Sophie de Gourcy: Le tombeau des ducs de Bretagne. Un miroir des princes sculpté, Paris: Beauchesne 2015, 128 S., 112 Farbabb., ISBN 978-2-7010-2096-9, EUR 24,00
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Das Grabmal des letzten Herzogspaares einer von Frankreich unabhängigen Bretagne, von Franz II. (1435-1488) und Marguerite von Foix (+ 1486), zählt zu den aufwendigsten Sepulchralanlagen der Zeit um 1500. Postum von Anne de Bretagne als Zeichen der politischen Restauration nach dem Tod König Karls VIII. in Auftrag gegeben, vergingen von der Steinakquise - unter anderem aus Italien - bis zur Fertigstellung gegen 1507 knappe neun Jahre. Aufgestellt wurde das Grabmal in der Karmeliterkirche von Nantes und hier am prominentesten Ort, in 'medio chori', mit achsialer Ausrichtung der Liegefiguren auf den Hochaltar, in die Mitte genommen vom Chorgestühl. Der Hochaltar wurde von einer nur noch durch Quellen fassbaren Marmortafel geschmückt, ein dem Grabmal zeitgenössisches Werk des Michel Colombe, das zu Seiten einer Kreuzigung die Heiligen Margarete und Franz zeigte, mithin die Namenspatrone der Liegefiguren. In der Französischen Revolution wurde das Grabmal abgebaut, um dann im Jahr 1817 im südlichen Querhaus der Kathedrale von Nantes einen besonders privilegierten, neuen Aufstellungsort zu finden. Auftragnehmer des Großprojekts waren der Maler Jean Perréal, der Entwurfszeichnungen fertigte, und der Bildhauer Michel Colombe als eine Art künstlerischer Gesamtleiter sowie vier weitere Bildhauer bzw. Steinmetzen. [1]
Eine ausführliche, auch materialwissenschaftliche Analyse des Grabmals steht, trotz einer knapp zweihundertjährigen Forschungsgeschichte, nach wie vor aus. Um das Jahr 2014 - in zeitlichem Zusammenhang mit dem Todestag der Anne de Bretagne - häufen sich aber Publikationen, vor allem von Sophie de Gourcy. [2] In den Veröffentlichungen werden die Ideen mehrfach wiederholt, als Summe kann das hier anzuzeigende Büchlein aus dem Jahr 2015 gelten. Es verhandelt das Thema im Portfolio-Format, für ein Tumbengrabmal ein durchaus charmanter Gedanke; auch ein paar der Abbildungen sind brauchbar. Der Aufbau ist klassisch: nach Umreißen des historischen Kontextes wird mit den Akteuren - der Auftraggeberin und den Künstlern - vertraut gemacht, es folgt eine Beschreibung des Grabmals und schließlich die knappe Diskussion des Verhältnisses zur italienischen Kunst. Die Sachinformationen wird man sich aus der Forschungsliteratur zum großen Teil präziser zusammenstellen können, so etwa zur Ikonografie der Tugenden an den vier Ecken des Grabmals. [3] Auch irritieren etliche Zuspitzungen in den Formulierungen, so etwa, dass "das Rechteck der Tumba die Erde evoziere" oder dass die Pilasterrahmung der Apostel als Eingang in das himmlische Jerusalem fungiere (42 und 43). Besonders schwierig ist schließlich die Identifikation dreier 'Kryptoporträts': des rückseitigen Gesichts der Prudentia als Selbstbildnis des Michel Colombe nach Vorbild und in Gestalt der Turiner Rötelzeichnung Leonardo da Vincis (91-95), des vorderseitigen als Bildnis der Anne de Bretagne (95-97) sowie des Heiligen Ludwigs als Ludwig XII. (82-88). Das Alles entbehrt jeglicher Grundlage - man vergleiche etwa die genauen Diskussionen über solche Einschreibungen bei Jean Fouquet [4] -, ja, es ist noch nicht einmal anregend.
Anmerkungen:
[1] Vgl. Alexander Markschies: Das Grabmal des François II und der Marguerite de Foix in Nantes, in: Grab - Kult - Memoria. Studien zur gesellschaftlichen Funktion von Erinnerung, hgg. v. Carolin Behrmann / Arne Karsten / Philipp Zitzlsperger, Köln / Weimar / Wien 2007, 291-305.
[2] Sophie de Gourcy: Le tombeau des ducs de la cathédrale de Nantes. Une commande royale d'Anne de Bretagne, in: Bulletin de la Société archéologique et historique de Nantes 149 (2014), 189-236; Sur le tombeau des ducs de Bretagne François II et Marguerite de Foix, commandé par Anne de Bretagne à Michel Colombe. Trois portraits inédits: le commanditaire, le roi et l'artiste, in: Cahiers d'histoire de l'art 12 (2014), 14-22; Le tombeau des ducs de Bretagne: vers un idéal de justice et de Bon Gouvernement, in: Association Bretonne, 141e congrès, 123 (2015), 133-158.
[3] Michaela Bautz: Virtutes. Studien zu Funktion und Ikonographie der Tugenden im Mittelalter und im 16. Jahrhundert, Berlin 1999.
[4] Stephan Kemperdick (Hg.): Jean Fouquet. Das Diptychon von Melun (Ausstellungskatalog Gemäldegalerie SMPK 15.9.2017-7.1.2018), Petersberg 2017, 26, 83-97, 114, 139, 142, 176-177.
Alexander Markschies