigenarten haben: konkret wird auf das wenig bekannte Beispiel Skandinaviens eingegangen (Peter Dinzelbacher, 427-443), ergänzend findet sich auch eine Studie über den Karmeliterorden (Francesco Santi, 489-506).
Neben der Auswertung schriftlicher Quellen findet man im Buch viele Studien aus dem Gebiet der Kunstgeschichte, die Bildbelege mit theologischen und liturgischen Beobachtungen zusammenführen. So werden neben den Mosaiken des Doms von Aquileia (Remo Cacitti, 15-36) und dem Jonas-Sarkophag in Vatikan (Gabriele Pelizzari, 37-80) auch die Miniaturen des Codex 31 der Stadbibliothek Trier (Isabelle Marchesin, 181-205) interpretiert und die Entwicklung von Apokalypsedarstellungen während des 10. und 11. Jahrhunderts (Peter K. Klein, 267-301) und in den Apsisgemälden romanischer Kirchen (Marcello Angheben, 329-360) vorgestellt. Auch die Literaturwissenschaft ist mit zwei Vorträgen über Dante (Giuliana Nuvoli, 531-554; Maria Gabriella Riccobono, 555-580) und einem über Boccaccio (Beatrice Barbiellini Amidei, 581-594) vertreten.
Für Guy Lobrichon hat die Tagung drei Hauptfragen aufgeworfen. 1. Wie wurde die Offenbarung des Johannes im Laufe der Zeit interpretiert, wo sie doch gleichzeitig als Anleitung zu religiöser Gewalt und als Handbuch der Geduld verstanden werden konnte? 2. Welche Rolle spielten eschatologische Bewegungen und Spannungen in der Benutzung des Werks? 3. Haben krisenhafte Situationen in bestimmten Epochen - die Wende um das Jahr 1000, der Kampf zwischen den Hohenstaufen und dem Papsttum im 12. und 13. Jahrhundert oder das Große Schisma - die Ideologie der Apokalypse verstärkt oder nicht? Theologen und Reformatoren der Kirche haben die Endzeitvisionen in unterschiedlicher Weise interpretiert, führt man sich beispielsweise die "aktive" Ideologie eines John Wyclif oder die stärker theoretischen Anschauungen eines Vinzenz Ferrer vor Augen.
Der Band ist ohne Zweifel hochinteressant, auch für Leser, die mit Bibelexegese weniger vertraut sind. Hervorzuheben ist der breite chronologische und thematische Rahmen - vom 2. bis zum 15. Jahrhundert, von der Theologie bis zur Kunstgeschichte. Es ist schade, dass die Literaturwissenschaft lediglich mit Beiträgen zu Dante und Boccaccio vertreten ist. Einige Theologen, wie Joachim von Fiore, hätten mehr Platz verdient. Eine rein exegetische Einführung zur Offenbarung des Johannes am Anfang des Bandes wäre hilfreich gewesen und hätte das Verständnis der Beiträge insgesamt erleichtert.
Dies sind freilich nur kleinere Monita, die den Wert des überzeugenden Bandes in nichts schmälern.
Kristian Toomaspoeg