Christian Gahlbeck (Bearb.): Die Beziehungen Herzog Albrechts in Preußen zu Ungarn, Böhmen und Schlesien (1525-1528). Regesten aus dem Herzoglichen Briefarchiv und den Ostpreußischen Folianten (= Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz - Quellen; Bd. 73), Berlin: Duncker & Humblot 2017, 774 S., ISBN 978-3-428-15191-2, EUR 119,90
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Diese Rezension erscheint auch in der Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung.
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Seit 1978 verwahrt das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem das historische Staatsarchiv Königsberg als XX. Hauptabteilung. Die aufwändige wissenschaftliche Erschließung der wertvollen Bestände, zu denen u.a. das Ordensarchiv sowie das Archiv des Herzogtums Preußen gehören, wurde kurz darauf in Angriff genommen. Mit dem hier anzuzeigenden Regestenband ist nun ein Teilbestand des herzoglichen Archivs, genauer der Bestand A5 (Ungarn, Böhmen und Schlesien), erschlossen worden.
Der Berichtszeitraum umfasst die Jahre 1525 bis 1528, mithin eine Zeit, in die neben der Säkularisierung des Ordensstaates und seiner Umwandlung in ein gegenüber Polen lehenspflichtiges Herzogtum die weitere Expansion der Osmanen auf dem Balkan fiel. Der Tod des kinderlosen Ludwig II. in der Schlacht bei Mohács führte zu einem Ende der Herrschaft der Jagiellonen in den Königreichen Ungarn und Böhmen sowie in den zu diesem Zeitpunkt zur Krone Böhmen gehörenden schlesischen Fürstentümern. Die Nachfolge trat aufgrund der Wiener Verträge von 1515 der Habsburger Ferdinand I. an. In Ungarn sollte es 1527 zu einem innerungarischen Krieg kommen, da sich nicht nur Ferdinand I. zum König von Ungarn krönen ließ, sondern auch der Wojewode von Siebenbürgen, Johann Zápolya. Als Berater des verstorbenen König Ludwigs und dessen Frau Maria war der preußische Herzog Albrecht in besonderem Maße an den Ereignissen in Ostmitteleuropa interessiert. Und so versuchte er sich über seine vielfältigen Beziehungen insbesondere über die politischen Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.
Wie der Herzog in Preußen dies tat, auf welche Netzwerke er dabei zurückgreifen konnte bzw. welche er zu knüpfen suchte, zeigen seine Briefwechsel: In den Regesten sind insgesamt 547 Stücke in 413 Einträgen bzw. Nummern verzeichnet worden, die im herzoglichen Briefarchiv (HBA) und in den Ostpreußischen Folianten (Ostpr. Fol.) als Ausfertigungen eingehender Schreiben bzw. als Kopie oder als Konzept ausgehender Sendungen überliefert worden sind. Es handelt sich dabei um die Korrespondenz Herzog Albrechts mit Fürsten, einzelnen Adligen, adeligen Amtsträgern und Institutionen aus Ungarn, Böhmen, Mähren und Schlesien, die unter diesen Vorzeichen vor allem als eine politische Korrespondenz zu betrachten ist. In den Briefwechseln zeigen sich die Praktiken und Strategien der Zeitgenossen, über verschiedene Korrespondenzpartner, auch auf der Basis von Gegenseitigkeit, Zugang zu aktuellen, im weitesten Sinne politisch relevanten Nachrichten zu erhalten, die zwischen anderen Höfen zirkulierten. Unter den Persönlichkeiten, die Herzog Albrecht an ihren Informationen teilhaben ließen, erwies sich der polnische Großkanzler Krzysztof Szydłowiecki als ein besonders großzügiger Korrespondenzpartner, der dem preußischen Herzog nicht nur Nachrichten weiterleitete, sondern auch Briefkopien zukommen ließ.
Christian Gahlbeck hat die einzelnen Stücke in der überwiegenden Zahl als Vollregesten dargeboten. Dabei werden besondere Formulierungen und Begriffe auch im Original aufgeführt. Die Form der ursprünglichen Datierung ist zum Ende des jeweiligen Regests vermerkt, welches durch eine ebenso knappe wie aussagekräftige materielle Beschreibung des jeweiligen Stücks beschlossen wird. Etwaige Verweise und Vermerke sind verzeichnet bzw. werden im Original wiedergegeben, die Existenz von Altregesten und Aktendeckeln späterer Zeiten wird jeweils notiert. Ein etwaiger Druck einzelner Stücke, auch im Auszug, ist ebenso vermerkt wie grundlegende Literatur bzw. die Erwähnung des betreffenden Stücks in der Literatur. Einige ursprünglich auf altböhmisch verfasste Stücke werden in deutscher Übersetzung wiedergegeben. Neben der Bestellsignatur, welche die aktuelle Signatur des jeweiligen Stücks nach der Neuordnung und Neuverzeichnung des Bestandes im Zuge der Registrierungsarbeiten ausweist, findet sich auch die Altsignatur: Eine zweifelsfreie Identifikation mit in der Forschung nach alten Signaturen zitierten Stücken kann somit leicht vorgenommen werden.
In einer ausführlichen Einleitung erläutert Gahlbeck die Korrespondenz und ordnet sie historisch ein. Mit der Erstellung der Regesten hat er der Forschung einen Teil eines überaus spannenden Quellenkorpus erschlossen, der Material für allerlei Fragen rund um die machtpolitischen Auseinandersetzungen in der Region, aber durch die sorgfältige und ausführliche Erschließung auch viele inhaltliche Ansatzpunkte für andere Fragestellungen jenseits reiner (außen)politischer Erkenntnisinteressen bietet. Als Stichworte sei hier nur auf Praktiken und Strategien bei der Knüpfung und Pflege von Netzwerken verwiesen, eine entsprechende Liste ließe sich fortsetzen. Der Band ist durch ein Personen- und Ortsnamenregister inhaltlich erschlossen.
Maike Sach