XLIV convegno internazionale (a cura di): Antonio di Padova e le sue immagini. Atti del XLIV convegno internazionale, Assisi, 13-15 ottobre 2016 (= Atti dei Convegni della Società internazionale di studi francescani e del Centro interuniversitario di studi francescani. Nuova serie; 27), Spoleto: Fondazione Centro Italiano di Studi sull'alto Medioevo 2017, X + 393 S., 15 s/w-Abb., ISBN 978-88-6809-149-1, EUR 48,00
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Georg Vogeler: Rechtstitel und Herrschaftssymbol. Studien zum Umgang der Empfänger in Italien mit Verfügungen Friedrichs II. (1194-1250), Berlin: De Gruyter 2019
Mathias Kluge (Hg.): Handschriften des Mittelalters. Grundwissen Kodikologie und Paläographie, Ostfildern: Thorbecke 2014
Constant J. Mews / Anna Welch (eds.): Poverty and Devotion in Mendicant Cultures, 1200-1450, London / New York: Routledge 2016
Seit nunmehr 45 Jahren organisiert die angesehene Società Internazionale di Studi Francescani jährliche Kongresse, in deren Mittelpunkt aktuelle Forschungsthemen rund um den Franziskanerorden stehen. Doch im Gegensatz zu weiteren herausragenden Persönlichkeiten der Ordensgeschichte wie Franz und Klara von Assisi, Angelo Clareno, Ubertino da Casale und Pietro di Giovanni Olivi war bis dato dem in Lissabon geborenen und in Padua gestorbenen Antonius keine einzige Tagung gewidmet worden, was die Vorstellung einer Fremdheit des portugiesischen Heiligen gegenüber der ursprünglichen fraternitas zu suggerieren scheint. Gerade das Verhältnis des Antonius zum zeitgenössischen Franziskanertum und seine Wahrnehmung durch die verschiedenen Gruppen und Akteure des Ordens bilden die Leitthemen des vorliegenden Bandes, in dem die Vorträge des 44. Kongresses der besagten Società gesammelt sind.
In einem einleitenden Beitrag bietet Luciano Bertazzo einen breiten Überblick über den Forschungstand der letzten 40 Jahre (3-32). Erinnert wird vor allem an den im Rahmen des 750. Jubiläums (1981) erschienenen Band zur Theologie der Sermones, an die leider unvollständige Herausgabe der antonianischen Quellen durch Vergilio Gamboso sowie an den den Viten des Heiligen gewidmeten Tagungsband von 1995. Zu den offenen Fragen zählen nach wie vor die von Raoul Manselli angesprochene Problematik der kanonikalen Prägung der antonianischen Sermones-Sammlung, der von Antonio Rigon geprägte Begriff minoritismo padano sowie die vexata quaestio der Wahrnehmung des Verhältnisses zwischen Antonius und Franziskus in den ersten Jahrzehnten der Ordensgeschichte.
Themen wie praedicatio und ars praedicandi dürfen in einem Sammelband zu Antonius natürlich nicht fehlen. So setzt sich Carlo Del Corno mit den narratologischen Aspekten der antonianischen Sermones auseinander (33-63). Ganz in der Tradition Bernhards von Clairvaux bildet die Erläuterung einzelner biblischer Perikopen das Rückgrat der Predigten des portugiesischen Minoriten. In Anlehnung an die Homiletik des frühen 13. Jahrhunderts kommen aber bei ihm auch die Methode der divisio textus sowie die Verwendung von thema und protothema besonders zur Geltung. Neben dem typologischen Rekurs auf biblische exempla stellt Del Corno auch eine gemäßigte Heranziehung von similitudines aus dem Bereich des familiären Lebens sowie aus der Tierwelt fest, was einen beginnenden Einfluss der aristotelischen Wissenschaft vermuten lässt.
Der Präsenz von Heiligen in den Sermones Antonius' ist der Beitrag von Pascale Bourgain gewidmet (65-82). Der Anteil an hagiographischen Themen und Motiven wird als relativ gering eingeschätzt. Neben Kirchenvätern und jüngeren, gelehrten Heiligen (z. B. Bernhard), die allerdings stets in ihrer Eigenschaft als Autoren zitiert werden, kommen in den Predigten des Paduaners fast ausschließlich Figuren aus der apostolischen Epoche vor - selbst Franz von Assisi taucht kein einziges Mal auf. Die von Antonius herangezogenen Heiligen wirken darüber hinaus weniger als Fürsprecher, denn als Vorbilder. Somit steht in seinen Werken die moralische und nicht die theologische Dimension der Heiligkeit im Vordergrund.
Thematische Berührungspunkte weist der Aufsatz von Giovanni Maggioni auf (169-196), in dem nach den hagiographischen Quellen der Sermones gefragt wird. Maggioni kommt dabei zu dem Schluss, dass Antonius lediglich ziemlich seltene Legendae nutzte, etwa die Geschichte des Tranquillinus aus der Passio Sebastiani oder die Inventio sanctae Crucis aus der Historia Graecorum.
Francesco Sedda skizziert den allmählichen Eingang des Antonius in die liturgischen Quellen des 13. und frühen 14. Jahrhunderts (83-119). Für die Antoniusmesse sind in dieser anfänglichen Phase drei unterschiedliche Schemata belegt, wobei das älteste wahrscheinlich auf die für die Heiligsprechung verfassten orationes zurückgreift und Antonius als doctor charakterisiert, das zweite auf das Commune der Äbte rekurriert und das dritte (und einflussreichste) den Paduaner wieder in die Tradition der doctores einbettet. Erwähnt werden auch zwei auf die päpstliche Kapelle zur Zeit Honorius' III. zurückgehende Messbücher, in denen die Antonius betreffenden Einträge interessanterweise älter sind als diejenigen über Franziskus und Dominikus. Besondere Aufmerksamkeit wird der legenda liturgica des Julian von Speyer geschenkt, in welcher der Paduaner nicht nur als Francisci emulus, sondern vor allem als vir probatus, vocatus und dono sapientiae plenus erscheint. Gerade die wohl nicht zufälligen Anspielungen auf den vir idoneus der 10. Konstitution des Vierten Laterankonzils könnten seine frühe Rezeption in päpstlichen Messbüchern sowie die fehlende Erwähnung im Sanctorale des Dominikanerordens erklären.
Maria Teresa Dolso richtet in ihrem Beitrag den Blick auf die Antonius-Bilder in den sogenannten testimonia minora (122-167). Ein gemeinsames Merkmal der herangezogenen Quellen ist die Darstellung des Paduaners als gelehrter Prediger, wobei auch seine Kompatibilität mit Franziskus direkt oder indirekt immer wieder thematisiert wird. Die um 1240 entstandene Vita Gregorii IX nennt ihn bezeichnenderweise non dispar imitator seines magister Franziskus. Bei Salimbene wird er sogar zu einem socius des Ordensgründers. In englischen Quellen wie dem Traktat des Thomas von Eccleston und der Chronik von Lanercost wird seine doctrina mit einer Intensität hervorgehoben, die als typisch für das englische Franziskanertum gelten kann. Seine in späteren Zeiten so zentrale Funktion als Wundertäter kommt hingegen erstmalig in den Berichten des Petrus Raimundi von Saint-Romains (1293) vor. Als defensor civitatis wird er abschließend in erster Linie durch Erzbischof Philipp von Ravenna im Rahmen der Kreuzpredigt gegen Ezzelin charakterisiert.
Die von der älteren Forschung oft als Autograph des Antonius bewertete Handschrift Nr. 720 der Biblioteca Antoniana zu Padua ist Gegenstand der Untersuchung von Nicoletta Giovè (197-234). Aufgrund der zahlreichen Gebrauchsspuren, intertextuellen Verweise und Ergänzungen wird die berühmte Sermones-Sammlung als ein Arbeitsinstrument (codice di lavoro) gedeutet, das unter der Ägide des Antonius geschrieben und zusammengestellt worden sein könnte.
Einen Überblick über die Darstellungen des Antonius in den überlieferten franziskanischen Predigten des 13. und des frühen 14. Jahrhunderts bietet Eleonora Lombardo (235-281). Am häufigsten wird in den herangezogenen Werken das Wunder von Arles erwähnt: Als Antonius 1224 vor den im Kapitel versammelten Brüdern eine Predigt über die scientia hielt, soll Franziskus selbst erschienen sein und durch dieses Zeichen die Predigttätigkeit des Ordens approbiert haben. Als biblische Vorbilder und Typologien des Antonius werden vor allem David und Salomon genannt. Eine Besonderheit des Paduaners besteht darüber hinaus darin, dass er sowohl als pater ordinis als auch als filius Francisci in den Predigten bezeichnet wird.
In ihren kunstgeschichtlichen Beiträgen gehen Tiziana Franco (284-305) und Luca Baggio (307-349) auf die spätmittelalterliche Ikonographie des Antonius ein. Die Analyse zeigt eine ziemlich frühe parallele Abbildung von Antonius und Franziskus in den Fresken und Glasscheiben von S. Fermo zu Verona, S. Francesco zu Pistoia und S. Francesco zu Assisi. Dass Antonius ausgerechnet in der Paduaner Basilika relativ spärlich abgebildet wurde, könnte für eine absichtliche Hervorhebung des Grabes innerhalb des sakralen Raumes sprechen.
Der abschließende Aufsatz von Antonio Rigon resümiert die Ergebnisse der Tagung (351-370), unter denen vor allem die in den homiletischen, hagiographischen, narrativen und ikonographischen Quellen bezeugte Bemühung betont wird, Franziskus und Antonius nicht als gegensätzliche, sondern als komplementäre Figuren erscheinen zu lassen. Die Tätigkeit des Antonius selbst deutet Rigon als eine eigentümliche Umsetzung des propositum des Franz von Assisi. Stand für den Initiator der fraternitas die bloße sequela Christi ohne jegliche Zukunftsplanung im Zentrum, war dieser Vorsatz für Antonius nur im Dienst der ecclesia Christi realisierbar.
Bis auf einige Tippfehler - z. B.: quastiones statt quaestiones (IX), esalta kursiv (368), ntervento statt intervento (370) - und Wiederholungen (thematisch decken sich die Beiträge von Bourgain und Maggioni weitgehend) ist die Publikation als durchaus positiv zu bewerten, zumal dadurch eine wichtige historiographische Lücke geschlossen und der Forschung ein Standardwerk zur frühen Rezeption des Antonius zur Verfügung gestellt wird. Noch nicht vollständig geklärt sind die Fragen nach eventuellen Widerständen gegen den Kult des Antonius innerhalb und außerhalb des Ordens sowie nach der eigentlichen kulturellen Kontinuität zwischen dem sogenannten minoritismo padano und der Paduaner Tätigkeit des Minoriten aus Lissabon. Doch vielleicht werden gerade diese Defizite weitere Beschäftigungen mit der Vielfalt im frühen Minoritenordens anregen.
Étienne Doublier