Friedrich Gentzsch: Kloster Buch. Eine Annäherung an seine Geschichte anhand der Urkunden, Beucha: Sax-Verlag 2014, 132 S., 4 Kt., 4 Farb-, 11 s/w-Abb., ISBN 978-3-86729-131-6, EUR 14,80
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Friedrich Gentzsch, engagierter Führer in Kloster Buch und aktives Mitglied im dortigen Förderverein, möchte mit diesem Buch, entstanden am Institut für Kirchengeschichte der Universität Leipzig wohl im Rahmen eines Senioren-Studiums, "möglichst viel an allgemeinen Informationen für die Freunde von Kloster Buch und für die dort tätigen Führer zugänglich" machen, um "die Informationen über das Kloster auf eine bessere Quellengrundlage zu stellen" (5).
Das Werk basiert vorrangig auf der gedruckten Edition der knapp 300 überlieferten Urkunden des Klosters Buch von Christian Schoettgen von 1755. [1] Gentzsch gliedert seine Klostergeschichte in zwei Teile, was ein gezieltes Nachschlagen erleichtert: neben der chronologisch aufgebauten Geschichte des Klosters (7-80) stehen "thematische Längsschnitte" (81-100). Der chronologische Aufbau gliedert sich in Jahrhunderte und, der Praxis mittelalterlicher Klosterchroniken folgend, in Abbatiate. Im zweiten Teil werden verschiedene Aspekt der Klostergeschichte (in alphabetischer Reihenfolge) näher beleuchtet. Ein Anhang bietet u.a. ein Glossar zu historischen Grundbegriffen (101-104), sechs Personenregister, darunter Listen der Äbte und Konventsmitglieder (105-115), und eine Textbeilage mit Auszügen aus einzelnen Urkunden (118-120). Abgerundet wird das Ganze durch vier farbige Karten zur Entwicklung des klösterlichen Grundbesitzes und vier farbige Abbildungen von Originalurkunden.
Neben der gedruckten Urkundenedition gibt es kaum verlässliche Literatur zur Geschichte des Klosters, die nach wie vor einer angemessenen Aufarbeitung bedarf. In jüngerer Zeit sind lediglich zwei Arbeiten entstanden, beide unveröffentlicht: eine Dissertation von 1951 und eine Magisterarbeit zur Wirtschaftsgeschichte von 1996, beide an der Universität Leipzig. [2] Die allerneueste Publikation, aus der Gentzsch schöpfen konnte, ist der sehr lohnende Arbeitsbericht zur Bauforschung vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (2006, 20132) mit den Ergebnissen der jüngsten, umfangreichen archäologischen und restauratorischen Untersuchungen an dem Klosterkomplex. Der Autor verzichtet jedoch auf eine eigene Zusammenfassung der Baugeschichte.
Das genaue Gründungsdatum des Klosters ist unbekannt, denn eine Gründungsurkunde ist nicht erhalten. Das von dem Burggrafen von Leisnig als "Hauskloster" und Grablege gestiftete, an der Mulde gelegene Kloster wurde am 17. August 1192 von einem Gründungskonvent mit 12 Mönchen aus Sittichenbach bei Eisleben bezogen. Der früheste schriftliche Nachweis ist die kaiserliche Bestätigungsurkunde vom 1. Dezember 1192. Das Kloster wusste sich in den verschiedenen machtpolitischen Auseinandersetzungen der weltlichen Herrscher geschickt zu verhalten und wurde von allen Seiten gefördert. Sein Kernbesitz in unmittelbarer Nähe bildete seine wirtschaftliche Grundlage. Die Blütezeit der klösterlichen Erwerbspolitik war das 13. Jahrhundert, den Höhepunkt seiner Macht erreichte Kloster Buch im 15. Jahrhundert.
Verlässliche Angaben über die Größe des Konvents sind nicht überliefert. Angaben, die für das frühe 14. Jahrhundert 20 und 30 Mönche nennen, sind umstritten. Buch hat kein eigenes Tochterkloster hervorgebracht, unterstützte aber das Schwesterkloster Grünhain in seiner Gründungsphase. Auf seinem Stadthof in Belgern gründete Buch 1486 eine Ordensschule, mehrere Mönche aus Buch besuchten die Universität Leipzig.
Bald nach dem Tod des letzten Abtes am 20. Dezember 1525 wurde der gesamte Klosterbesitz vom Kurfürsten eingezogen, der erfolgreich die Wahl eines neuen Abtes verhinderte, womit das Kloster dem Untergang geweiht war. Wie viel Mönche dort noch wohnten, ist umstritten. Die entfernten Besitzungen wurden nach und nach verkauft, der nähere Grundbesitz zunächst in ein Rittergut verwandelt und verpachtet und später im 17. Jahrhundert der Landesschule Grimma übertragen.
Gentzsch referiert die Geschichte des Klosters streng nach den meist lateinischen Urkunden der gedruckten Edition und macht somit, mit seinen deutschen Zusammenfassungen, deren Inhalt einem breiteren Publikum zugänglich. Von einzelnen Urkunden sind zudem längere Auszüge mit Übersetzungen in der Textbeilage zu finden. So verdienstvoll diese Leistung auch sein mag, die Methode erweist sich als problematisch, denn die Auswahl der Informationen erfolgt stets nach Geschmack und Gewichtung des Autors. Ein Beispiel, wie unbefriedigend eine solche regestenartige Zusammenfassung sein kann, ist der auf das Jahr 1496 datierte Bericht über eine bedeutsame Altarstiftung. Die Originalurkunde überliefert genaue Anweisungen für die fünf wöchentlich dort abzuhaltenden Messen, sowie insgesamt 33 Namen von Bauern (!) aus den umliegenden Dörfern. Gentzsch nennt zwar die Dörfer, nicht aber die Namen der Bauern; auch die Details zu den Messen fehlen (75).
Das Buch weist durchweg handwerkliche Fehler auf; symptomatisch ein Tippfehler gleich zu Beginn im ersten Absatz beim Todesdatum Heinrichs: 1035 statt 1135 (7). Fast alle Literaturzitate erscheinen ohne Angabe von Seitenzahlen, auch ein sich über zehn Zeilen erstreckendes wörtliche Zitat (28). Einige zitierte Werke fehlen in der Bibliografie (Böhnhoff, 28; Ecclesiastica Officia, 14, 69; Grotefend, 81).
Schwerer wiegen aber die vielen fachlichen Fehlinterpretationen, die das gesamte Werk durchziehen. Das schließt das teilweise unpräzise oder unvollständige Zitieren der von Gentzsch konsultierter Literatur ebenso mit ein wie falsche Interpretationen historischer Sachverhalte und Begriffe. So bleibt für ihn "unklar", welches Konversenamt sich hinter dem "magister textorum" verbirgt, "Schreiber oder Archivar oder Bote?": den Weber (textor) erkennt er nicht (86). Es ist auch nicht "verwunderlich", dass ein Adliger als Konverse erscheint (86). Adlige Konversen waren so selten nicht, wie verschiedene Studien zu den Konversen des Zisterzienserordens belegen (Michael Toepfer 1983, Guido Gassmann 2013).
Besonders eklatant manifestieren sich die fachlichen Unzulänglichkeiten bei der Behandlung der immer wiederkehrenden Thematik der bischöflichen Prokurationen zu Ostern. Gentzsch bezeichnet diese Besuche durchweg (bis auf ein Mal) undifferenziert als "Visitationen", ein Begriff der im Zusammenhang mit dem Zisterzienserorden allein den jährlichen Kontrollbesuchen des Vaterabtes nach den Ordenskonstitutionen vorbehalten ist. Gegen diese von Bischöfen häufig erzwungenen Gastungen haben die Klöster stets protestiert und versucht sich zu wehren, denn die Bischöfe hatten keine juristischen oder geistlichen Befugnisse über die exemten Zisterzienserklöster. Der von Gentzsch als Beleg herangezogene can. 20 des Konzils von Vienne 1311/12, der Bischöfen "die Forderungen von Prokurationen bei Visitationen erlaubt" (92) besagt genau das Gegenteil. Der Kanon richtet sich in drastischen Worten explizit gegen den Missbrauch von Prokurationen bei den exemten Zisterzienserklöstern. [3]
Das attraktiv und praktisch gestaltete Buch bietet eine handliche Einführung in die Geschichte der einst bedeutenden Zisterze für Laien. Für die großartigen Bemühungen um den Erhalt des zisterziensischen Erbes in Kloster Buch wünscht man sich freilich eine grundlegendere und kompetentere Aufarbeitung seiner Geschichte.
Anmerkungen:
[1] Der Förderverein bietet neuerdings im Eigenverlag einen Nachdruck dieser Edition auf seiner Internetseite an.
[2] Dem Förderverein gebührt Dank, zumindest die Arbeit von 1951 als PDF-Datei auf ihrer Internetseite zur freien Verfügung gestellt zu haben.
[3] Norman P. Tanner (ed.): Decrees of the Ecumenical Councils, Washington, D.C. 1990, Papal Encyclicals Online: Council of Vienne 1311-1312 A.D.
Cornelia Oefelein