Sitta von Reden: Money in Classical Antiquity (= Key Themes in Ancient History), Cambridge: Cambridge University Press 2010, XXI + 237 S., 10 s/w-Abb., 5 Kt., ISBN 978-0-521-45952-5, GBP 18,99
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Die Öffnung der Antiken Wirtschaftsgeschichte für neue theoretische Impulse fernab des Primitivismus-Modernismus-Streites in den letzten Jahren zeitigt auch in bislang noch scheinbar uneinzunehmenden Bastionen wie der Numismatik Entwicklungen im Bereich der Geldtheorie sowie des -kreislaufes. Diese nachzuzeichnen und eben gerade nicht eine klassische Einführung in die Numismatik als Geschichte der Münzen, sondern in die Geschichte des Geldes zu bieten, ist Sitta von Reden, ihres Zeichens Professorin für Alte Geschichte an der Universität Freiburg, mit dem zu besprechenden Band angetreten.
Nachdem von Reden in der Einleitung (1-17) ihr Ziel dargelegt hat, nämlich die Monetarisierung des antiken Raumes unter den politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen usw. Rahmenbedingungen und unter stetem Einbezug der dahingehend agierenden Netzwerke zu verfolgen, wird im ersten Kapitel (18-34) der kulturelle Prozess der Monetarisierung in frühen Gesellschaften angesprochen, wobei auch Edelmetall-Barren und anderes mehr Geldfunktionen übernehmen konnten, bis dann tatsächlich Münzen ausgeprägt worden seien. Hindernisse hierbei konnten u.a. eine durchsetzbare "staatliche" Kontrolle sowie die Beschaffung entsprechender Metallvorräte darstellen.
Dieser Monetarisierungsprozess wird im zweiten Kapitel anhand von Fallbeispielen näher erläutert (35-64). Athen, Ägypten, Rom und das keltische Gallien wie Britannien dienen von Reden zur Darstellung der jeweils unterschiedlich verlaufenden Einführungsprozesse von Münzgeld. Während für Athen die Tätigkeit Solons in Form der Seisachtheia und damit verbundenen Maßnahmen sowie der Einführung eines Maß- und Geldsystems hervorgehoben wird, wird das Münzsystem der Ptolemäer mit der Verminderung des attischen Standards in Verbindung gestellt, wobei der Abschottungscharakter dieser Maßnahme deutlich hervortritt. Die unterschiedlichen Stimuli für die Römer, Münzgeld einzuführen, sowie das immer besser erforschte keltische Münzwesen ergänzen die abschließend formulierten Rahmenbedingungen für die Entstehung von Münzgeld.
Im dritten Kapitel erläutert von Reden unter Anwendung der Netzwerktheorie sowie der Neuen Institutionenökonomik die Entwicklung vom Barren- hin zum Münzgeld (65-91). Sie beschreibt dies als komplexen Prozess der inner- und zwischenstaatlichen Kommunikation, bei dem politische, ideologische und ökonomische Faktoren eine Rolle gespielt hätten, die letztlich auf ein einheitliches Münzwesen im Römischen Reich zielten, wenn auch die Durchsetzung durchaus schwierig und keinesfalls geradlinig gewesen sei. Die gegenseitige Beeinflussung von Bargeld- und Kreditverkehr steht im Mittelpunkt des vierten Kapitels (92-124). Nicht nur die wesentlichen griechischen wie römischen Begrifflichkeiten werden hier differenziert dargelegt, sondern auch das sich nach und nach ausgestaltende Kreditwesen sowie der Bankensektor vorgestellt.
Die Kapitel fünf und sechs behandeln sodann die überlieferten Preisangaben und suchen, daraus Schlüsse über die ökonomische Entwicklung zu ziehen (125-140, 141-155). Die Autorin mahnt zu Recht vor weitreichenden Schlüssen, insbesondere aufgrund literarischer Überlieferung mit deren eigener Intentionalität; ferner seien die Schwierigkeiten der fragmentarischen Quellenlage auch bei den besser dokumentierten Beispielen wie Delos oder Ägypten zu berücksichtigen. Letzteres wird hinsichtlich der überlieferten Daten für Weizenpreise, Umtauschkurse zwischen Weizen und Bargeld sowie Strafgelder genauer untersucht und mit hilfreichen Tabellen, die zum Teil als Appendizes geführt sind, aufbereitet. Letztlich lassen sich aber auch hier ob der Dokumentationslücken keine belastbaren Preismodelle entwerfen.
Das siebte Kapitel hinterfragt dann die Rolle der Tempelfinanzen für den Monetarisierungsprozess (156-185). Hier stellt sich von Reden zwischen die traditionellen Forschungspole "Primitivismus" und "Modernismus" und konstatiert aufgrund der überlieferten Zahlen und Finanzaktionen, die aus den Tempelbezirken hervorgingen, eine tragende wirtschaftliche Rolle, die sich jedoch auf bestimmte, dem Zweck des jeweiligen Kultortes immanente Bereiche beschränkt habe. Ebenso wird die Einflussnahme auf die Tempelfinanzen seitens der jeweiligen Bürgerschaften analysiert, was nicht nur die finanzielle Freiheit der Tempelorganisation einschränkte.
Abschließend hält von Reden fest (186-198), dass sowohl der symbolische als auch der fest greifbare Wertcharakter des Geldes in der Antike gleichbeständig nebeneinander gesehen werden müssen, um dem Phänomen der Monetarisierung näherzukommen. Hierzu hat sie mit dem vorliegenden Band einige anregende Gedanken selbst geäußert, wenn dem Buch auch eine durchgängige klare Linie und Konzeption fehlt. Dass die fragmentarische Quellenlage theoretische Modelle an deren Grenze bringt, wird darob mehr als deutlich, die Darstellung kann daher nur eine Aneinanderreihung von Einzelbeispielen sein. Ob aus diesen dann wiederum größere Schlüsse für Gesamtentwicklungen gezogen werden können, wird nicht allein die numismatische Forschung, sondern auch die Antike Wirtschaftsgeschichte weiterhin beschäftigen.
Sven Günther