Eirini Karamouzi: Greece, the EEC and the Cold War 1974-1979. The Second Enlargement (= Security, Conflict and Cooperation in the Contemporary World), Basingstoke: Palgrave Macmillan 2014, XI + 258 S., ISBN 978-1-137-33132-8, GBP 60,00
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1958 gründeten Frankreich, Italien, die BRD und die Benelux-Staaten die EWG. 1963 schlossen sich ihr Großbritannien, Dänemark und Irland an. Griechenland war seit November 1962 assoziiertes Mitglied. Während der Zeit der Militärdiktatur von 1967 bis 1974 ruhte das Assoziierungsabkommen. Im Juni 1975 stellte die Regierung Karamanlis den Antrag auf Vollmitgliedschaft. Die Beitrittsverhandlungen begannen im Juli 1976. Im Mai 1979 unterzeichnete Griechenland die Beitrittsakte, im Januar 1981 wurde es Vollmitglied. Es war die erste Erweiterung der EWG um ein mediterranes Land. Das vorliegende Buch untersucht die Verhandlungen zwischen 1975 und 1979.
Die Autorin wählt für ihre Untersuchung einen grundsätzlich anderen Untersuchungsansatz als die meisten Studien ihrer Vorgänger, indem sie sich nicht auf einen bipolaren Ansatz, also Griechenland und die EWG beschränkt, sondern die Reaktionen der europäischen Institutionen und der neun Regierungen mit einbezieht und den ganzen Prozess auch noch mit den Kalten Krieg verknüpft, der durch Griechenlands Austritt aus dem militärischen Teil der NATO im Gefolge der zweiten Zyperninvasion der Türkei durchaus eine Rolle spielte.
Bei der Darstellung bemüht sich die Autorin möglichst viele Quellen einzubeziehen, was ihr auch, soweit es die englische, französische und griechische Sprache betrifft, weitgehend gelang. Allerdings musste sie sich bei den deutschen Quellen auf eine begrenzte Zahl von Übersetzungen verlassen, wodurch ihr natürlich manche wichtige Information nicht zugänglich war.
Im ersten Kapitel untersucht die Autorin Karamanlis Motive, die ihn bewegten, als er den Antrag auf Vollmitgliedschaft stellte. Sie kommt zu dem Schluss, dass geostrategische und ökonomische Überlegungen eine untergeordnete Rolle spielten. Das Hauptmotiv war für beide Seiten, für Griechenland und die Neun, politischer Natur. Wenige Monate zuvor hatte die Militärdiktatur geendet und die Metapolitefsi, die Demokratisierung des Landes, begonnen. Ob diese gelingen würde, war keinesfalls sicher. Ein zentrales Motiv von Karamanlis war also, wie die Autorin richtig betont, die Absicherung dieses Demokratisierungsprozesses durch den EWG-Beitritt. Zu Recht stellt sie fest, dass das Ansehen der USA auf einen extrem niedrigen Punkt angekommen war. Da die EWG sich mit der Suspendierung des Assoziationsabkommen der Junta klar entgegengestellt hatte, genoss sie in Griechenland damals ein hohes Ansehen.
Leider geht die Autorin nicht der Frage nach, ob Karamanlis Motiv der Absicherung des Demokratisierungsprozesses nicht viel weiter reichte, ob er nicht nach einer grundsätzlichen Reform des griechischen politischen Systems strebte. Als Karamanlis 1974 aus seinem freiwilligen Exil in Paris nach Griechenland zurückkehrte und Premierminister wurde, wollte er eine neue Partei europäischen Typs gründen (εϑροπαικóϑ τϑποϑ). Um die alten klientelistischen Strukturen nicht wieder zu beleben, wollte er anfangs nur Individuen und keine Gruppierungen seiner alten ERE-Partei aufnehmen. Doch nach wenigen Wochen musste er erkennen, dass die neu gegründete Nea Dimokratia schon wieder ein Klientelverband war. Es spricht einiges dafür, dass das Motiv der Europäisierung der politischen Kultur für Karamanlis ein treibendes Element war.
In Kapitel zwei untersucht die Autorin die Motive der Politiker der neun Staaten, warum sie eine länger dauernde Vorbereitungszeit, wie sie die EG-Kommission forderte, ablehnten, obwohl sie wussten, dass Griechenland ökonomisch schwach war. Die Autorin zeigt, dass das Argument der Stärkung des Demokratisierungsprozesses Vorrang vor wirtschaftlichen und sozialen Überlegungen hatte. Letztlich handelten die europäischen Staatsmänner nach demselben Motiv wie Karamanlis. Kein europäischer Staatsmann oder EU-Funktionär begriff damals, dass das zentrale Problem Griechenlands die anders geartete politische Kultur war (und ist). Die Beitrittskandidaten der nächsten Runde, Spanien und Portugal, hatten eine westeuropäisch geprägte politische Kultur, während Griechenland und die nach 1990 hinzukommenden Balkanstaaten mit dem osmanischen Erbe des Klientelismus kämpften.
Im dritten Kapitel beschreibt die Autorin die Reaktionen der Regierungen der Neun und die Beziehungen zwischen der Türkei und Griechenland. Der dreifache Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei, der durch den Zypernkonflikt, den Schelfkonflikt und den Minoritätenkonflikt geprägt war und durch Griechenlands Teilaustritt aus der NATO zusätzlich belastet wurde, führte, wie die Autorin in Kapitel 4 zeigt, zu einer Verzögerung der Beitrittsverhandlungen. Es gab Überlegungen, den griechischen Antrag mit den Anträgen Spaniens und Portugals zu verknüpfen. Politische Überlegungen über die Stärkung der Demokratisierung in Griechenland und die Reintegration ins westliche Bündnis sprachen für einen raschen Beitritt, aber nun kamen wirtschaftliche Überlegungen ins Spiel: der europäische Agrarmarkt.
In Kapitel fünf wird der Einfluss beschrieben, den Karamanlis Rundreise durch die wichtigsten europäischen Hauptstädte hatte und wie das Agrarproblem die Verhandlungen blockierte. Das nächste Kapitel zeigt, wie Bundeskanzler Helmut Schmidt und Frankreichs Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing einen Kompromiss fanden und Griechenland Vollmitglied werden konnte.
Die Autorin beschreibt den Weg Griechenlands in die EWG und den Weg, den die EWG und die Führer der Neun dabei zurücklegten, sehr gut. Ihre Studie bildet einen wichtigen Beitrag zur griechischen Zeitgeschichte und zur Vorgeschichte der EU. In der Einleitung nimmt die Autorin Bezug auf die 2010 begonnene Krise und zitiert Giscard d'Estaing: "As the Greek financial woes polarised opinion and accelerated the emergence of the clear divisions between northern and southern members of the European Union, former French president Valéry Giscard d'Estaing, remembered among other things for the instrumental role that he played in welcoming Greece into the European Economic Community (EEC) in 1981, dived into the fray to admit that supporting Greek membership had been a mistake." (1) Es ist schade, dass die Autorin der Frage, warum Giscard zu diesem harten Urteil kam, nicht nachging und untersuchte, welche Weichen damals falsch oder besser nicht gestellt wurden. Die Antwort wäre auf dem Gebiet der unterschiedlichen politischen Kulturen zwischen dem westeuropäisch geprägten Teil des Kontinentes und dem ehemals osmanisch beherrschten Südosten zu suchen. In der Tat wurde weder damals noch heute, weder in Brüssel noch in den Hauptstädten der EU, begriffen, dass der in diesem Teil Europas herrschende Klientelismus nach wie vor eine völlige Integration dieser Staaten verhindert. Die einzige Ausnahme ist Zypern, das während seiner 80 Jahre dauernden Kolonialzeit den Klientelismus überwand und sich europäisierte.
Heinz A. Richter