Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Karl Wilhelm (1679-1738). Markgraf von Baden-Durlach, München: Hirmer 2015, 336 S., 212 Abb., ISBN 978-3-7774-2386-9, EUR 39,90
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2015 jährte sich die Gründung der Stadt Karlsruhe zum dreihundertsten Mal. Aus diesem Anlass widmete das Badische Landesmuseum dem Gründer der Stadt, Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679-1738) eine Ausstellung, die zugleich als eine Große Landesausstellung Baden-Württembergs konzipiert war. Die Schirmherrschaft hatten der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie Bernhard Prinz von Baden übernommen.
Der die Ausstellung begleitende großformatige, reich illustrierte Katalog ist in sechs Themenbereiche gegliedert. Der erste Abschnitt führt in die Zeit um 1700 ein und schildert die Geschichte Baden-Durlachs im Herzen Europas. Es geht hier vor allem um die auf den Dreißigjährigen Krieg folgenden kriegerischen Zeitläufte, die der Expansionsdrang des mächtigen Nachbarn im Westen, König Ludwig XIV. von Frankreich, auslöste. Der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688-1697), behandelt unter der Überschrift "Zerstörungswut oder militärische Logik", führte u.a. dazu, dass die Markgrafen von Baden-Durlach ins Basler Exil gehen mussten. In diesem militärischen Kontext wird die Waffensammlung der Baden-Durlacher Markgrafen des 16. bis 18. Jahrhunderts thematisiert, aber auch die im Basler Exil angelegten Kunstsammlungen der Markgrafen. Das zweite Kapitel widmet sich den Prinzenjahren Karl Wilhelms, beginnend mit seiner Prinzenreise. Am Ende des Kapitels holen ihn die kriegerischen Zeitläufte ein, es geht um seine Teilnahme am Spanischen Erbfolgekrieg (1701/02-1709). Eigene Abschnitte gelten Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, der als kaiserlicher Feldmarschall in den Türkenkriegen seine größten Triumphe feierte (vgl. die sogenannte Türkenbeute im Badischen Landesmuseum Karlsruhe), der aber auch als Feldherr im Pfälzischen Erbfolgekrieg Bekanntheit erlangte und u.a. durch den Bau der Eppinger und Bühl-Stollhofener Linien bis zum Frieden von Rijswijk 1697 die rechtsrheinischen badischen Gebiete hielt.
Auch im Spanischen Erbfolgekrieg übernahm Ludwig Wilhelm nochmals das Kommando am Oberrhein. In dieses Kapitel fällt aber auch die württembergisch-badische Doppelhochzeit des Jahres 1697. Diese gibt den Anstoß, Karl Wilhelms Schwager, Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, vorzustellen, der mit Johanna Elisabeth, der Schwester des badischen Thronfolgers, verheiratet war. Karl Wilhelm selbst heiratete noch im gleichen Jahr Magdalene Wilhelmine, die Schwester Eberhard Ludwigs. Beide Frauen mussten in ihren Ehejahren demütigende Zurücksetzungen ertragen. Dieses Thema wird unter der Überschrift "Darumb wer liebt, den lasse lieben" als Teilaspekt des dritten großen Kapitels aufgegriffen. Dort geht es im Übrigen um die Anfänge der Regierungsjahre Karl Wilhelms, die sich zunächst auf Reformen am Hof und in der Gesetzgebung sowie auf wirtschaftspolitische Maßnahmen (Fayencemanufaktur in Durlach) konzentrierte.
Das vierte Kapitel dreht sich dann um den Bau der Residenz und die Stadtgründung im Hardtwald, wo sich bereits ein Jagdrevier mit einem Jagdstern befand. Karl Wilhelm ratifizierte alle geplanten Baumaßnahmen mit seinem "Placet". Finanziell sollte der Schlossbau mit bescheidenen Mitteln auskommen, wenn das Unterfangen auch nicht ohne zusätzliche Kredite auskam. Den Mittelpunkt der Planstadt bildete der Turm des neuen Schlosses, von dem 32 gleichmäßige Straßenstrahlen, die an einen Stern oder gar die Sonne selbst erinnern, ausgehen und in die die geometrisch entworfene Stadt sowie die weitläufigen Gartenanlagen des Schlosses eingemessen sind.
Das Leben des barocken Landesfürsten "zwischen Lust und Last" beschreibt das fünfte Kapitel. Hier werden Themen wie die Sorge des Landesvaters um das öffentliche Wohl und das Münz- und Geldwesen ebenso angesprochen wie die Alchemie, die leider den erhofften Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen nicht zu leisten vermochte. Hier geht es aber auch um die höfische Musik (einschließlich der markgräflichen Musikinstrumentensammlung), den Kapellmeister Johann Melchior Molter und die Hofsängerinnen des Fürsten ("ein ridiküles Serail"). Beendet wird das Kapitel mit einem Blick auf die zeitgenössische Mode ("Baden à la mode").
Der Ausbruch des Polnischen Erbfolgekriegs (1733-1735) zwang Karl Wilhelm noch einmal ins Exil nach Basel; dort hatte er sein Testament aufgesetzt, nachdem er bereits 1727 einen Entwurf für sein Grabmal hatte anfertigen lassen. Das letzte Kapitel befasst sich mit dem Tod und dem Nachleben des Herrschers. Nach Plänen des Architekten Friedrich Weinbrenner entstand zwischen 1823 und 1825 die steinerne Pyramide als Grabmonument für den Stadtgründer. Sie steht über der Gruft der später abgerissenen Konkordienkirche und wurde rasch zum Wahrzeichen Karlsruhes.
Am Ende des Bandes befindet sich der Katalog der 287 Exponate, die in der Großen Landesausstellung, die vom 9. Mai bis zum 18. Oktober im Karlsruher Schloss gezeigt wurde, zu sehen waren. Als Ausstellungskatalog konzipiert, ist der Band zugleich ein gut geschriebenes Lesebuch geworden, das kenntnisreich in die Welt eines barocken Fürsten zwischen Kriegsläuften und kultureller Blüte einführt und mit der Stadtgründung Karlsruhes das steingewordene Herrschaftskonzept Karl Wilhelms vor Augen stellt. Ein wenig schade ist, dass die hinzugezogene Literatur nur summarisch am Ende der einzelnen Fachbeiträge genannt wird.
Sabine Holtz